Seelengesaenge
hatte.
»Nein, Lady Louise. Der Sergeant fühlt sich höchst verunsichert von unserer Gegenwart. Einer der Soldaten wurde ein paar Yards den Korridor hinunter zurückgelassen und steht dort Wache.«
»Verdammt und zugenäht!« Sie trat zum Fenster. Von ihrer Position aus konnte sie nahezu ein Drittel des gesamten Flugfeldes überblicken. Die Flugzeuge schienen noch dichter beieinander geparkt als am Morgen; es mußten Hunderte sein. Milizkompanien marschierten unter dem Gebrüll ihrer Sergeants über die grasbewachsenen Wege. Viele Männer waren damit beschäftigt, große Frachtmaschinen zu beladen. Pritschenwagen zuckelten an den Komparden vorbei und brachten weiteres Material.
»Ich denke, der Feldzug steht unmittelbar bevor«, sagte Louise. Heiliger Jesus, sie sehen so jung aus! Kaum älter als ich. »Sie werden verlieren, nicht wahr? Sie werden alle zu Besessenen.«
»Ich denke ja, Lady Louise.«
»Ich hätte etwas unternehmen sollen.« Sie war nicht sicher, ob sie ihre Gedanken laut aussprach oder nicht. »Ich hätte Onkel Jules einen Brief hinterlassen sollen. Sie warnen. Soviel Zeit hätte ich ihnen opfern müssen. Genug, um ein paar simple Zeilen zu schreiben.«
»Es gibt keine Verteidigung, liebe Lady Louise.«
»Joshua wird uns beschützen. Joshua wird mir glauben.«
»Ich mag Joshua«, sagte Genevieve.
Louise lächelte und fuhr ihrer Schwester durch die Haare.
»Hättet Ihr Eure Familie zu warnen versucht und den Hof des Prinzen, und hätte man Euren Worten gar Glauben geschenkt, dann, so fürchte ich, wärt Ihr außerstande gewesen, eine Passage an Bord der Far Realm zu erstehen, Lady Louise.«
»Nicht, daß es bisher einen Unterschied gemacht hätte«, sagte sie verärgert. »Wir hätten an Bord der Far Realm gehen sollen, gleich nachdem Furay den Kontrakt unterschrieben hat.«
Genevieve sah ihre Schwester besorgt an. »Wir kommen noch nach oben, Louise. Du wirst sehen.«
»Es wird nicht leicht. Ich denke nicht, daß der Lieutenant uns auf unsere Papiere hin auf das Landefeld läßt, nicht solange die Truppen starten. Zumindest wird er zuerst bei Onkel Jules anrufen. Und dann stecken wir erst recht in Schwierigkeiten.«
»Warum denn das?« fragte Genevieve.
Louise drückte ihre Hand. »Ich hatte eine Auseinandersetzung mit Roberto.«
»Pfui Teufel! Mister Fettbacke! Ich mochte ihn von Anfang an nicht.«
»Ich auch nicht.« Louise wandte sich wieder dem Fenster zu. »Fletcher, können sie herausfinden, ob Furay irgendwo dort draußen wartet?«
»Ich will’s versuchen, Lady Louise.« Er kam herbei und stellte sich neben sie. Dann stemmte er die Hände auf die Fensterbank, schloß die Augen und senkte den Kopf.
Louise und Genevieve wechselten einen Blick. »Wenn wir nicht in den Orbit kommen, müssen wir hinaus in das Moor und dort irgendwo unser Lager aufschlagen«, sagte Louise. »Uns irgendwo verstecken, wie Carmitha es getan hat.«
Genevieve legte die Arme um ihre große Schwester und drückte sie fest. »Du bringst uns hier raus, Louise. Ich weiß, daß du es schaffst. Du bist so klug.«
»Nicht wirklich.« Sie erwiderte die Umarmung Genevieves. »Aber wenigstens hab’ ich uns etwas Vernünftiges zum Anziehen besorgt.«
»O ja!« Genevieve lächelte glücklich an sich herab. Sie trug Jeans und ein Sweatshirt mit einem schrecklichen Cartoon-Hasen auf der Brust.
Fletcher öffnete die Augen wieder. »Er ist hier, Lady Louise. Dort drüben irgendwo.«
Er zeigte aus dem Fenster in Richtung des Kontrollturms.
Louise war fasziniert von den feuchten Abdrücken seiner Hände, die auf dem Sims zurückgeblieben waren. »Ausgezeichnet. Das ist ein Anfang. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wie wir zum Raumflugzeug der Far Realm kommen.« Ihre Hand umschloß die Jupiter-Kreditdisk in ihrer Hosentasche. »Ich bin sicher, wir können Mister Furay überreden, uns sofort in den Orbit zu bringen.«
»Allerdings gibt es auch mehrere Besessene auf dem Raumhafen.« Fletcher runzelte verwirrt die Stirn. »Einer von ihnen ist eigenartig.«
»Eigenartig?«
»Seltsam.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich bin nicht ganz sicher. Er ist anders als die anderen.«
Louise blickte zu ihrer jüngeren Schwester hinunter, deren Gesicht bei der Erwähnung der Besessenen bleich geworden war. »Sie werden uns nicht fangen, Genevieve. Versprochen.«
»Auch ich verspreche es, kleine Lady.«
Genevieve nickte unsicher. Sie wünschte, sie hätte es glauben können.
Louise ließ ihren Blick von Genevieve zu
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