Seelengesaenge
reden, und ihr Körper fühlte sich an, als steckte er in einem eingelaufenen Overall.
Athene fing an zu weinen.
Fünfzehn Holoschirme standen in einer langen Reihe an der Wand des Schneideraums. Alle waren eingeschaltet, und alle zeigten verschiedene Bilder, angefangenen von einem Blick aus tausend Kilometern Höhe auf den Kontinent Amarisk mit den roten Wolkenbändern über dem Flußsystem des Juliffe bis hin zu der schrecklichen Raumschlacht im Orbit über Lalonde, von Reza Malin und seinen Söldnern, die das Dorf Pamiers in Schutt und Asche legten bis hin zu einer Schar Kinder, die aus ihrem Gehöft in der Savanne gerannt kamen, um die eintreffenden Hovercrafts zu begrüßen.
Von den fünf Leuten im Editierraum starrten vier mit der Art von nervöser Begeisterung auf die Schirme, die Voyeure erfaßt, wenn sie großes Leid beobachten und der schiere Maßstab der Ereignisse den Schmerz über das Leid des Einzelnen verdrängt. Kelly saß inmitten ihrer Kollegen und beobachtete die Bilder mit einem Abstand, der nur möglich war, weil in ihrer neuralen Nanonik ein Suppressorprogramm lief.
»Wir können sonst nichts mehr rausschneiden«, protestierte Kate Elvin, die Chefredakteurin.
»Das gefällt mir trotzdem nicht«, entgegnete Antonio Whitelocke.
Er war der Chef des Büros von Collins auf Tranquility, ein sechzigjähriger Karrieretyp, der sich durch die Abteilungen für Wirtschaft und Politik an die Spitze geschuftet hatte. Eine exzellente Wahl für Tranquility, aber kaum mit genügend Verständnis für junge abenteuerlustige Reporter wie Kelly Tirrel. Und was sie von Lalonde mitgebracht hatte, schnürte ihm die Luft ab vor Angst.
»Wir können unmöglich einen dreistündigen Bericht bringen!«
»Nun faß dir endlich ein Herz!« fuhr Kelly ihn an. »Drei Stunden reichen gerade mal für die Highlights!«
»Lowlights meinst du wohl«, murmelte Antonio und funkelte seinen aufsässigen neuen Megastar an. Ihr Skinhead war furchtbar einschüchternd, und er hatte alles über den armen Garfield Lunde gehört. Die Marketingabteilung beschwerte sich immer, daß sie keine Mainstream-Anchorleute einsetzten.
Wenn er darüber nachdachte, daß diese hübsche, feminine junge Frau noch letzten Monat das Frühstücksmagazin moderiert hatte, dann wuchsen in ihm die Zweifel, ob sich nicht ein Besessener in ihrem Körper versteckte, dem es gelungen war, von Lalonde zu flüchten.
»Der Bericht ist perfekt ausbalanciert«, sagte Kate. »Wir haben die Grundzüge der gescheiterten Mission und am Schluß sogar eine Aufmunterung durch die gelungene Rettungsaktion. Das war ein absolut genialer Schachzug, Kelly.«
»Na ja, danke. Ich wäre natürlich niemals mit Horst und den Söldnern zu dem Gehöft gefahren, wenn der Bericht dadurch nicht besser geworden wäre.«
Kate überhörte den Sarkasmus geflissentlich; im Gegensatz zu Antonio war sie früher selbst eine freie Reporterin gewesen und hatte ziemlich viel aus Kampfgebieten berichtet. »Diese Montage wird unser beider Anforderungen gerecht, Antonio. Und der Gerüchtekanal ist am Brodeln, seit die Lady Macbeth zurückgekehrt ist. Die Marketingabteilung mußte unsere Abendsendung nicht einmal bewerben. Und heute abend wird ganz Tranquility Collins sehen. Ich habe gehört, daß die Konkurrenz Wiederholungen von Seifenopern bringen will, während Kelly auf Sendung ist. Und wenn unsere Zuschauer erst einmal dabei sind, werden sie es auch bleiben. Wir geben ihnen nicht nur ein Sens-O-Vis-Erlebnis von einem echten Krieg, wir haben eine verdammte Geschichte zu erzählen! Das fesselt immer! Und unsere Werbeprämien für diese Sendung gehen auf eine halbe Million Fuseodollars für einen Dreißig-Sekunden-Spot!«
»Für eine einzige Sendung«, brummte Antonio.
»Mehr als eine, Antonio, das ist ja das Gute! Sicher, jeder wird unsere heutige Sendung auf Flek aufzeichnen. Aber Kelly hat mehr als sechsunddreißig Stunden auf ihren eigenen Fleks mitgebracht, und wir haben auch noch die Aufzeichnungen von den Sensoren der Lady Macbeth, gleich vom ersten Augenblick ihres Auftauchens im Lalonde-System an. Wir können das einen ganzen Monat lang auswalzen; wir bringen spezielle Interviews, Dokumentationen und Analysen. Wir haben den verdammten Quotenkrieg für ein ganzes Jahr gewonnen, und es hat nicht einmal viel gekostet!«
»Nicht viel gekostet? Wissen Sie eigentlich, was wir diesem verdammten Joshua ›Lagrange‹ Calvert für seine Sensoraufzeichnungen bezahlt haben?«
»Nicht viel«,
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