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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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jetzt noch gefehlt hat.«
     
    Es lief ganz und gar nicht so, wie Ione sich diese Begegnung ausgemalt hatte. Joshua hatte nicht einen Blick auf die Schlafzimmertür geworfen, als sie in ihrem Appartement angekommen waren, geschweige denn Begierde gezeigt. Sie erinnerte sich an Zeiten, da hatten sie es nicht einmal bis zum Bett geschafft, bevor ihr Kleid bis über die Brüste nach oben gestreift war.
    Und doch ahnte sie irgendwie, daß nicht allein die Mission über Lalonde Schuld daran trug. Er war angespannt und sorgenvoll, wenn auch nicht ängstlich. Ein höchst ungewohnter Anblick, was Joshua Calvert anging.
    Er ging unter die Dusche und aß etwas Leichtes zu Abend, dann nahm er in ihrem großen Sofa Platz. Als sie sich zu ihm setzte, war sie so verunsichert, daß sie nicht einmal wagte, ihre Hand auf seinen Arm zu legen.
    – Ich frage mich, ob dieses Mädchen auf Norfolk Schuld daran hat, sagte sie unschlüssig.
    – Er hat eine schwere Zeit hinter sich, antwortete Tranquility. – Dieses ungewöhnliche Verhalten wird sich schon legen.
    – Ganz bestimmt nicht. Ich sehe selbst, daß er erschüttert ist, aber da steckt noch mehr dahinter.
    – Der menschliche Verstand wächst ununterbrochen. Äußere Einflüsse diktieren die Geschwindigkeit dieses Wachstums. Vielleicht hat er wegen Lalonde angefangen, mehr über sich selbst nachzudenken. Und das ist ja wohl nicht das Schlechteste, oder?
    – Kommt darauf an, was man von ihm erwartet. Vorher war er wie für mich geschaffen. So unkompliziert, der charmante Gauner, der niemals versuchen würde, mich in Besitz zu nehmen.
    – Ich glaube mich zu erinnern, daß du gelegentlich auch Sex erwähnt hast.
    – Ja, sicher. Das auch. Es war großartig und vollkommen frei von Schuldgefühlen. Ich habe ihn aufgenommen, verstehst du? Was könnte eine Frau mit meiner Verantwortung sich mehr wünschen? Joshua war jemand, der niemals versucht hätte, sich in meine Aufgaben und Pflichten als Lady Ruin einzumischen. Politik hat ihn nicht im geringsten interessiert.
    – Ein Ehemann wäre einem gelegentlichen Liebhaber vorzuziehen. Jemand, der immer für dich da ist.
    – Du bist mein Ehemann.
    – Du liebst mich, und ich liebe dich. Daran würde sich niemals etwas ändern. Aber du bist immer noch ein Mensch, und du brauchst einen menschlichen Gefährten. Sieh dir die Voidhawk-Kommandanten an. Sie sind das perfekte Beispiel für eine mentale Symbiose.
    – Ich weiß. Vielleicht verspüre ich ja auch nur Eifersucht.
    – Auf dieses Mädchen von Norfolk? Aber warum? Du weißt doch, wie viele Gefährtinnen Joshua hatte.
    – Nicht auf sie. Ione blickte Joshua von der Seite her an, während er aus dem großen Fenster sah. – Auf mich. Auf mich, wie ich vor einem Jahr war. Die alte Geschichte: Du weißt nie, was du gehabt hast, bis es vorbei ist.
    – Er sitzt direkt neben dir. Du mußt nur die Hand ausstrecken. Ich bin sicher, er braucht genausoviel Trost wie du.
    – Aber er ist nicht dort. Nicht mehr. Nicht mein alter Joshua. Hast du gesehen, wie er die Lady Macbeth gesteuert hat? Gauras Erinnerung an den Lagrange-Stunt hat mir fast das Herz stehen lassen. Mir war nie bewußt, was für ein unglaublich guter Kommandant er ist. Wie könnte ich ihm das jemals nehmen? Er lebt für den Raum, für seine Lady Macbeth und das, was es ihm gibt. Erinnerst du dich an unseren letzten Streit, bevor Joshua nach Lalonde aufgebrochen ist? Ich glaube, er hatte recht. Er hat seine Bestimmung gefunden. Das Fliegen ist ihm in die Gene sequenziert genau wie das Herrschen in die meinen. Ich kann ihm das genausowenig nehmen wie man mir dich wegnehmen könnte.
    – Ich glaube, du siehst das alles ein wenig zu ernst.
    – Möglich. Wir waren jung, wir hatten unseren Spaß, und es war wunderbar. Ich habe ja schließlich noch meine Erinnerungen.
    – Er hatte seinen Spaß. Du bist schwanger. Er hat Verantwortung gegenüber dem Kind.
    – Hat er? Ich denke nicht, daß Mütter heutzutage noch einen starken Jäger und Sammler brauchen. Und Monogamie wird immer schwerer, je länger wir leben. Genetische Manipulation hat dieses alte ›bis der Tod uns scheidet‹ stärker verändert als jeder soziale Radikalismus.
    – Verdient dein Kind denn nicht, in einer liebenden Umgebung aufzuwachsen?
    – Mein Kind wird eine liebende Umgebung haben. Wie kannst du das nur in Frage stellen!
    – Ich stelle nicht deine guten Absichten in Frage, Ione. Ich weise lediglich auf die Situation hin. Im Augenblick bist du außerstande,

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