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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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können?« rief Annette Eklund ihren Anhängern zu. »Selbst die mächtigen Saldanas müssen mit uns verhandeln und unsere Bedingungen akzeptieren. Seht ihr nun, wieviel Macht wir besitzen? Und das erste, was wir tun müssen, ist diese Macht konsolidieren. Ihr alle, die ein Fahrzeug besitzen: Ich möchte, daß ihr aufbrecht, sobald die Marines sich zurückgezogen haben. Das sollte in spätestens einer Viertelstunde der Fall sein, also haltet euch bereit. Wenn wir auch nur den Anschein erwecken, daß es uns an Mut und Entschlossenheit mangelt, dann feuern sie mit ihren strategischen Plattformen auf uns. Ihr alle habt Hiltchs Gedanken gespürt, ihr wißt, daß ich die Wahrheit sage. Wer von euch Geiseln hält, bereitet sie unverzüglich für die Possession vor. Wir brauchen alles an Kräften, was wir mobilisieren können. Es wird nicht leicht, aber wir können die gesamte Halbinsel innerhalb zwei Tagen in unsere Gewalt bringen. Und danach besitzen wir genügend Macht, den Himmel auszusperren.«
    Moyo blickte unwillkürlich nach oben. Die Dämmerung über der gezackten Baumlinie wurde heller, ließ endlich die Sterne und die ewige Erinnerung an die Unendlichkeit verblassen. Doch selbst mit den Farben des frühen Tages über der Schwärze blieb der Anblick entsetzlich leer, eine Leere, die Stück für Stück genauso öde war wie das Jenseits. Moyo wünschte sich nichts sehnlicher, als diese Leere auszuschließen und unmöglich zu machen, daß sie seinen Geist einmal mehr einsaugte.
    Und jeder ringsum verspürte den gleichen drängenden Wunsch.
    Stöhnen und Schreie durchbrachen seine Innenschau. Die Geiseln wurden zurück in die Gebäude gezerrt, ohne daß vorher eine Absprache nötig gewesen wäre oder stattgefunden hätte. Es war, als teilten sämtliche Besessenen ein gemeinsames Unbehagen, die zur Vorbereitung notwendigen Foltern vor den Augen der anderen oder der Beobachtungssatelliten im niedrigen Orbit durchzuführen. Den Geist eines Menschen zu brechen war eine Angelegenheit, die so intim war wie Sex.
    »Los, komm«, sagte Moyo. Er hob den Knaben mühelos hoch und kehrte mit ihm in die Blockhütte zurück.
    »Mama!« kreischte der Knabe. »Mama, hilf mir!« Er fing an zu weinen.
    »Heh, keine Panik!« sagte Moyo. »Ich tue dir nicht weh.« Der Junge weinte weiter. Moyo durchquerte den Flur und öffnete die schweren Türen, die in den Garten führten. Ein weitläufiger Rasen erstreckte sich fast bis zu den Harandridenbäumen, die die gesamte Stadt umgaben. Zwei Gartenbau-Mechanoiden bewegten sich ziellos über den kurz geschnittenen Rasen, und ihre Mäher gruben sich in den Boden, als wären sie programmiert, den gesamten Garten umzupflügen.
    Moyo ließ den Jungen los. »Los, lauf«, sagte er. »Verschwinde! Rasch!«
    Der Junge starrte ihn aus großen klaren Augen verständnislos an. »Aber meine Mama …«
    »Sie ist nicht mehr hier. Sie ist nicht einmal mehr sie selbst. Und jetzt lauf! Die Königlichen Marines warten draußen im Wald; wenn du dich beeilst, hast du sie eingeholt, bevor sie weg sind. Sie werden sich um dich kümmern. Und jetzt lauf endlich!« Sein Tonfall war schroffer, als er beabsichtigt hatte. Der Junge warf einen hastigen Blick in das Haus, dann wandte er sich um und rannte über den Rasen davon.
    Moyo wartete, um sicherzustellen, daß der Junge ohne Probleme durch die Hecke kam, dann kehrte er ins Haus zurück. Hätte er einen Erwachsenen als Geisel gehalten, würde er keine Gewissensbisse verspürt haben, aber ein Kind … Moyo hatte noch einen Rest seiner Menschlichkeit behalten.
    Durch das Fenster des großen Hausflurs sah er Fahrzeuge die Straße hinunter fahren. Es war ein merkwürdiger Konvoi, den Annette Eklund da zusammengestellt hatte: Moderne Wagen, alte Wagen von verschiedenen Planeten und aus den unterschiedlichsten Jahrhunderten, altertümliche Militärvehikel; einer der Besessenen hatte sich sogar eine dampfbetriebene Zugmaschine zusammengeträumt, die sich langsam schnaubend ihren Weg bahnte, während Wasser aus den undichten Rohrverbindungen leckte. Wenn Moyo sich anstrengte, konnte er die wirkliche Form der Geländewagen und Farmfahrzeuge unter den phantasievollen Trugbildern erkennen.
    Damals auf Kochi hatte es ein Coupé gegeben, von dem Moyo immer geträumt hatte, eine richtige Kombatwespe auf Rädern mit einer Höchstgeschwindigkeit, die den legalen Rahmen um das Dreifache überstiegen hatte.
    Es war ihm niemals gelungen, genügend Geld für die Anzahlung

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