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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Hasan Rawand und seine Leute die Flucht.
    Li Chang kämpfte sich durch die Schwaden von Löschgas bis zu einer der Leichen vor, um sie aus dem Weg zu ziehen, doch die Handschuhe ihres gepanzerten Kampfanzugs fanden keinen Halt. Das verdammte Gas hatte jede Oberfläche schlüpfrig werden lassen. Zwei Maserstrahlen trafen Li Chang an der Brust, als sie versuchte, sich an dem toten Söldner vorbeizuzwängen. Sie konnte tatsächlich sehen, wie das Gas entlang der Schußbahnen in langen Linien kristallisierte. Einer ihrer Leute war neben ihr und zerrte am Hals des Toten. Der Leichnam bockte und zuckte, und seine Masse behinderte jede Bewegung.
    Ein weiterer Schuß, diesmal ein Thermopuls, traf Li Changs Panzer und wurde gestreut. Ein großer Fleck nackter Haut auf dem Körper des Toten verwandelte sich in ein häßliches Braun, als die Energie auftraf. Seine Kleidung fing an zu schwelen und zog das Löschgas an wie eine Kühlfalle die Feuchtigkeit.
    Li Changs neurale Nanonik aktivierte ein Programm, um die in ihr aufkeimende Übelkeit zu unterdrücken. »Setzt die Smartgeschosse ein!« befahl sie und formulierte gleichzeitig die Such- und Jagdparameter für ihre eigene Salve. Ein Schwarm zentimeterlanger Pfeile schoß aus den Behältern an ihrem Gürtel – winzige programmierbare Raketen mit einem Mikro-Ionenantrieb. Sie kurvten durch die brodelnde Luft und wichen den Umrissen der toten Söldner aus, um anschließend den Korridor entlang zu beschleunigen.
    Li Chang vernahm ein wildes Sperrfeuer wie von Feuerwerkskrachern, als über zweihundert winzige EI-Granaten innerhalb von drei Sekunden in dem beengten Gang detonierten. Stechende helle Finger aus blau-weißem Licht hüllten die schwebenden Söldnerleichen ein. Wellenfronten aus purpurner Statik rasten an den Kompositwänden entlang auf Li Chang zu. Dann ein plötzlicher Windstoß, der sie in Richtung der Quelle des Lichts und der Explosionen zerrte. Die drei übel zugerichteten Leichen setzten sich in Bewegung. Eine Sirene ging los und verkündete Druckverlust im Gang, und das metallische Schrillen wanderte die Tonleiter hinab, als die Luft rasch dünner wurde. Notschotten glitten aus den Kompositwänden und versiegelten die beschädigte Sektion.
    »Captain Thakrar?« rief Li Chang per Datavis. »Können Sie mich hören, Sir?«
    Sie eilte hinter den Leichen her und an dem Gemetzel vorbei, das ihre Geschosse angerichtet hatten. Eine Galaxis aus Blutkügelchen drehte sich um die zerfetzten Torsos von Hasan Rawand und den anderen. Li Chang schätzte, daß es insgesamt vier Tote sein mußten. Es war wirklich schwer zu sagen.
    Stücke von Eingeweiden bedeckten die Wände und hatten sich in den Rissen verfangen, ein improvisiertes Siegel, das dem Druck nur vorläufigen Widerstand entgegensetzte, bevor es nach draußen gesogen wurde. Li Chang hielt den Atem an – ein alberner Reflex, denn ihr Kampfanzug versorgte sie mit Atemluft – und schob sich mitten durch den blutigen Brei. Sie zuckte jedesmal zusammen, wenn die Anzugsensoren eine Berührung meldeten, ein Objekt, das an ihrem Körper entlangstreifte.
    Der Korridor dahinter war leer. Ein Notschott versperrte den Weg zu nächsten Kreuzung. Li Chang schob sich darauf zu. Inzwischen hatte der Wind nachgelassen; fast alle Luft war entwichen.
    Mitten im Schott befand sich ein kleines rundes Bullauge. Li Chang preßte einen Sensor ihres Schalenhelms dagegen und spähte hindurch, doch außer weiteren geschlossenen Schotten war nichts zu sehen. Captain Thakrar und die beiden Besatzungsmitglieder der Villeneuve’s Revenge waren verschwunden.
    In diesem Augenblick gesellte sich ein neues Geräusch zu dem Durcheinander der übrigen. Ein tiefes Baßrumpeln, das Li Chang genausosehr in den Wänden spürte wie hörte. Die Lichtpaneele flackerten und erloschen schließlich ganz. Kleine blau-weiße Leuchtgloben der Notbeleuchtung wurden hell.
    »O Gott, nein!« flüsterte sie in ihren Helm hinein. »Ich hab’s ihm versprochen, wir würden ihn in Sicherheit bringen.«
     
    Die Villeneuve’s Revenge startete aus dem eingefahrenen Landegerüst heraus. André hatte die Sicherungsklammern gelöst, doch ohne Hilfe von außen konnte er weder die Versorgungsleitungen noch den Andockschlauch abwerfen. Die sekundären Antriebe zündeten, als die Energie aus den Hauptgeneratoren Wasserstoff auf knapp unter Fusionstemperatur erhitzte. Wolken grellblauer Ionen schossen aus der Äquatorsektion des kugelförmigen Schiffes, und es hob sich

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