Seelengesaenge
ausfallen! Das würde mal einen richtigen Publicity-Sturm geben! Sie hätten nicht einmal genügend Zeit für eine Gegenreaktion, weil wir sowieso von hier verschwinden.«
»Leroy!« sagte sie per Datavis, »schaff mir dieses verdammte Balg vom Hals, sonst spalte ich ihm den Schädel, um nachzusehen, wo sein Gehirn abgeblieben ist!«
Leroy Octavius watschelte zu ihm hinüber. Sein massiger Leib steckte in einem hellen Schlangenhautjackett, das optimistische anderthalb Nummern zu eng war. Das zähe, dünne Leder knarrte bei jeder Bewegung. »Komm jetzt, Söhnchen«, sagte er mürrisch. »Wir müssen die Künstlerin so kurz vor Beginn der Show alleine lassen. Du weißt, wie sehr sie sich bei ihren Auftritten verausgabt. Was hältst du davon, wenn wir einen Blick auf das Büfett werfen, das sie im nächsten Zimmer für uns vorbereiten?«
Der Junge ließ sich widerstrebend davonführen. Leroys mächtige Hand lag auf seiner Schulter und übte beiläufigen Druck aus.
Jezzibella stöhnte wütend. »Verdammte Scheiße! Wieso konnte ich mir nur einbilden, so ein dämliches Balg wäre aufregend?«
Libbys Lider klapperten, und die indigofarbenen Augen wurden sichtbar. Von allen Speichelleckern, Kriechern, Mitläufern, unverhohlenen Parasiten und wirklich notwendigen Mitarbeitern in ihrer Umgebung mochte Jezzibella ihre Image-Beraterin noch am liebsten. Sie war ein großmütterlicher Typ, der sich so kleidete, daß ihr Alter sogar noch betont wurde, und sie besaß die stoische Ruhe und Geduld, die nötig war, um jeden Streit und jede Krise mit kaum mehr als einem uninteressierten Schulterzucken abzutun.
»Es waren deine Hormone, die beim Anblick seines Welpenschwanzes durchgedreht sind, Püppchen«, sagte Libby ungerührt.
Jezzibella grunzte. Sie wußte, daß die gesamte Truppe Emmerson haßte. »Leroy«, sagte sie per Datavis. »Ich habe dem verdammten Hospital jede Menge Kohle gespendet – gibt es dort nicht einen Flügel, wo wir den kleinen Rotzpanz zurücklassen könnten?«
Leroy hob winkend die Hand, als er das grüne Zimmer verließ. »Wir reden später darüber, was wir mit ihm anstellen«, sagte er.
»Bist du jetzt verdammt noch mal endlich fertig?« herrschte sie Libby an.
»Absolut, Püppchen.«
Jezzibella straffte sich und befahl ihrer neuralen Nanonik, eine Sequenz von kodierten Impulsen durch die Nervenbahnen zu schicken. Sie hatte ein kurzes, schauriges Gefühl von nassem Leder, das über ihre Haut gezogen wurde, und alle Gliedmaßen zuckten unkontrolliert. Ihre Schultern rückten wie von Geisterhand nach hinten, die Bauchmuskeln wurden hart und geschmeidige Umrisse bildeten sich unter einer Haut, die gleichzeitig eine Spur dunkler und bronzefarbener wurde.
Sie suchte tief in ihren Erinnerungen nach dem richtigen Gefühl von Stolz und Selbstvertrauen, das in Kombination mit ihrer Physis das Gesamtbild noch verstärkte. Sie war absolut hinreißend, und sie wußte es.
»Merril!« keifte sie. »Merril, verdammte Scheiße! Wo ist mein Kostüm für den ersten Akt?«
Der Handlanger eilte zu den großen Schrankkoffern, die eine ganze Wand einnahmen, und zerrte die entsprechenden Requisiten hervor.
»Und warum habt ihr Scheißkerle noch nicht angefangen euch aufzuwärmen?« brüllte sie die Musiker an.
Das grüne Zimmer verwandelte sich abrupt in einen Strudel hektischer Aktivität, als alle und jeder sich auf die Arbeit stürzten. Lautlose Datavis-Sendungen jagten hin und her, während Jezzibellas Truppe sich über das bevorstehende Ende von Emmersons Zukunft unterhielt. Es lenkte sie ab von der Unsicherheit ihrer eigenen beruflichen Zukunft.
Ralph Hiltch ging die zahlreichen Berichte durch, während er über die Stadt zurück zum Hauptquartier flog. Die neuerliche Suche, die von Diana Tiernan in die Wege geleitet worden war, schien gute Resultate hervorzubringen. Nach dem Verkehrsnetzwerk zu urteilen, waren in der Nacht dreiundfünfzig Lieferwagen von Moyce’s aus losgefahren. Die KI’s folgten gegenwärtig ihren Spuren.
Bereits sieben Minuten, nachdem Diana den Lieferwagen höchste Priorität eingeräumt hatte, waren zwölf von ihnen entdeckt worden. Alle außerhalb des Stadtgebiets von Pasto. Die Koordinaten waren per Datavis an das strategische Verteidigungskommando auf Guyana weitergeleitet worden, und Beobachtungssatelliten hatten die Koordinaten für die strategischen Verteidigungsplattformen trianguliert. Kurz darauf waren in der südlichen Hälfte Xingus ein Dutzend kurzlebige violette
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