Seelengesaenge
ununterbrochenen Medienrummels ertragen, während sie durch die Asteroidensiedlungen und dann hinunter zur Planetenoberfläche getourt war. Gerüchte, von AV-Projektoren, die während Jezzibellas Konzerten illegale Aktivierungssequenzen ausstrahlten, um Orgasmen beim Publikum zu stimulieren (unwahr, behauptete die offizielle Presseverlautbarung; Jezzibella hätte soviel Sex, daß sie keine Hilfsmittel benötigte, um die Stimmungssynthese zu verstärken, die sie ausstrahle). Übertreibungen, daß die jüngste Tochter des Präsidenten vollkommen betört gewesen sei, nachdem sie Jezzibella persönlich kennengelernt hätte, und nach dem Konzert aus dem Blauen Palais geschlichen wäre, um hinter die Bühne zu kommen (Jezzibella war natürlich erfreut und zutiefst geehrt, sämtlichen Mitgliedern der königlichen Familie vorgestellt zu werden, und wir wissen überhaupt nichts von unerlaubtem Eindringen in den Bühnenbereich). Skandal, weil zwei Mitglieder der Band, Bruno und Busch, wegen Verstoßes gegen die Gesetze zur Wahrung der öffentlichen Moral verhaftet und zu einer Million Fuseodollars Geldstrafe verurteilt worden waren. (Bruno und Busch bei einem sehr schönen, sensiblen und höchst privaten Liebesspiel, das von einer Bande geiler Senioren, alter Perverslinge mit aufgerüsteten Retinas, beobachtet worden war.) Und nackte Hysterie, als Jezzibella (als Privatperson, also bitte keine Sens-O-Vis-Aufzeichnungen!) einen Kinderhort in einem armen Stadtteil besucht und der Station für Infektionskrankheiten eine halbe Million Fuseodollars gespendet hatte. Tiefer Schock, als sie der Öffentlichkeit ihren dreizehnjährigen männlichen Begleiter Emmerson präsentiert hatte (Mister Emmerson ist Jezzibellas zweiter Cousin, bitteschön, und aus seinem Paß geht eindeutig hervor, daß er sechzehn ist). Eine Menge Spaß für die Zuschauer und offizielle Warnungen seitens der Polizei wegen der außerordentlich brutalen Kämpfe zwischen dem Sicherheitsteam, das Jezzibella während ihrer Tournee begleitete, und allzu aufdringlichen Reportern. Die Flut von Verleumdungsklagen seitens ihres Managers, Leroy Octavius, gegenüber jedem, der öffentlich darüber nachdachte, sie könnte älter sein als achtundzwanzig.
Und in all diesen fünf Wochen hatte sie nicht ein einziges Interview gegeben, nicht eine einzige öffentliche Äußerung außerhalb ihres Bühnenprogramms gemacht. Jezzibella hatte das nicht nötig. In dieser Zeit verteilte das Regionalbüro von Warner Castle Entertainment per Datavis über das systemweite Kommunikationsnetz siebenunddreißig Millionen Kopien ihres neuen MF-Albums Life Kinetic an glühende Fans, und ihre alten Aufnahmen verkauften sich ebenfalls ausgezeichnet.
Die Raumschiffbesatzungen, die normalerweise einen netten Profit aus dem Verkauf von Alben an Distributoren in Systemen machten, wo diese noch nicht offiziell verkauft wurden, verfluchten ihr Pech, wenn sie in Sternensystemen ankamen, wo Jezzibella im Verlauf der letzten achtzehn Monate getourt hatte. Doch das war es schließlich, was eine Life-Künstlerin ausmachte: Alle neun Monate ein neues Album, Tourneen durch zehn Sternensysteme jedes Jahr. Es war außerdem die einzige Möglichkeit, wie man die Schwarzkopierer schlagen konnte. Wenn man dazu nicht bereit war, floß das Geld höchstens aus dem heimatlichen Sternensystem. Nur wenige schafften je den Sprung von einer lokalen Größe zum galaktischen Superstar. Die Reisen verschlangen Unsummen an Geld, und die Unterhaltungskonzerne investierten nur zögerlich. Ein Künstler mußte eine gehörige Menge Professionalität und Entschlossenheit beweisen, bevor er das viele Millionen Dollars teure Risiko wert war. Wenn er jedoch diese Barriere erst einmal durchbrochen hatte, bewahrheitete sich nichts mehr als das alte Sprichwort von Geld, das sich zu Geld gesellt.
Hoch über den teuren Requisiten und AV-Projektoren auf der Bühne wurde die Menschenmenge ununterbrochen von einem optischen Sensor beobachtet. Gesichter verschwammen zu einer monotonen Prozession, während der Aufnahmebereich über Balkone und Stuhlreihen schwenkte. Die Fans kamen in deutlich unterschiedlichen Kategorien: die jungen, aufgeregten, begeisterten, voller Stolz und Erwartung, selten älter als Zwanzig, dann die ungeduldigen, die bereits angeturnten, stimulierten, nervös und voller Anbetung, sogar ein paar waren darunter, die lieber woanders hingegangen wären, aber ihrem Partner einen Gefallen tun wollten. Jedes Kostüm, das
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