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Seelengift

Titel: Seelengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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Exliebhaber seiner Frau zuzuhören, wie er achselzuckend darüber sprach, dass sie einen Fehler begangen hatten. Und dabei sogar noch recht hatte. Solche Fehler passierten im Leben von Paaren, und das nicht gerade selten. Keine große Sache. Ein Seitensprung. Blöd gelaufen. Clara wusste, sie selbst wäre niemals imstande, in einer derartigen Situation so ruhig zu bleiben. Es war schon fast unheimlich, wie scheinbar gelassen und unbeteiligt Gruber dasaß. Nichts war aus seinem Gesicht abzulesen, man konnte sich nicht einmal sicher sein, ob er
überhaupt zugehört hatte. Und dabei war Clara sich sicher, dass ihm keine Silbe, keine Bewegung Wimbachers entgangen war. Ihr wurde klar, was für ein unschätzbarer Vorteil diese Fähigkeit für einen Kriminalbeamten war. Gruber war ein ausgezeichneter Polizist, das wurde Clara in diesem Augenblick wieder einmal bewusst, und gleichzeitig überkam sie heiße Wut bei dem Gedanken an diese intrigante Kommissarin Sommer, die versucht hatte, seine Professionalität in Zweifel zu ziehen. Clara biss sich auf die Lippen und versuchte, sich wieder auf Adolf Wimbacher zu konzentrieren.
    »Haben Sie Irmgard Gruber eigentlich noch einmal gesehen, seit sie sich getrennt haben?«, fragte sie leichthin und hatte das Gefühl, dass Gruber sich bei dieser Frage neben ihr unmerklich anspannte.
    Wimbachers rosa Gesicht wurde einen Ton dunkler, und der Blick, den er jetzt zu Gruber hinüberwarf, war verlegen. »Also, ja, nein, nicht so, wie Sie vielleicht jetzt denken …«, begann er umständlich und nestelte an seinem Hemdsärmel herum.
    »Wir denken gar nichts«, beruhigte ihn Clara. »Haben Sie sich getroffen, oder haben Sie nicht?«
    Wimbacher bemühte sich jetzt, Gruber nicht anzusehen, und heftete seine Augen auf Clara. »Wir haben uns noch ein paar Mal zum Kaffeetrinken getroffen.«
    Eine minimale Bewegung neben sich, die sie nur aus den Augenwinkeln wahrnahm und mehr erriet als tatsächlich sah, verriet Clara, dass diese Information für Gruber neu war. Offenbar hatte Irmi ihm diese Treffen unterschlagen.
    »Zum Kaffeetrinken?«, fragte sie gedehnt nach und setzte eine zweifelnde Miene auf. »Und das, obwohl Sie sich getrennt hatten?«
    »Das war vollkommen harmlos! Rein freundschaftlich, verstehen
Sie?« Wimbachers Blick flog nervös von Clara zu Gruber und wieder zurück.
    »Wo haben Sie sich denn getroffen?«
    »Ja, also … bei mir.«
    »Ach!« Clara hob die Augenbrauen und hoffte, Grubers Selbstbeherrschung werde ihn nicht ausgerechnet jetzt verlassen.
    »Ja. Aber das war ganz anders, als es sich anhört: Ich habe einen Neffen, den Sohn meiner jüngsten Schwester, er ist auch mein Patenkind, und er ist öfters am Wochenende bei mir. Meine Schwester ist frisch geschieden und Ruben, also so heißt mein Neffe, leidet sehr darunter. Ich kümmere mich deshalb ein bisschen um ihn, er hat seine Modelleisenbahn bei mir aufgebaut, weil zu Hause kein Platz mehr ist, meine Schwester musste ja umziehen, in eine kleine Wohnung, weil ihr Mann keinen Unterhalt bezahlt, er hat eine neue Freundin, und da ist seine Familie ziemlich abgeschrieben.«
    Adolf Wimbacher verstummte abrupt, und Clara fragte sich, ob ihm die Ironie an dieser Geschichte wohl in dem Moment bewusst geworden war. Ruben. Ob der Junge jetzt wohl Ruben Wimbacher hieß? Doch nach Kurt-Karim konnte sie ohnehin nichts mehr erschüttern.
    »Und was hat Ihr Neffe nun mit Ihrem Kaffekränzchen mit Irmgard Gruber zu tun?«, hakte sie nach.
    »Ja, das ist so: Der Rudi, ich nenne ihn immer Rudi, das klingt irgendwie besser, nicht so überkandidelt, oder?«
    »Viel besser!«, stimmte Clara zu, obwohl der arme Junge ihr immer bemitleidenswerter erschien. Man stelle sich vor, nur diese Auswahl zu haben: Ruben oder Rudi. Konnte so etwas nicht für ein Trauma sorgen?
    »Also Rudi und Irmgard haben sich recht gut verstanden. Sie konnte sehr gut mit Jungs. Hat ja selber einen Sohn.
Achim heißt er, glaub’ ich.« Irgendwie schien er jetzt in seinem Bemühen, die Sache im richtigen Licht darzustellen, Grubers Anwesenheit ganz vergessen zu haben. Deshalb fuhr er auch vor Schreck zusammen, als Gruber sich unvermittelt zu Wort meldete.
    »Armin. Unser Sohn heißt Armin.« Seine Stimme war eiskalt.
    »Wie? Ach so, ja.« Wimbacher senkte den Kopf.
    »Sie wollen damit also sagen, Irmgard ist wegen Ruben weiter zu Ihnen zum Kaffeetrinken gekommen?«, fragte Clara.
    »Ja. Sie meinte, er würde es nicht verstehen, wenn sie jetzt plötzlich nicht mehr

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