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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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State genoss. Vielleicht würden wir alle drei noch etwas essen gehen, und dann konnten Jules und ich – natürlich erst, nachdem ich Amber ermahnt hatte vorsichtig zu sein – wieder nach Hause verschwinden.
    Das Hotel entpuppte sich als einfaches Motel, ein unscheinbarer, ebenerdiger Bau, der halb verborgen im Schatten einer Ladenzeile erbaut worden war. Von den roten Türen blätterte die Farbe, und auch die rosa Wände sahen aus, als hätten sie schon länger keinen Pinsel mehr gesehen.
    »Netter Ort, um seinen Urlaub zu verbringen«, bemerkte Jules, als ich den Wagen über den rissigen Asphalt auf den Parkplatz lenkte. »Ich dachte immer, an solche Orte gehen nur Leute, die sich vor den Cops verstecken müssen.«
    Oder vor jemand anderem. Beim Anblick des Motels wurde ich das Gefühl nicht los, dass sich hinter Ambers Abreise mehr verbarg als der Wunsch, für ein paar Tage allein zu sein. Jules hatte recht: Das war kein Ort, den man sich für einen entspannten Urlaub aussuchte.
    Immerhin hatte Akashiel mir ihre Zimmernummer gegeben, sodass ich mir den Umweg über die Rezeption sparen konnte. Ich parkte den Wagen nicht weit von Ambers Zimmer entfernt, stellte den Motor ab und drehte mich zu Jules herum.
    »Vielleicht ist es besser, wenn du im Wagen wartest.« So wie die gesamte Motelanlage aussah, war ich mir nicht mehr so sicher, ob mein Besuch bei Amber wirklich der Spaziergangwerden würde, den ich erwartet hatte. »Schließ die Tür hinter mir ab, und wenn etwas ist, drück auf die Hupe, dann bin ich in einer Sekunde bei dir.«
    Jules setzte zu einem Widerspruch an, überlegte es sich dann jedoch anders und nickte. Kaum war ich ausgestiegen und hatte die Tür hinter mir zugeworfen, hörte ich das Klacken der Zentralverriegelung. Zufrieden betrachtete ich die getönten Scheiben, hinter denen Jules lediglich als dunkler Schemen auszumachen war.
    Hier war sie sicher.
    Als ich an Ambers Tür klopfte, erhielt ich keine Antwort. Die Vorhänge waren vorgezogen und verwehrten mir den Blick nach drinnen. Ich versuchte es noch einmal mit Klopfen. Erfolglos. Was hatte ich erwartet? Sie war hier, um Urlaub zu machen, da würde sie sich bestimmt nicht mitten am Tag in ihrem Zimmer verkriechen, statt das bunte Treiben draußen zu genießen. Andererseits hatte ich nicht vor, einfach wieder zu gehen. Ich vergewisserte mich, dass mich niemand sah, dann wechselte ich auf eine andere Ebene und marschierte durch die dünne Sperrholztür geradewegs in das Zimmer.
    Nach dem gleißenden Sonnenlicht draußen brauchte ich einige Sekunden, um mich in dem spärlichen Licht zurechtzufinden, das durch die Vorhänge fiel. Zielsicher fand ich den Lichtschalter und legte ihn um. Schon besser. Lediglich an der heißen und abgestandenen Luft änderte sich nichts. Wie konnte sie aus dem Zimmer gehen, ohne die Klimaanlage einzuschalten? Bei ihrer Rückkehr würde sie einen Hitzschlag bekommen.
    Das Zimmer war klein, und abgesehen von einem Bett, einem wackligen Tisch und einer Kommode, auf der ein Fernseher stand, gehörten nur noch ein Waschtisch am anderen Ende des Raums und eine Stehlampe neben der Türzur Einrichtung. Das Bett war unberührt, und der Koffer, der neben dem Fernseher auf der Kommode lag, war geschlossen. Nirgendwo stand etwas herum. Keine Bücher, keine Einkäufe oder Souvenirs, nicht mal eine Zahnbürste neben dem Waschbecken. Wenn ich Akashiel richtig verstanden hatte, war Amber bereits seit ein paar Tagen hier. Welches Zimmer sah danach noch so aus?
    »Amber?«, rief ich, obwohl ich mir sicher war, dass ich keine Antwort erhalten würde. Als es, wie erwartet, still blieb, ging ich zum Waschtisch und stieß die daneben liegende Badezimmertür auf. Die Nasszelle war fensterlos und ebenso verlassen wie das dazugehörige Zimmer.
    Ich zog die oberste Schublade der Kommode auf. Leer. Nicht anders sah es in den übrigen beiden Schubladen aus. Es brauchte keine übersinnlichen Fähigkeiten, um zu erkennen, dass hier etwas nicht stimmte. Neugierig geworden zog ich den Reißverschluss des Koffers auf und hob den Deckel. Die Sachen darin lagen wild durcheinander, dabei waren sie aber noch immer so zusammengelegt, als hätte man sie eben erst aus dem Schrank genommen. Ganz sicher waren sie noch nicht getragen. Amber musste es beim Packen dieses Koffers verdammt eilig gehabt haben.
    Ich hob Kleidungsstück um Kleidungsstück an und suchte mich auf diese Weise langsam durch den Koffer. Dass ich dabei Unordnung hinterließ, störte mich

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