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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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gefolgt von einem unterdrücktenStöhnen, dann verdrehte Amber die Augen und brach neben mir auf dem Teppich zusammen.
    Über ihr stand Jules mit der Lampe in der Hand, die sie Amber über den Schädel gezogen hatte. Eine Hand in meine verletzte Seite gepresst, drehte ich Amber auf den Rücken. Das Bewusstsein war in ihren Blick zurückgekehrt, Shandraziel kontrollierte sie nicht länger. Trotzdem war sie verloren. Ich konnte sehen, wie sich das Leben aus ihren Augen mehr und mehr zurückzog, dieses Mal jedoch hatte es nichts damit zu tun, dass Shandraziel erneut die Kontrolle über sie übernahm.
    »Sie ist verloren«, sagte ich, ohne den Blick von ihr abzuwenden.
    Die Lampe entglitt Jules’ Fingern und landete mit einem dumpfen Schlag auf dem Teppich. »Was? Aber ich habe …«
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte ich, als ich begriff, dass sie glaubte dafür verantwortlich zu sein. »Es ist Shandraziel. Er ist es, der ihren Körper gelenkt hat.«
    Um einen Menschen so zu steuern, wie er es getan hatte, musste er eine Verbindung mit ihm eingehen, und solange diese Verbindung bestand, konnte er sich nicht einfach hierherversetzen und Jules angreifen. Wahrscheinlich hatte er nicht einmal mitbekommen, dass sie überhaupt hier war – immerhin hatte sie sich von hinten herangeschlichen.
    »Wir müssen von hier fort.« Jules hatte sich wieder gefangen und griff nach meinem Arm. Ein glühend heißer Schmerz schoss durch meine Seite. Ich versuchte ein Stöhnen zu unterdrücken, konnte aber nicht verhindern, dass ich zusammenzuckte.
    »O mein Gott! Du bist verletzt. Kyriel!«
    Obwohl es höllisch wehtat und das Blut in einem warmen Strom aus der Wunde rann, winkte ich ab. »Das ist nichts.«
    Ich beugte mich über Amber, als ich Jules Hand auf meiner Schulter spürte. »Wir müssen weg.«
    »Gleich.«
    Erst musste ich herausfinden, welche Rolle Amber bei den Ereignissen der letzten Tage gespielt hatte. In ihrem Geist lagen womöglich die Antworten verborgen, nach denen Akashiel suchte. Und mich interessierte es ebenfalls, wie Shandraziel es geschafft hatte, die Nephilim zu übernehmen.
    »Bitte lass uns verschwinden.«
    »Uns bleiben noch ein paar Minuten, ehe Shandraziel sich lösen kann.«
    »Sich lösen?«
    »Um einen Menschen auf diese Weise zu führen, muss er eine Verbindung mit seiner Seele eingehen, aus der er nicht sofort wieder herauskann.«
    »Können wir noch etwas für sie tun?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Für sie gibt es keine Hilfe mehr.«
    Es gab zwei Arten, eine Seele zu kontrollieren: Man konnte dem Menschen, dem sie gehörte, Befehle erteilen, die dieser dann ausführen musste, oder man konnte sich die Seele zu eigen machen, wie Shandraziel es getan hatte. Wenn sich ein Gefallener eine Seele vollends einverleibte, konnte er den Menschen, dem sie gehörte, über einen gewissen Zeitraum steuern. Er konnte durch die Augen des Menschen sehen, was er sah, er konnte riechen, was er roch, schmecken, was er schmeckte, und ihn lenken, als steckte er selbst in diesem Körper. Für diese Zeit verfügte das Opfer über die Kraft und die Fähigkeiten des Gefallenen, der es lenkte. Das erklärte auch, warum der Eisdolch plötzlich in Ambers Hand erschienen war. Trotz der großen Macht und der Möglichkeiten, die sich uns boten, wenn wir uns eineSeele einverleibten, taten wir es nur sehr selten. Eine auf diese extreme Weise gelenkte Seele verzehrte sich dabei und schwand mehr und mehr, bis nichts mehr von ihr übrig war. Seelen waren kostbar, und sie auf diese Weise zu zerstören, war die reinste Verschwendung. Ich selbst hatte es erst ein einziges Mal getan, doch ich konnte mich noch gut an das Gefühl der Macht erinnern – und auch daran, wie benommen ich danach gewesen war und wie lange es gedauert hatte, bis ich wieder Herr meiner selbst war.
    Ich legte Amber die Hand auf die Stirn und drang in ihren Geist ein. In ihr war kein Leben mehr, nur noch der letzte verbliebene Funken ihrer Seele. Ein Funken, der sich mehr und mehr ins Nichts verflüchtigte, sodass es mir schwerfiel, Zugang zu finden. Ich verstärkte den Druck meiner Finger, um die Verbindung zu erleichtern, und arbeitete mich unter dem Schleier sich ausbreitender Dunkelheit vor. Mir blieb nicht mehr viel Zeit. Wenn der Glanz ihrer Seele in Shandraziels Händen erlosch, durfte ich nicht mehr in ihrem Verstand sein, sonst würde sie mich mit sich reißen.
    Ambers Erinnerungen schwanden schnell. Ich befand mich noch immer in einer der äußeren

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