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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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gescheitert betrachtet werden konnte und die eher an das Stroh erinnerte, mit dem man Pakete ausstopfte, als an Engelslocken.
    Die anderen beiden kannte ich nicht.
    Ich ließ meinen Blick weiterwandern. »Wo ist Akashiel?«
    Japhael deutete auf die Klinge in meiner Hand. »Das wirst du nicht brauchen. Es sei denn, du hast vor, dich hineinzustürzen.«
    »Da muss ich dich enttäuschen.« Da keiner der Anwesenden seine Waffe sichtbar trug, verabschiedete ich mich von der Vorstellung eines Hinterhaltes und ließ das Schwert im Nichts vergehen. »Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
    »Akashiel war nicht abkömmlich«, sagte Japhael.
    Beim Hirten, der Kerl war ein unglaublich schlechter Lügner! Wahrscheinlich wusste Akashiel nicht einmal von diesem Treffen. Aber wenn sie nicht vorhatten, über mich herzufallen und mich in Stücke zu hauen, warum dann diese Geheimniskrämerei?
    »Das sind Muriel und Camael«, stellte er mir die beiden anderen Engel vor.
    Muriel war ein Engel, wie es sie zu Tausenden gab. Groß,blond und über die Maßen schön. Was sie von den übrigen Engeln unterschied, die Oben lebten, war die Wärme in ihren Augen. Bei Camael brauchte es nur einen Blick, um Mitleid mit ihm zu empfinden: Sein Haar war so glühend rot wie die Feuer der Hölle. Nun, zumindest würde ich mir das Höllenfeuer so vorstellen, wenn es diesen Ort geben würde. In Wahrheit existierte keine Hölle und auch kein Fegefeuer, zumindest nicht in dem Sinne, in dem es sich die Menschen vorstellten. Die wirkliche Hölle war ein Ort, den jeder immer und überall in sich trug – Erinnerungen an schlimme Taten, Verbrechen und scheußliche Begebenheiten, deren Zeuge man geworden war. Mit dieser Haarfarbe würde sich der gute Camael jedenfalls einiges anhören müssen. Vermutlich war er deshalb als Schutzengel auf die Erde gekommen, um sich dem Spott seiner Mitengel nicht länger aussetzen zu müssen.
    »Wir haben uns beraten«, sagte Japhael mit einer Geste, die Ruchiel, Muriel und Camael einschloss. »Und sind soeben zu einem Ergebnis gekommen.«
    Ich verkniff mir ein »Wie schön« und wartete schweigend darauf, dass er fortfuhr.
    »Du wirst nicht länger Akashiel unterstellt sein.«
    Dem Hirten sei Dank, sie schmissen mich raus! Das konnte nur bedeuten, dass ich endlich nach Oben durfte. Ich musste unbedingt eine Gelegenheit finden, um Luzifer die gute Nachricht zu überbringen. Doch Japhael war noch nicht fertig.
    »Akashiel glaubt zu sehr an das Gute in dir«, erklärte er weiter und zerschmetterte im nächsten Satz meine Hoffnungen darauf, diesen Job loszuwerden. »Künftig wirst du jemandem zugeteilt, der dich nicht nur besser im Auge behalten, sondern auch strenger mit dir sein wird.«
    Auf sein Zeichen hin trat Ruchiel einen Schritt vor undmusterte mich von oben bis unten, als wäre ich ein Insekt oder etwas noch Ekelhafteres. Ich hatte Mühe, nicht in Gelächter auszubrechen. Der Typ, der aussah wie eine lebendig gewordene Engelskarikatur, sollte mein neuer, strenger Kerker… Lehrmeister sein? Dem fehlten nur noch eine Harfe und eine Wolke!
    »Du bist also mein neuer Bewährungshelfer«, stellte ich fest und war erstaunt, dass es mir gelang, die Frustration aus meiner Stimme zu bannen.
    Er runzelte pikiert die Stirn, was die Fettringe in seinem Gesicht in Bewegung brachte, und deutete eine Verneigung an. »Meine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass Ihr Eure Grenzen nicht überschreitet.«
    Ihr? Eure? »Unter welchem Stein haben sie dich denn hervorgeholt? Warst du ein paar Jahrhunderte im künstlichen Tiefschlaf oder warum redest du so komisch?«
    Ruchiel ließ sich nicht beirren. »Im Gegensatz zu Euch und manchem anderen habe ich mir die alten Werte bewahrt und weigere mich, mich den Verführungen der modernen Zeit hinzugeben.«
    »Dann kann ich dich wohl nicht per E-Mail erreichen.«
    »Das reicht, Kyriel«, mahnte Japhael.
    Mir reichte es noch lange nicht. Ich wusste nicht, ob ich schreien oder einfach nur lachen sollte angesichts der Witzgestalt, die sie mir hier als Aufseher aufs Auge zu drücken versuchten. »Komm schon, Japhael, du glaubst doch nicht im Ernst, dass der Kerl mir gewachsen ist. In spätestens drei Tagen sitzt er heulend in deinem Büro und wünscht sich ins Mittelalter zurück.«
    Japhael zog warnend eine Augenbraue in die Höhe, doch es war Ruchiel, der sagte: »Im Mittelalter hatten wir unsere Methoden, mit Kerlen wie Euch fertigzuwerden. Der Einzige, der Tränen vergießen wird, werdet Ihr sein,

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