SEELENGOLD - Die Chroniken der Akkadier (Gesamtausgabe)
Gesicht wie aus Marmor gemeißelt, seine Augen starr und hart. Die Tibeterin verneigte sich. Roven hielt die Luft an.
Noah starrte mit einer Abneigung auf Diriri, als würde sie dafür bestraft werden, ihn gerufen zu haben. Und sie wagte es nicht, den Kopf zu heben.
Schließlich berührte der Halbgott die Ketten, die um Lennarts Körper geschlungen waren. Das Metall fiel klirrend zu Boden, als wäre es normales Eisen. Ihr Bruder sackte zusammen. Diriri fing ihn auf und presste den riesigen Akkadier an ihren kleinen Leib.
„Ich danke euch“, sprach sie mit gesenktem Haupt.
„Das wirst du müssen“, sagte Noah in kaltem Ton.
Es klang nach einem Versprechen, das nichts Gutes prophezeite. Er drehte sich zu Roven und musterte ihn von oben bis unten.
„Ich bezweifle, dass du diese Prüfung bestehen wirst.“ Damit verschwand er so schnell, wie er gekommen war.
Illian eilte zu Diriri und warf sich Lennarts Körper über die Schulter. „Ich bringe ihn hier weg“, beteuerte er und verschwand.
„Schnell!“ Diriri eilte hinaus.
Doch anstatt ihr zu folgen, starrte Roven auf den Punkt, an dem der Halbgott eben noch gestanden hatte und versuchte, seine Worte zu verstehen. Es ergab keinen Sinn. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass er ein mulmiges Gefühl bekam. Würde etwas schief gehen?
„Komm schon!“, hörte er die Tibeterin rufen und riss sich aus seinen Gedanken.
Ju stemmte seinen nackten Fuß auf den Brustkorb eines am Boden liegenden Taryk und führte die Klinge sauber durch den Hals. Das Zappeln ebbte damit ab. Er wich einem Langschwert aus, das über seinen Kopf hinwegsauste, brachte den Angreifer zu Fall und beendete auch dieses Dasein.
Obwohl der Tibeter wusste, dass Assora nur darauf wartete, alle Akkadier niederzumetzeln, würde er den Kampf gegen das Ungetüm aufnehmen. Er hatte den anderen nichts von Danica gesagt. Wenn Jafar das wüsste, würde er das Gemach der Königin zwangsläufig stürmen und sie alle in Gefahr bringen.
Mit einem mentalen Stoß ließ er drei Seelenreißer nach hinten torkeln, nahm sich den Angreifer hinter ihm vor und danach wieder die vorderen. Er konnte dieses Spiel ewig so weitertreiben. Auch Jafar und Alejandro hatten ihren Spaß. Doch inständig hoffte Ju, dass Diriri bald zu ihnen stoßen würde. Dann könnten sie die Eisentore am Ende dieses Flures endlich stürmen. Dann hätten sie vielleicht eine Chance.
Und als hätte die Königin seine Gedanken gehört, glitten die Tore plötzlich auf. Gift strömte die vereisten Wege entlang und ließ die Taryk in ihrem Kampf innehalten. Einer nach dem anderen machte kehrt und verschwand. Noch bevor Ju eine Entscheidung treffen konnte, rannte Jafar auf das Tor zu und folgte der Einladung Assoras. Ju und Alejandro blieb nichts übrig, als ihm zu folgen. Der Tibeter warf einen letzten Blick nach hinten, doch von Diriri war keine Spur.
Beeil dich!
Wir kommen!, antwortete sie.
Als er in die Halle der Königin einbog, musste er abrupt stehen bleiben, ebenso wie Jafar wenige Meter vor ihm. Der Gestank überwältigte sie alle, zerrte an der Vernunft jedes Einzelnen und brachte die Iriden augenblicklich zum Glühen. Jafar schnaubte wild vor Wut, und Ju bezweifelte, dass der Araber sich noch lange zurückhalten konnte.
Assora erschien in ihrer menschlichen Form, sofern man dieses Biest als menschlich bezeichnen konnte. Sie saß auf einem schwarzen Thron und blickte auf die Eindringlinge hinab. Weißes Haar waberte wie tausend Schlangen um ihr Haupt herum. Den sterblich wirkenden Körper umhüllten kettenähnliche Stränge. Assoras Haut besaß eine blasse Färbung, doch darunter schimmerte das dunkle Gift in den Adern. Als würde Teer in ihnen fließen, erschienen die Augen komplett schwarz, ähnlich denen eines Hais.
Doch das alles nahm der Tibeter nur schwach wahr. Denn ihre Aura brodelte durch die ganze Halle und trübte die Sinne jedes Akkadiers. Allein die Kälte um sie herum verlangsamte die Reaktion und die nahende Verwandlung jedes Unsterblichen. In der Nähe einer dunklen Königin war es die Bestie, die sich Platz im Körper verschaffte und das Kommando übernahm.
Jus Ohren schmerzten, als Assora das Wort an sie richtete. Sie betonte die Silben anders, als es Menschen taten. So als ob sie die Sprache gerade erst erlernt hatte.
„Was glaubt ihr, wer ihr seid? Einfach in mein Reich einzudringen.“
Wenn es ihr Äußeres noch nicht geschafft hatte, die Bestien zu reizen, so tat es spätestens ihre Stimme. Blut
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