SEELENGOLD - Die Chroniken der Akkadier (Gesamtausgabe)
Akkadia zu werden, damit sie zu Roven zurückkehren konnte.
„Selene. Du bildest dir nichts ein. Ich weiß, wie sehr du ihn liebst. Und solltest du dich gegen diese Chance entscheiden, wird Roven dir folgen – wie ein Gefährte.“
Was? In den Tod? Nein, das darf er nicht!
„Sag einfach ja, meine Süße. Lass mich dich retten! Werde Teil von uns!“
Wenn Selene tatsächlich dafür vorherbestimmt war, dann stellten die Tage mit Roven nicht ihr Ende dar, sondern den Anfang.
Ja.
Alles, was folgte, verdrängte sie noch immer – die Schmerzen, die Angst, die Verzweiflung.
Bis zu dem Moment, als sie mit ihrer Bestie eins wurde. Ein goldenes Band wob sich in ihrem Inneren. Dieses Tier vervollständigte Selene. Und sein Herz schickte mit jedem Schlag die Freiheit zurück in ihren Körper. Eine Erfahrung, die ihr derart viel Kraft schenkte, dass all die Schmerzen im Hintergrund verschwanden.
Naham war wunderschön. Ob jeder Akkadier für seine Bestie so viel Verehrung empfand?
Selenes besaß ein blaugrünes, irisierendes Haarkleid, das von tausenden Goldpartikeln durchzogen wurde. Ihre Mähne war kürzer als die von Rovens Löwen. Doch die Muskeln und die Kraft standen seinem in nichts nach.
„Du hast gewusst, dass ich sterben würde?“, stellte sie ihre Freundin zur Rede, als sie die Außenmauer von Enûma durchschritten.
Sie spazierten über die Brücken und Selene versuchte, all die Schönheit des Götterreiches in sich aufzunehmen. Doch sie sehnte sich nach Roven und wollte ihn endlich wiedersehen.
„Selene. Es tut mir leid. Ich habe dich belogen. Aber meine Freundschaft und meine Liebe zu dir waren immer echt. Das Schicksal hatte diesen Weg für dich vorgesehen. Ich wusste nicht, ob du die Tortur bewältigen würdest, wenn du nicht wüsstest, welcher Gefährte auf dich wartet. Und nachdem ich dich kennengelernt hatte, wollte ich unbedingt, dass du ein Teil von uns wirst.“
Julia – nein – Jolina hatte sie in ihrer Entscheidung beeinflusst, hatte ihre Freundschaft aus einem bestimmten Grund begonnen. Um Selene auf ihren Weg zu leiten. Doch trotz allem musste sie ihrer Freundin danken. Denn ein Leben ohne sie oder Roven wäre keines.
„Ich hab dich lieb“, sagte sie, überdrüssig all der Schmerzen und bereit, endlich glücklich zu werden.
„Oh, meine Süße. Ich hab dich auch sehr lieb!“ Jolina nahm sie in die Arme. Es fühlte sich anders an als früher – kraftvoller und tiefer.
Nach vielen Tagen, in denen Selene den Umgang mit der Bestie trainierte, verkündete Jolina, dass sie zurück dürfe. Und sie müsste, denn Roven wäre dem Abgrund nahe.
Und was für ein Abgrund! , dachte Selene.
Nicht einmal der Tod hatte ihr einen derartigen Schock versetzt.
Roven hatte reglos auf dem Erdboden gelegen. Vor ihm ein Taryk, der mit seinem Schwert zum tödlichen Schlag ausholte.
Selene hatte gelernt, Naham zu kontrollieren, hatte sich in Enûma behauptet. Doch in diesem Moment rief ihre Angst um Roven das Tier im Inneren herbei. Sie spürte die Kraft durch ihre Adern strömen, bis Naham ihr Sichtfeld mit einem weißen Glanz belegte und die Klauen an ihren Händen in den Kampf schickte.
Die Akkadia hatte nicht überlegen müssen. Ihre Instinkte leiteten sie, nahmen ihr die Angst vor den dunklen Gestalten und führten die Klauen der Bestie in einer einzigen schwungvollen Bewegung durch die Hälse der Feinde. Als sie zum Stehen gekommen war, hatte Selene einen Moment gebraucht, um zu verarbeiten, dass sie soeben getötet hatte.
Zusammen mit ihrem Tier würde sie sich jeder Herausforderung stellen. Das hatte sie in diesem ersten Kampf begriffen. Doch ohne Roven würde all das keinen Sinn ergeben. Ohne ihn wäre sie verloren.
Selene betrachtete sein eingefallenes Gesicht und überlegte, ob er träumte. Sie streichelte die raue Wange und schmiegte ihren Kopf an seine Brust.
Roven hatte die schneebedeckten Weiten Schottlands nach ihr abgesucht, bis er dieses Loch erreicht hatte. Der Akkadier stand am Abgrund und überlegte, ob er springen müsste. Ob das der Schlüssel wäre, um sie zu finden.
Seine Vorstellung vom Himmel über Enûma hatte er verworfen. Er war gestorben und ihr dennoch nicht gefolgt. Wie oft sollte er sich dem Tod noch ausliefern, um Selene endlich wiederzusehen?
Komm zurück zu mir! Ein warmer Hauch durchzog die Winterkälte.
Roven drehte sich um und stand einer atemberaubenden Bestie gegenüber. Obwohl er sie nicht kannte, fühlte er sich wohl in ihrer Nähe. Plötzlich
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