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Seelengrab (German Edition)

Seelengrab (German Edition)

Titel: Seelengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Buranaseda
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ist von ganz allein untergegangen. Erst bis zu den Schultern, dann der ganze Kopf. Haben nur herumgealbert. Hab sie wieder nach oben geholt. Dann hat sie angefangen zu flennen. Ehrenwort. Wollte sie nicht erschrecken. Nur ein bisschen. Warum glaubt mir niemand? Ich habe nichts getan. Gar nichts getan! Ich will nicht zurück ins Wasser. Die Steine unter meinen Füßen tun mir weh. Kann nicht so schnell. Jetzt bin ich hingefallen. Werde sofort wieder hochgezogen und muss weiter. Immer weiter. Ich hab Angst. Wenn ich erst im Tiefen bin, komm ich alleine nicht mehr hoch. Bin schon mal zu weit gelaufen und hab ’ne Menge Wasser geschluckt. Wenn mich niemand gesehen hätte, wäre ich ertrunken. Aber jetzt ist es zu spät. Die Wellen greifen schon nach mir. Ziehen mich vom Ufer weg. Ich schlage wild um mich. Bekomme eine Ohrfeige und werde weiter am Arm gerissen. Ich schrei und bettel, aber niemand interessiert sich für mich. Plötzlich bekomme ich einen Stoß in den Rücken. Meine Knie knicken ein. Ich schnappe nach Luft. Dann geh ich unter, bekomme Wasser in Mund und Nase. Eine Hand tastet nach mir. Sie legt sich auf meinen Kopf wie ein Schraubstock und drückt mich nach unten. Ich halte den Atem an. Meine Augen brennen. Alles ist verschwommen. Ich ruder mit den Armen. Meine Hände kommen nach oben. Dann krieg ich für einen Augenblick Luft. Ich huste und keuche. Die Haare kleben mir im Gesicht. Im nächsten Moment tauch ich wieder unter. Ich atme heftig aus und habe Panik vor dem nächsten Atemzug. Meine Finger berühren die glatten Kiesel auf dem Grund. Das Blut rauscht in meinen Ohren. Mein Herz schlägt ganz schnell. Gleich verlier ich die Kraft. Gleich kann ich mich nicht mehr gegen die Hand wehren, die mich festhält. Ich sträube mich gegen das Wasser, aber ich kann nicht länger die Luft anhalten. Mir wird schwarz vor Augen. Ich zucke ein letztes Mal, dann ist es vorbei.

31
    Die beiden Belgischen Schäferhunde sprangen jaulend mit den Vorderpfoten gegen die Gitterstäbe ihrer Transportboxen. Die Tiere waren bis in die Schwanzspitzen elektrisiert und konnten es kaum erwarten, mit der Suche zu beginnen. Eine hochgewachsene schlanke junge Frau in einer olivfarbenen Polizeiuniform hatte die Heckklappe ihres Einsatzfahrzeugs geöffnet und redete beruhigend auf die Hunde ein. Die Diensthundeführerin trug ihre blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihre Cargohose mit seitlich aufgesetzten Beintaschen steckte in schwarzen Springerstiefeln. Als die Beamtin vor die Boxen trat und den Karabiner der Leine von ihrem Gürtel löste, ging das Jaulen der Schäferhunde in ein heiseres Bellen über.
    „Als Kind bin ich mal von einem Hund gebissen worden“, sagte Kirchhoff beiläufig.
    Die Rheinpromenade war weiträumiger abgesperrt als in der Nacht zu Aschermittwoch. Hirschfeld und Kirchhoff standen etwas abseits der äußeren Absperrung und beobachteten das Geschehen aus der Ferne. Das gegenüberliegende Rheinufer lag in dichtem Nebel und war nur schemenhaft zu erkennen. Im Vergleich zu den Vortagen war es deutlich kälter geworden. Die Außentemperatur war unter null gesunken. Der Wind pfiff ihnen eisig um die Köpfe und ließ sie erbärmlich frieren.
    „Was ist passiert?“, erkundigte sich Hirschfeld und rieb die Handflächen aneinander. Bei dieser Kälte musste er sich schnellstens ein Paar Handschuhe zulegen.
    „Ich bin seinem Lieblingsspielzeug offenbar zu nahe gekommen. Und bevor ich die Hand zurückziehen konnte, hatte er mich schon am Zeigefinger erwischt.“
    „Autsch.“
    „Das kannst du laut sagen“, entgegnete Kirchhoff und trat von einem Bein aufs andere. „Seitdem mache ich einen großen Bogen um Hunde.“
    „Welcher Rasse hast du dieses Trauma zu verdanken?“, erkundigte sich Hirschfeld und sah zu, wie die Diensthundeführerin die linke Box öffnete und den Belgischen Schäferhund an die Leine legte. Mit einem großen Satz sprang das Tier auf den gefrorenen Boden. Die Muskeln spannten sich unter dem kurzen falbfarbenen Fell. Größe und Statur nach zu urteilen, handelte es sich um einen ausgewachsenen Rüden.
    „Einem Zwergpudel.“
    „Einem Zwergpudel?“, fragte Hirschfeld und konnte nicht verhindern, dass sich der Anflug eines Lächelns um seine Mundwinkel legte. „Muss eine ganz schöne Fleischwunde gewesen sein.“
    „In der Tat“, erwiderte Kirchhoff und ignorierte Hirschfelds ironischen Unterton geflissentlich. „Die Wunde musste anschließend genäht werden. Die Narbe ist

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