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Seelengrab (German Edition)

Seelengrab (German Edition)

Titel: Seelengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Buranaseda
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das Violent Crime Linkage Analysis System zum Erkennen von Tatzusammenhängen und Serienstraftaten, ein und rief die Suchfunktion auf. Die Mordkommission hatte die Datenbank bereits kurz nach dem Auffinden von Susanne Bachs Leiche mit den wichtigsten Merkmalen der Tötung und Auffindesituation gespeist. Doch der Abgleich der Daten hatte keinen Treffer ergeben. Seit dem gestrigen Abend hatte sich die Sachlage verändert. Hirschfeld gab den Jesus-Anhänger als Suchbegriff ein. Er probierte verschiedene Varianten aus, fand jedoch keine Übereinstimmung. Enttäuschung stieg in Hirschfeld auf. Konnte er sich in diesem Punkt derart geirrt haben? Resigniert verließ er das Programm und nahm einen Schluck Kaffee, der inzwischen kalt geworden war. Hirschfeld verzog das Gesicht und schob den Kaffeebecher von sich. Dann versuchte er es mit der Vermisstendatenbank, da nicht alle ungeklärten Fälle in ViCLAS eingepflegt wurden. Nach einer Viertelstunde blickte er wie elektrisiert auf den Bildschirm. Er las die Anzeige ein zweites Mal. Und dabei übertraf jedes einzelne Wort seine schlimmsten Befürchtungen.

28
    Liege auf dem Rücken und gucke die Decke an. Sie haben mich wieder eingesperrt. Stubenarrest, weil ich nicht brav gewesen bin. Bewege meine Zehen, drücke sie gegen das Fußende vom Bett. Immer wieder. Hole tief Luft. Kann nicht länger still liegen. Setz mich auf und lass die Beine baumeln. Ist noch nicht lange her, dass sie die Tür abgeschlossen haben. Beim letzten Mal war es dunkel, als sie mich wieder rausgelassen haben.
    Steh auf und lauf zum Fenster. Kann grad über den Rand sehen. Die Sonne hat sich versteckt. Mir ist langweilig. Will raus hier. Schau mich im Schlafsaal um und entdecke einen Hocker. Geh hin und roll ihn wie einen großen Käse. Immer weiter, bis unters Fenster. Stell mich obendrauf. Er wackelt ein bisschen, als ich das Fenster öffne. Es geht ganz leicht. Dann stütz ich das Knie auf und zieh mich hoch. Halt mich am Rahmen fest und streck das andere Bein vorsichtig nach draußen. Taste mit der Schuhspitze und finde Halt. Als ich runtergucke, wird mir ganz schwindelig. Der Boden ist so weit unten. Mein Herz schlägt schneller, aber ich kletter trotzdem ganz raus. Jetzt steh ich auf der Dachrinne. Der Wind bläst mir ins Gesicht. Ganz langsam beweg ich den rechten Fuß und zieh den linken nach. Schritt für Schritt. Klammer mich an die Dachziegel. Gleich hab ich die Luke erreicht. Vier. Fünf. Sechs. Schon greif ich nach dem Fenster und drück es nach oben. Stell mich auf die Zehenspitzen und stemm mich mit aller Kraft hoch. Beug mich nach vorn und lass mich fallen. Es kracht, als ich auf dem Boden lande. Bleib ganz still liegen und lausche. Niemand darf mich hier finden. Der alte Dachboden ist mein Geheimnis. War schon oft hier oben. Rappel mich auf und streife durch den Speicher. In einer Ecke stehen viele alte Kartons. Ich fang an, hier und da einen Deckel zu öffnen. Nach einer Weile find ich in einer Kiste eine Streichholzschachtel. Ich schüttel sie. Es rappelt. Ich schieb die Box auf: Vier Hölzer sind noch drin. Fahre mit dem Zeigefinger über die roten Köpfe. Neben mir liegt eine dreckige Matratze. In der Mitte ist ein Loch. Wolle schaut oben raus. Ich nehm ein Streichholz und ratsche es über die raue Fläche. Eine gelbe Flamme schießt nach oben. Ich werf das Hölzchen auf die Matratze. Mittendrauf. Seh zu, wie alles anfängt zu brennen. Es wird ganz schnell heiß. Die Flammen tanzen und laufen über den Stoff. Und dicker Qualm steigt nach oben. Ich muss husten und renn zurück zum Fenster. Bis jemand das Feuer entdeckt, bin ich wieder in meinem Bett.

29
    Hirschfeld riss die Tür seines Büros auf und stieß beinahe mit Achim Noack zusammen. Der Leiter des KK 11 war wie immer mit einem Kaffee in der Hand auf dem Flur des Kommissariats unterwegs. Noack hatte einen Schritt zur Seite gemacht und dabei etwas verschüttet.
    „Tut mir leid“, sagte Hirschfeld im Vorbeigehen.
    „Du hast es aber eilig“, rief Noack ihm hinterher.
    „Ja, ich bin im Fall Bach gerade auf etwas gestoßen“, erwiderte Hirschfeld, der bereits an die Tür des Besprechungsraums klopfte.
    „Lass dich nicht von mir aufhalten“, entgegnete Noack und versuchte, den Kaffeefleck mit dem Fuß wegzuwischen.
    Hirschfeld nickte und trat ein.
    Die Gespräche, die eben noch durch die Tür zu hören waren, verstummten. Alle blickten zu Hirschfeld.
    „Heute mal ausgeschlafen, Lutz?“, nahm Christian Hellmann den

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