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Seelenhüter

Seelenhüter

Titel: Seelenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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Freund lächelte ihm zu.
    »Es gibt eine goldene Fee – erinnerst du dich an sie?«
    »Aber die hast du doch erfunden.«
    »Ich dachte, ich hätte sie erfunden, aber sie war tatsächlich real. Ich werde es dir beweisen.«
    Pincher schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück.
    »Es ist in Ordnung. Ruf sie. Sie wird dich durch eine magische Tür führen und zu deinem Vater bringen.«
    Der Junge begann zu zittern.
    »Es ist kein Trick«, sagte Calder. »Versprochen.«
    »Was, wenn es mir auf der anderen Seite der Tür nicht gefällt?«, fragte der Junge.
    Calder wusste, dass das unmöglich war, aber er machte Pincher ein Angebot. »Binde dir ein Seil um die Hüfte. Wenn es dir drüben nicht gefällt, ziehst du daran, und ich hole dich zurück, einverstanden?«
    Pincher lächelte, doch seine Finger zitterten, als er sich das Seil umband und Calder das lose Ende reichte, das dieser seltsamerweise tatsächlich in der Hand spürte.
    »Weißt du noch, wie sie ausgesehen hat?«, fragte Calder.
    »Weißes Kleid und goldenes Haar«, erwiderte Pincher.
    »Ruf sie.«
    Pincher stand unbeweglich da, suchte die Luft um ihn herum ab.
    »Bitte sie, dich zu deiner Familie zu bringen«, flüsterte Calder.
    »Bitte, Miss.« Pinchers Stimme war leise und furchtsam. »Hol mich und bring mich zu meinem Pa.«
    Ein schwaches Licht erschien über dem Kopf des Jungen, gefolgt von drei schimmernden Stufen, über die eine Seelenhüterin mit lächelnden Augen in einem schneeweißen Kleid und mit Haaren so gelb wie Honig herabstieg. Sie reichte dem Jungen die Hand.
    Calder hätte so gern mit ihr gesprochen, sie um Hilfe gebeten oder sie eine Nachricht an den Captain überbringen lassen, doch er fürchtete, Pincher zu verschrecken. Einen Moment lang dachte er, der Junge hätte zu viel Angst, doch dann nahm er ihre Hand, beugte sich nach vorn und presste das Gesicht in ihr Kleid. So ließ er sich von ihr die Stufen zur Passage hochführen.
    »Auf Wiedersehen«, flüsterte Calder.
    Er hielt das Seilende fest, auch wenn Pincher es nicht mehr brauchte. Zu seiner Überraschung zog jedoch jemand fest an dem Seil. Die Tür war verschwunden, und das Meer wirbelte ihn herum. Das Seil, das ihn mit Pincher verband, war nun seine Verbindung zum Schiff. Er hielt es mit beiden Händen fest und öffnete die Augen in den dunklen Wogen. Er meinte, in weiter Entfernung Schreie zu hören, irgendwo über ihm.
    Dunkle Hände durchbrachen die Oberfläche, weit über ihm, zu weit, um danach zu greifen. Unter sich glaubte er bleiche Gesichter zu sehen, riesige Fische, die männliche und weibliche Gesichter hatten und langsam auf ihn zutrieben. Er packte das Seil fester und versuchte, am glitschigen Rumpf der
Comhartha
hinaufzuklettern.
    Wie ein Leuchtturm stieß ein Arm in das Meer, so weiß und strahlend wie der eines Engels. Eine kleine, leuchtende Hand, die Finger weit gespreizt. Calder jagte die Vorstellung Angst ein, dass Ana nach ihm suchte und dabei den Puder abwusch, der sie vor dem Brennen bewahrte. Er zog sich an dem Seil empor und starrte auf die Hand, berührte sie jedoch nicht, aus Angst, ihr Schmerzen zuzufügen. Da packten vier dunkle Hände das Seil, seinen Arm, sein Hemd. Unter großem Kraftaufwand zogen Tomas und Luke Calder über die Reling der
Comhartha
an Deck. Schwer atmend und tropfnass saßen sie neben ihm. Ana lehnte am Steven und starrte den Seelenhüter zitternd an. Nicht nur ihre Hände und Arme, sondern auch ihr Gesicht und ihr Hals waren nass und strahlten. Tomas, Luke und Finn warfen dem glühenden Mädchen einen Blick zu, stellten aber keine Fragen oder zeigten Zeichen von Angst.
    Calder rappelte sich auf und fing sie auf, als sie zu schwanken begann. Einen Moment lang hielten sie sich fest. »Du solltest keine Angst um mich haben«, flüsterte er. »Du weißt doch, dass ich nicht ertrinken kann.«
    Als ob Finn irgendwie spürte, dass Pincher vor gar nicht langer Zeit noch hier gewesen war, holte er tief Luft und sagte: »Ich erinnere mich jetzt.«
    Er tanzte einen Jig auf der Palastmauer,
    Auf dem London Tower,
    Doch als er dem Teufel die Stiefel stahl,
    War das Duggans größte Tat.
    Die Ballade hatte sich kaum verändert, seit Calder sie auf den Küstenstraßen gesungen und dafür Geld in einem vor ihm ausgebreiteten Taschentuch gesammelt hatte.
    Als er Ana unter Deck half, holte Tomas zwei Decken und ließ sie allein. Alexis schlief immer noch in seinem offenen Sarg. Über ihnen hörten sie Finns Stimme:
    Er hüpfte ein wenig

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