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Seelenhüter

Seelenhüter

Titel: Seelenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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»Jetzt ist uns der Himmel verwehrt.«
    »Du hast deine Schuld bezahlt«, protestierte Alexis. »Du hast die
Comhartha
gefunden, dein Zeichen von Gott, und du bist einmal um die Welt gereist.«
    Die Erkenntnis traf Calder wie eine Lanze, und er hatte Mühe, sich zu beherrschen.
    »Was ist?«, fragte Ana ängstlich. »Hast du Schmerzen.«
    Er hätte alles getan, um in diesem Moment stark zu sein, für sie. Er wollte ihr Führer sein, ihr Held, stattdessen fiel er auf die Knie. Er hörte, wie Ana und Alexis sprachen, fühlte ihre Hände auf Kopf und Rücken. Er schlug mit der Faust auf den Boden, um seinen Körper wieder unter Kontrolle zu bringen, doch vergeblich. Offen begann er vor den Kindern zu weinen, hilflos und verzweifelt.
    »Unternimm etwas!«, sagte Alexis panisch zu Ana.
    Er wusste, es war das Schlimmste, was er tun konnte, doch er trauerte zu ihren Füßen – die Qualen der langen Reise, sein erster kurzer Gang auf Erden als Mensch, gestrandet genau vor der Passage. Sie hatten keine Kraft mehr, und er hatte sie im Stich gelassen.
    Ana kniete sich hin, nahm ihn in den Arm und sagte: »Wir sind immer noch aus einem bestimmten Grund hier.«
    Er hörte auf zu weinen. »Ich weiß nicht, was ich noch tun kann, um euch zu schützen.«
    »Wir brauchen keine Schlüssel und Zeichen«, sagte Ana.
    »Was denn dann?«, fragte ihr Bruder.
    Sie antwortete ihm, blickte jedoch Calder dabei in die Augen. »Wir brauchen uns«, sagte sie. »Wir können nur denen helfen, an die wir herankommen.« Sie bot Calder ihre Hand, und als er sie ergriff, hielt sie ihn ganz fest. »Wir können nur auf das Gute hoffen, das wir genau hier tun können, jetzt.« Die aufgehende Sonne strahlte durch ihr kurzes, zerzaustes Haar, das von innen her zu leuchten schien.
    »Schaut!« Alexis war schon auf den Beinen, bevor Calder den Rauch sah oder die Schreie hörte.
    Der Junge rannte schneller zur Straße, als Calder es für möglich gehalten hätte, weg vom Haus zur besonderen Verwendung, auf eine hoch aufragende schwarze Säule zu.
    »Warte!« Er rannte zusammen mit Ana dem Jungen nach.
Sie haben es getan,
dachte er.
Die Verlorenen haben eine Öffnung aus ihrer Welt in diese hier geschaffen, und Alexis läuft ihnen ins offene Maul.

[home]
    Teil  VI
    Die Wiedergutmachung
    35.
    Z uerst dachte Calder bei dem scharfen Knall an eine Axt, die auf einen Hauklotz trifft, doch der zweite Knall war sicher ein Schuss. Er kam aus einem Bauernhaus, das etwa hundert Meter den Hügel hinauf entfernt stand. Das Haus – einst ein beeindruckendes Gebäude im alten Stil – aus groben Holzstämmen und einem abgeschrägten Schindeldach hatte nur noch drei intakte Wände. Anstelle der Vordertür klaffte ein riesiges Loch in der Mauer. Das Dach brannte. Calder rannte an einer grauen Stute vorbei, deren Zügel an einem Stützbalken befestigt waren. Das Tier wieherte, galoppierte unruhig umher und rollte die Augen vor Angst.
    Er schlitterte über den schmutzigen Boden, als er zum Stehen kam. Es war kein Dämonenangriff, vielmehr waren Menschen dafür verantwortlich. Zwei Soldaten traten fluchend auf einen Körper ein. Calder warf sich über den kleinen Mann, der sein Gesicht vor den Tritten zu schützen versuchte. Einer der Soldaten trat Calder mit voller Wucht in die Brust, doch der klemmte den Stiefel mit dem Arm ein und riss den Mann nieder.
    Überall standen Zivilisten, Männer und Frauen, die sich mit Werkzeug bewaffnet hatten, ebenso wie Soldaten mit Pistolen und Gewehren im Anschlag. Die Soldaten waren in der Unterzahl, doch sie verfügten über die einzigen Feuerwaffen. Wie in Zeitlupe zielte einer von ihnen mit dem Gewehr auf Calder und feuerte. Die Kugel durchschlug seine Brust, der Aufprall schleuderte ihn zurück, der Schmerz verwirrte ihn für einen Moment. Erst dann erkannte er, dass der Mann auf dem Boden hinter ihm von derselben Kugel, die ihn gerade durchschlagen hatte, in die Schulter getroffen worden war.
    Calder stürzte sich auf den Soldaten, als ob dieser Pincher getötet hätte, riss ihm das Gewehr aus der Hand und warf es auf den Boden. Ab da versank alles im Chaos. Manches nahm Calder ganz deutlich wahr: wie einer der Zivilisten das Gewehr aufhob und ein anderer das eiserne Spaltmesser eines Holzfällers. Er warf es in die Luft und fing es am Griff wieder auf. Ein Soldat zerschoss die Leiter zum Dachboden, um eine Frau am Hochklettern zu hindern. Viele andere Geräusche und Bewegungen verschwammen.
    Der Seelenhüter stürzte sich auf

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