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Seelenhüter

Seelenhüter

Titel: Seelenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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bei ihm ein, als sie in den Park gingen. Die Wege waren geräumt, dennoch hatte sie ihre zarten weißen Schuhe gegen robustere braune ausgetauscht.
    Vielleicht lag es an Calders Gemütszustand, doch der Garten wirkte auf ihn irgendwie traurig, als ob noch etwas anderes als Winter oder Krieg ihn in den Klauen hielte. Er hatte den nagenden Eindruck, dass er selbst einen schlechten Einfluss auf die Szenerie ausübte. Der Park sah aus, als ob er entweder noch nicht vollständig angelegt worden sei, oder wie ein Ort, der ausgemerzt worden war, ein Gemälde, das der Künstler weiß übermalt hatte, um noch einmal von vorn beginnen zu können. Beide Vorstellungen machten Calder nervös, denn sie kündeten von einer grundlegenden Unstimmigkeit, als ob seine Anwesenheit eine Wolke über alles gelegt hätte.
    Als ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke brach und alles mit Gold überzog, dachte Calder zuerst, Gott schickte ihm ein Zeichen der Hoffnung, bis er feststellte, das jeder Schatten um ihn herum nach Osten zeigte.
    Bis auf seinen.

8.
    A uf den zweiten Blick sah er, dass er zwei Schatten warf, einen gehorsamen und einen ungezähmten. Calders rebellischer Schatten deutete nach Süden, zuckte über den Schnee wie dunkler Dampf und vereinigte sich schließlich mit seinem Zwilling im Osten.
    Der Seelenhüter versuchte, Alexandra zuzuhören, doch jedes Aufblitzen von Licht und jedes Zittern eines Busches brachte ihn aus der Fassung.
    Die Zarin sprach von den Dingen, die sie beunruhigten, ein endloser Strom von Gedanken und unbekannten Namen. Überall im Land fanden Proteste statt, der Krieg steuerte auf eine Niederlage zu, viele Beamte waren nicht vertrauenswürdig. Calder wollte ihr sein Mitgefühl ausdrücken, wurde jedoch abgelenkt.
    »Ich habe ihn ersetzt, wie Ihr es vorgeschlagen habt«, fuhr sie fort.
    »Wie bitte?« Calder hatte vergessen, dass sie mit Rasputin sprach.
    »War das nicht richtig?«, fragte sie.
    »Das spielt keine Rolle«, erklärte er.
    Sie blieb unter einem Spalier stehen. »Noch letzte Woche habt Ihr gesagt …«
    »Ich meine …« Er hatte sie nicht unterbrechen wollen. »Was Ihr getan habt, ist perfekt.«
    Dies schien sie zu besänftigen, denn sie nahm wieder seinen Arm und hielt ihn fest. »Ich wünschte, ich hätte einen Tag, an dem die Welt vollkommen in Ordnung wäre.« Als sie ihren Weg fortsetzten, glitt der stumme Schatten eines kahlen Baumes über ihr Gesicht wie ein Spitzenschleier, der zurückgeschlagen wird.
    »Lasst uns eine Pause am Feuer einlegen«, sagte sie. »Meine Knochen schmerzen.«
    Tee, Gebäck und Sandwiches waren auf einem Beistelltisch angerichtet, als sie zurück ins Wohnzimmer kamen, und ein Feuer prasselte im Kamin. Alexandra bedeutete ihm, neben ihr auf der Chaiselongue Platz zu nehmen.
    »Nun sagt, habt Ihr heute eine Nachricht für mich?«, verlangte sie zu wissen.
    Calder fragte sich, ob Rasputins Nachrichten von Alexis und seiner Gesundheit handelten.
    »Es tut mir leid, wenn Euer militärischer Rat in letzter Zeit unwillkommen erschien«, fügte sie hinzu und schenkte den Tee ein.
    Calder stutzte. Rasputin wirkte nicht wie jemand, der in Kriegsangelegenheiten beriet. »Was war noch mal die letzte Nachricht, die ich Euch überbracht habe?« Sofort wünschte er sich, er hätte eine bessere Formulierung verwendet, doch Alexandra antwortete, ohne zu zögern.
    »Meint Ihr die Übertragung der Vollmacht an das Innenministerium?«
    Calder nahm einen Schluck Tee, der ihn zwar wärmte, aber nicht beruhigte. Er wollte dieser Unterhaltung dringend entkommen. »Ich werde dazu beten.« Er stellte die Tasse auf die zerbrechliche Untertasse, erhob sich und verbeugte sich vor ihr. »Ich muss mich entschuldigen«, sagte er. »Vergebt mir bitte.«
    »Werdet Ihr morgen wiederkommen?«, fragte sie.
    »Natürlich«, erwiderte Calder, auch wenn er nicht glaubte, am nächsten Tag noch in der Welt der Lebenden zu sein. Seine Manieren waren unzweifelhaft ungehobelt, doch er musste dringend allein sein, um noch einmal Rasputins Geist und eine Tür heraufzubeschwören.
    Bevor er das Gebäude verlassen konnte, stellte sich ihm Ana in den Weg.
    »Ich muss mit Ihnen reden«, erklärte sie in bestimmtem Tonfall. Nach einem Moment des Bedenkens fügte sie noch ein »Bitte« hinzu. Sie war so plötzlich aus den Schatten aufgetaucht, dass sie sich versteckt und auf ihn gewartet haben musste.
    »Sehr wohl.« Er setzte eine hoffentlich ehrwürdige Miene auf, aber innerlich zitterte er vor Angst vor

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