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Seelenhüter

Seelenhüter

Titel: Seelenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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wird dich jetzt in Sicherheit bringen.«
    Angst ließ den Jungen erbleichen. »Wie bitte?«
    »Alles wird gut, mein Liebling.« Alexandra umarmte ihn. »Wir haben keine Zeit, um zu diskutieren.«
    Plötzlich wurde Calder von zwei Wachen niedergeschlagen und rückwärts von dem Jungen und seiner Mutter weggeschleift. Er sah gerade noch, wie Alexis sich wieder in den Rollstuhl setzte und Alexandra den Schlüssel unter dem Hemd ihres Sohnes versteckte.
    Sie drängten den Seelenhüter eine Treppe hinunter in einen kleinen Raum, wo zwei Wachen ihren Vorgesetzten bereits unterrichteten. Der Mann saß hinter einem Tisch, vor ihm lagen Pistolen wie Fische auf dem Markt ausgebreitet.
    »Das hier ist die Rettungstruppe?« Der Kommandant war sichtlich überrascht bei Calders Anblick. »Dieser alte Sack, der nur mit dem Dreck unter seinen Fingernägeln bewaffnet ist?« Der Mann war dünn, sein Gesicht von tiefen Furchen durchzogen. »Wie ist er hereingekommen?«
    »Göttliche Fügung«, antwortete Calder.
    Der Kommandant lächelte. »Wie heißt du?«
    In der Hoffnung, Unruhe damit auszulösen, antwortete Calder: »Rasputin.«
    Zu seiner Überraschung brachen der Kommandant und seine Männer in Gelächter aus. »Du bist gekommen, um den Zaren zu retten?« Der Kommandant schüttelte den Kopf. »Schafft ihn weg und beseitigt ihn.«
    Unsterblich und unverwundbar zu sein machte die Situation nicht weniger leicht als bei jedem Sterblichen. Auch wenn er sich wehrte und den Wachen zu erklären versuchte, dass er ein Engel war, ein Prophet, ein Zeichen von Gott, trugen sie ihn auf die Straße mit den Geschäften und weiter in eine Gasse zwischen zwei verbarrikadierten Läden. Die vorbeieilenden Zivilisten gaben vor, nichts zu sehen. Dann ließen sie Calder in eine Pfütze fallen und zogen sich zur Straße hin zurück.
    Der Ältere der beiden sagte: »Wir geben dir eine Chance – ich zähle bis drei.« Er zog seine Waffe.
    Der jüngere Soldat, fast noch ein Junge, gestikulierte in Richtung Rasputin, als ob er einen Vogel verscheuchen wollte. »Lauf«, sagte er hastig, seine Stimme ängstlich und angespannt.
    Calder erhob sich, rannte jedoch nicht weg.
    »Eins.« Der ältere Soldat zielte auf Calders Brust. »Zwei.«
    »Jetzt lauf schon!«, rief der Jüngere.
    Der andere feuerte, bevor er sagte: »Drei.«
    Calder fühlte einen brennenden Schmerz in seiner Brust, als er stolperte und hinfiel. Der ältere Soldat wandte sich ab, da er sich seiner Sache sicher war. Der Jüngere wartete, ob Calder wirklich liegen blieb. Als dieser sich stattdessen wieder erhob, erbleichte der Junge und rannte davon.
    * * *
    Der Seelenhüter musste unbedingt zu Alexis zurück und ihn mit zur Passage nehmen, auch wenn er noch nicht wusste, wie er das bewerkstelligen sollte. An der Mündung der Gasse wurde er von einer schwarzen Wolke aufgehalten. Zuerst dachte er, es wäre Rauch, doch sie bewegte sich eigenständig wie ein Schwarm winziger Insekten. Calder trat zurück, als ihm der Gestank nach verbranntem Haar in die Nase stieg. Als sich die Wolke auf sein Gesicht stürzte, duckte er sich nach hinten und fiel eine schmale Kellerstiege hinunter, wo er benommen vor einer mit Ketten verhangenen Tür zu liegen kam.
    Etwas bewegte sich an der Tür neben ihm, ganz dicht an seinem Kopf. Calder setzte sich auf, voller Angst vor dem Etwas, das ihm zunächst wie ein hellbrauner Käfer erschien. Er kroch rückwärts eine Stufe empor, als sich die kleine Knolle zu einer Nase verformte, gefolgt von rauhem, bärtigem Gestrüpp am Kinn und drahtigen Augenbrauen auf der breiten Stirn. Ein Gesicht erschien in der Tür, tauchte aus dem Holz auf wie eine Statue aus einem dunklen See. Vater Grigori trat hervor, zuerst sein Gesicht, dann der große Körper.
    »Ah, ich habe es geschafft.« Rasputin lachte. »Du kannst mich also sehen und hören.«
    »Ja«, antwortete Calder überrascht.
    »Es war nicht leicht. Ich versuche es seit Stunden.«
    »Wir werden bald in den Himmel zurückkehren«, sagte Calder. »Bleib bei mir.«
    »Erzähl mir von dem Schlüssel.«
    Der Seelenhüter schwieg bestürzt.
    »Du hattest ihn immer hier.« Rasputin griff durch Calders Tunika nach seiner Brust. »Öffnet er Türen zu anderen Orten?«
    Calder stieg eine Stufe höher, weg von dem Mann. Er fragte sich, von welchen anderen Orten Rasputin gehört und wer es ihm erzählt hatte.
    »Komm schon, sei nicht so selbstsüchtig. Teil dein Wissen mit uns«, sagte Rasputin. »Oder hast du den Schlüssel

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