Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
Mein Magen knurrte beinahe noch lauter aus Vorfreude auf die kleine Mahlzeit. Ich hatte das Essen in wenigen Minuten verputzt. Aber ich hatte noch immer Hunger. Ich schaute Chaff fragend an. Er schüttelte bedauernd den Kopf. Es gab nichts mehr. Jack musste lächeln.
„Das ist nicht lustig!“, maulte ich beleidigt.
Wenn ich nämlich hungrig war, wurde ich schnell wütend. Jack hob entschuldigend die Schultern und rollte die Augen. In diesem Moment stieß auch Jason zu uns. Er hatte soeben mit einem Pferdehändler über den Verkauf seiner Tiere verhandelt.
Doch seiner muffigen Miene nach zu urteilen war der Pferdehändler nicht auf Jasons Gebot eingegangen.
„Mist! Wir sollten es irgendwo anders versuchen, hier bekommen wir ja doch keine guten Pferde für unser Geld!“, erklärte Jason.
Jack stöhnte auf.
„Wieso laufen wir nicht einfach? Das geht viel schneller als die vergebliche Suche nach Pferden!“, rief er genervt.
„Weil meine Füße verdammt noch mal wehtun und ich keine große Lust auf eine weitere Wanderung habe! Deswegen!“, keifte Jason.
Die Stimmung war bei uns allen nicht die beste. Doch bevor ein Streit eskalierte, ging ich dazwischen.
„O.k., das reicht! Wir gehen zu der nächsten Herberge, vielleicht haben wir da ja Glück und treffen auf jemanden, der seine Pferde loswerden will!“
Chaff nickte. Auch die anderen beiden schienen damit einverstanden. Also machten wir uns auf den Weg zur nächsten Herberge. Und ich sollte recht behalten.
Dort angekommen, liefen wir einer Händlertruppe über den Weg, die ihre Pferde für einen angemessenen Preis an uns verkaufen würden. Während die anderen mit ihnen verhandelten, hielt ich mich im Hintergrund. Ich zog mich etwas zurück. Ich ging ein paar Schritte in die nächstgelegene Gasse hinein und lehnte mich erschöpft gegen die feuchte Steinwand. Es war dunkel, nur einige wenige Fackeln, die an der Fassade der Herberge angebracht waren, brannten und erhellten die schwarze Nacht. Ich blickte in den Himmel. Kein einziger Stern stand dort oben. Es war eine finstere Nacht. Ich musste wieder an Alec denken. Was er wohl gerade machte? Und wohin er zu gehen vermochte? Ob er ebenfalls an mich denken musste? Ich schüttelte den Kopf. Nein, hör auf, über so etwas nachzudenken! Ich war wütend auf mich selbst. Wieso konnte ich Alec nicht einfach vergessen? War es, weil er mir schon so oft das Leben gerettet hatte? Oder weil wir so etwas wie Freunde geworden waren? Ich wusste es nicht, doch die ständigen Fragen über ihn, die ich mir selbst stellte, regten mich auf. Ich wollte nicht ständig an ihn denken. Also versuchte ich mich abzulenken.
Mein Bruder. Er war noch immer in Chraz’ Gefangenschaft. Ob er überhaupt noch lebte? Natürlich lebte er noch, sagte ich mir schnell. Aber ich musste ihn trotzdem retten.
Das war meine Pflicht ihm gegenüber. Schließlich hatte er schon einmal sterben müssen meinetwegen. Das geschähe nicht noch einmal, schwor ich mir. Ich nickte bestimmt.
Doch dann fielen mir Jason, Chaff und Jack wieder ein. Sie waren hier, aber sie würden niemals mit mir nach Chrana gehen, um Michael zu retten. Dafür war ich zu wertvoll, wie sie es ausdrücken würden. Und ich sollte auf keinen Fall Chraz in die Hände fallen.
Also konnte ich auf sie nicht zählen. Sie würden nur versuchen es mir auszureden. Und womöglich gelang es ihnen auch noch, wenn ich ihnen meine Entscheidung vortrug. Dieses Risiko konnte ich nicht eingehen. Ich würde meinen Bruder retten, mit oder ohne Hilfe.
Ich lugte um die Ecke der Mauer. Die drei verhandelten noch immer mit den Pferdehändlern über einen gerechten Preis. Das war die Gelegenheit für mich. Ich ging mit dem Rücken an die Wand gepresst zur anderen Seite der Gasse. Sobald ich um die nächste Ecke bog, war jegliches Licht verschwunden, das die Nacht hätte erhellen können. Ich tastete mich an den Mauern entlang, bis ich um eine weitere Ecke bog, hinter der wieder Licht zu sehen war.
Ich rannte, ohne ein Geräusch zu machen, darauf zu. Es war die Straße, die zum Südtor hinausführte.
Laternen säumten den Wegrand und leuchteten für die Nachtwächter. Ich entdeckte diese sofort. Sie waren zu zweit und hatten sich auf leeren Kisten niedergelassen, die neben dem Tor standen. Sie lachten über irgendetwas und stießen mit den Flaschen an, die sie in den Händen hielten. Ich nahm an, dass sich darin ein alkoholisches Getränk befand. Denn die Wachmänner hatten rot gefleckte Gesichter
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