Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
Unterschied zwischen euch?“
„Das kannst du nicht!“
„Weißt du, ich habe die nette Seite an dir eigentlich sehr gern“, gab ich zu, „Aber bilde dir jetzt bloß nichts darauf ein!“, fügte ich schnell hinzu.
Alec lächelte leicht.
„Jackie, du solltest mich aber nicht mögen! Egal, ob ich nett bin oder böse! Ich bin ich, das heißt, ich bin ein Seelenjäger! Ich bin der Seelenjäger!“, erklärte er.
Ich blickte zu Boden und tat so, als würde ich mich um mein Handgelenk kümmern. Nach einer Weile hörte ich ein Reißen und schaute auf. Alec hatte einen Streifen seines Hemdes abgerissen und wickelte damit meine verstauchte Hand ein. Mit einem kleinen Ast schiente er sie.
„Danke!“, hauchte ich.
„Wir sollten weiter!“ Alec machte eine Kopfbewegung in Richtung der Brücke, zu der wir zu gelangen versuchten.
Danach sprachen wir kein Wort mehr miteinander, sondern setzten unseren Weg schweigend fort.
Seelen
Die Brücke war noch genau so, wie ich sie in Erinnerung hatte. Selbst bei dichtem Nebel sah sie genau gleich aus. Sie war breit genug, dass zehn Pferde nebeneinander hätten laufen können, und die Geländer auf beiden Seiten waren mit fremdartigen Schriftzeichen verziert, die ich in meinem ganzen Leben nirgendwo anders als hier gesehen hatte. Meine Mutter hatte mir gesagt, sie stammten von den Geistern, die die Ruinen bewachen würden. Sie hatte mir erzählt, dass Geister die reinsten Wesen auf der ganzen Welt wären und als Volk sich verpflichtet hätten, die Seelen der Verstorbenen in die andere Welt zu geleiten.
Ich hatte mir immer vorgestellt, wie ein Geist wohl aussehen mochte. Ich hatte jedoch noch nie einen mit eigenen Augen gesehen. Meine Mutter meinte, sie würden sich nur denen zeigen, die ebenso reinen Herzens seien wie sie. Als Kind wollte ich immer brav sein, um eines Tages einem Geist zu begegnen. Doch nun erschien mir das unsinnig. Ich wäre nie würdig genug, um einen von ihnen zu erblicken. Niemals.
Ich ging ganz am Rand der Brücke entlang und fuhr mit den Fingern über das geschnitzte Holz. Alec folgte mir mit gewissem Abstand.
Das Holz war feucht und rutschig, sodass ich aufpassen musste, wohin ich trat. Auf der anderen Seite angekommen, blieb ich stehen. Ich war schon so lange nicht mehr hier gewesen und das letzte Mal war ich nicht allein. Obwohl Alec bei mir war, fühlte ich mich trotzdem sehr einsam. Verlassen von den Menschen, die ich geliebt hatte.
Ich atmete tief durch und ging weiter. Gleich waren wir da. Dann hatten wir unser Ziel erreicht und es gab kein Zurück mehr.
Wenn Alec sein Versprechen brach, würden viele Seelen ihr endgültiges Ende finden. Ich bekam eine Gänsehaut bei dieser Vorstellung.
Hoffentlich erwies sich mein Vertrauen zu Alec nicht als Fehler.
Dann ließ ich die letzten Bäume hinter mir, die die Ruinen verdeckten. Nun konnte ich sie vor mir sehen. Ich blickte auf, hoch zur Spitze des alten Turmes. Alec trat hinter mich.
Vor uns lagen einige unförmige Steinbrocken und dahinter die Grundrisse einer Stadt. Sie bedeckte beinahe die gesamte Insel. Viele der Gebäude konnte man nur noch erahnen, doch manche von ihnen ragten in den Himmel und zeugten von großer Schönheit. Die Mauern waren von Moos und Kletterpflanzen überwuchert, die Formen der Fenster waren geschwungen und erinnerten an Blumen. Torbögen standen noch da, eingenommen von Kletterrosen und Winden. Das riesige Gebäude in der Mitte der anderen war beinahe noch erhalten. Nur das Dach war heruntergestürzt und einige der Wände in sich zusammengefallen. Und weiter hinten stand das schönste Gebäude der Ruinen: der Turm. Er war imposant und im Innern wand sich eine Wendeltreppe nach oben. Die gesamte Außenmauer war bedeckt mit Winden, die sich spiralförmig zum Himmel schlängelten. Jetzt im Winter blühten sie nicht, doch wenn der Frühling anbrach, übersäten weiße, trichterförmige Blüten den Turm. Ich mochte die Blüten der Winden sehr, sie waren schlicht und hatten doch eine gewisse Eleganz.
Ich steuerte direkt auf den Turm zu. Dort würden die meisten Seelen sich verstecken. Denn als wir die Brücke überquerten, hatten wir sie erschreckt. Alec folgte mir schweigend.
Vor dem Turm angekommen, ging ich zielstrebig unter dem Torbogen hindurch und begann die Treppe emporzusteigen. Oben auf der Plattform hatte man die beste Aussicht über die Insel und deren Schwesterinseln. Allerdings wehte dort auch ein eisiger Wind.
Gedankenverloren blickte ich über die
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