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Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Titel: Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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etwas wie Anteilnahme oder wenigstens Interesse
zu lesen. Aber da ist nichts. Sie scheinen meine Existenz überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen.
    Da sagt einer dieser schönen und sportlichen Jungs, der ein rotes Baseballcap trägt, zu mir:
    »He, Alter, haben sie dir den Stoff abgenommen, oder konntest du noch was in Sicherheit bringen?«
    Ich schüttle den Kopf.
    »Ach, schade. Na ja, vergessen wir’s«, resümiert er und klopft mir auf die Schulter.
    Ich bin gerade im Begriff, dem Typen eins in die Fresse zu geben, da wendet Mischa sich mir erneut zu, legt mir die Hand auf die Schulter und sagt laut, damit alle es hören:
    »Glaub mir, es gibt Leute, denen nicht alles scheißegal ist. Die sind die Basis, auf der sich alles aufbaut. Es kommt nur darauf an, diesen Leuten auch über den Weg zu laufen.«
     
    Später begleitet er mich zum Taxi. Wir verabschieden uns lange und herzlich. Als der Wagen losfährt, drehe ich mich noch einmal um und sehe, wie Mischa den Daumen in die Höhe streckt, als wolle er mir sagen: Alles wird gut.
    Während der Fahrt nach Hause sitze ich einfach nur da und zerfließe fast vor Rührseligkeit. Die Welt ist doch noch nicht völlig verdorben, denke ich, es gibt immer noch Menschen, die bereit sind, dir zu helfen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Ich bin sogar ein wenig neidisch auf Mischa, den weder Status noch Geld noch Ehrgeiz verändert oder korrumpiert haben. Gleichzeitig beneide ich mich selbst. Ein von der ganzen Welt enttäuschter Mensch trifft durch einen glücklichen Zufall auf einen anderen, einen, der eben gerade aus der New Yorker oder der Londoner Szene
angerauscht ist, um in Moskau einen Club zu eröffnen. Dabei scheint mir diese Begegnung vollkommen logisch. Oh nein, ich fange jetzt nicht an zu spinnen, ich weiß, dass Mischa nicht der Messias ist, auf den ich so lange gewartet habe. Ich fange nur an zu glauben, dass viele Dinge doch noch immer ihren Wert behalten haben, dass alles viel einfacher, vielleicht sogar ehrlicher ist, als ich immer angenommen habe.
    Seltsam, dass der einzige Mensch, der sich vielleicht in diesem Moskauer Lügengespinst zurechtfindet, aus London kommt. Ich fühle voller Dankbarkeit, dass ich endlich einen Menschen getroffen habe, auf den ich mich verlassen kann, und ich möchte mich ihm gegenüber erkenntlich zeigen, obwohl er ganz sicher nichts dergleichen von mir erwartet.
    Ich komme zu Hause an, steige aus dem Wagen und wähle die Nummer meines Freundes Vadim. Dann schaue ich auf die Uhr und bemerke, dass es besser ist, ihm eine SMS zu schicken: »Vadim, ich komme morgen früh um 10.00 zu dir ins Büro. Eine Hundertrubelsache!«
    Eine Hundertrubelsache ist unsere spezielle Parole für besonders wichtige Angelegenheiten. Ich drücke auf Senden und beeile mich, in meine Wohnung zu kommen. Ich möchte ganz schnell wieder aufwachen.

Perfect Day
    Im selben Augenblick, in dem sich die Glastüren des Geschäftszentrums vor meinen Augen auseinanderschieben, bemerke ich, wie sich von der gegenüberliegenden Wand zwei Fotografen lösen und ihre Kameras in Stellung bringen.
    Der erste Gedanke, der mir wie eine wild gewordene Wespe durchs Ohr in den Kopf schießt, ist: »Was denn, schon berühmt? So schnell?« Aber ein kurzer Blick nach links belehrt mich eines Besseren. Auf dem Empfangstresen liegen zwei äußerst knapp bekleidete Mädchen ausgestreckt. Die sind das Ziel der Kameraobjektive. Wahrscheinlich läuft hier gerade eine Fotosession für die Artikelserie »Deine neue Sekretärin« in einem der zahllosen Männermagazine. Mein Antlitz hingegen ist den Paparazzi bislang noch nicht bekannt. »Ist wohl auch besser so«, überlege ich, während ich in den Fahrstuhl steige. »Auf jeden Fall ruhiger.«
    Oben gehe ich als Erstes zum Tresen des Wachdienstes. Während mir der Passierschein ausgestellt wird, gönne ich mir den Blick aus dem 19. Stock des Büroturmes »City 2000« auf die Moskwa. Ich trete ganz nahe ans Fenster und drücke meine Stirn ans Glas. Die Stadt liegt mir zu Füßen, und ich genieße es, über die Symbolik dieses Augenblicks nachzudenken. Ich stehe da und schaue zu, wie die
Sonne ganz allmählich die Stadt Moskau mit ihren Strahlen überflutet. Irgendwann spricht mich einer der Wachleute an:
    »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Ja, ja, alles prima. Ich hab nur ein wenig nachgedacht.«
    Ich nehme den Passierschein in Empfang und begebe mich zu Vadims Büro. Vor der Tür bleibe ich einen Augenblick stehen und

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