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Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Titel: Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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bekanntgegeben werden, starren mich die anderen feindselig an. Sie würden mich am liebsten in winzige Fetzen reißen, weil sie ja wissen, was für ein Tohuwabohu bei mir in Moskau herrscht. Trotzdem kassiere ich Boni, und was für welche! Ich lehne mich entspannt zurück und lasse meinen Blick lässig durch den Raum schweifen. Darin ist eine klare Message zu lesen: Verreckt
meinetwegen, ihr armen Schweine, ihr werdet nie sein, was ich bin: jung und erfolgreich. Ihr hockt in euren Provinznestern, träumt davon, einmal nach Moskau zu gehen, und verschimmelt dabei langsam, aber sicher.
    Ein riesiger Kugelblitz scheint durch den Raum zu fahren, der aus konzentriertem Hass besteht. Ich vermute, die gesammelte negative Energie könnte ein komplettes Kraftwerk ersetzen. Tja, wenn wir sonst nichts können – hassen können wir. Ich erwarte jeden Moment eine kolossale Explosion, die die Decke zum Einsturz bringt und uns missratene Kreaturen unter sich begräbt. Aber die Wirklichkeit ist anders. Nur in Actionfilmen sterben die Bösen im Kugelhagel der Guten. Im realen Leben sind die Bösen die überlebensfähigste Spezies überhaupt.
    Dann ist Pause. Alle strömen in die Halle, man plaudert und lacht, macht einander scheinheilige Komplimente, klopft mit verlogenem Grinsen auf Schultern und versucht nebenher, einen Platz an der Kaffeemaschine zu ergattern. Es bilden sich Grüppchen, teils regional, teils nach Geschlecht sortiert. Die männlichen Konferenzteilnehmer lachen brüllend über zwanzig Jahre alte Witze und diskutieren die Pläne für den Abend. Jemand schlägt zum hundertsten Mal vor, zusammen irgendeinen Club aufzusuchen, ein paar teure Prostituierte zu mieten und den Rest der Nacht im Baltschug zu verbringen. Alle nicken brav im Takt mit den Köpfchen, obwohl jeder weiß, dass sie für solche Aktionen viel zu geizig sind. Dreihundert Scheine für eine Hure hinzublättern wäre für diese Deppen geradezu tollkühn. Das Äußerste, was sie bringen, ist, sich ein paar Mädchen aus den benachbarten Niedriglohnländern zu mieten, die ihre diplomatische
Mission auf der Leningrader Chaussee erfüllen. Und die ganze Sache endet dann irgendwann im Hotel Olimpiez oder Hotel Sojus oder einer beliebigen anderen Absteige in dieser Preislage, wo sie sich mit billigem Wodka die Kante geben. Ich verziehe mich angewidert in mein Büro.
    Als ich mich gerade in meinen Bürostuhl fallen lasse, um mir eine Zigarette anzustecken, geht die Tür auf und jene Natascha aus Rostow kommt herein.
    »Störe ich?«, fragt sie und sieht mich mit Schlafzimmerblick an.
    »Aber nicht doch. Welcome«, sage ich und mache auf gastfreundlich.
    »Man darf bei euch nirgendwo rauchen, deshalb dachte ich, ich schau mal bei dir rein. Bei dir darf man ja.«
    »Das stimmt. Demnächst wird man auch die Trinkwasserbehälter aus der Halle entfernen.«
    »Was? Warum denn?«
    »Die ständigen Reparaturen der Sanitäranlagen sind zu teuer geworden. Verstehst du, weil unsere Mitarbeiter eimerweise Wasser trinken, anstatt zu arbeiten. Und wer viel trinkt, muss viel … Na, du weißt schon …«
    »Was denn, im Ernst? Wie lebt ihr hier bloß?«
    »Tja, so ist das, Natascha«, sage ich und schaue mit verträumtem Blick aus dem Fenster. »Ich warne dich: Ziehe niemals nach Moskau um! Du bist so nett, so rein und schlicht, so etwas gibt es heutzutage eigentlich nur noch bei den Frauen in Turgenjews Romanen. Du darfst einfach nicht nach Moskau. Diese Stadt zerstört dein keusches Wesen.«
    »Du machst jetzt Witze, oder? Ohne deinen ewigen Sarkasmus kannst du gar nicht mehr. Ohne deine verdrehten
Sätze und Demütigungen geht bei dir nichts mehr, stimmt’s?«
    »Ach, weißt du, für mich ist es einfach zu spät, noch irgendwas zu ändern. Ich bin wie der Kapitän auf einem sinkenden Schiff. Mein Schiff kann ich nicht mehr retten, aber ich versuche, wenigstens die Besatzung und die Passagiere in Sicherheit zu bringen.«
    »Aha …«, sie klingt beleidigt. »Sag mal, wir wollen nachher mit ein paar Leuten zum Bowling. Wowa aus Petersburg, Ljoschka aus Krasnodar und ein paar von euren Mädchen, so um die fünfzehn Personen, kommst du mit?«
    »Wohin wollt ihr denn?«
    »Wahrscheinlich in die Apfelsine. Kennst du das?«
    »Ja, klar. Geile Location. Und wann?«
    »So gegen neun.«
    »Super, klar komm ich mit. Ich kreuze dann so um halb zehn auf.«
    »Meinst du das ernst?«, fragt sie, steht auf und berührt meinen Arm: »Komm auf jeden Fall, ich warte auf dich.«
    Klar meine

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