Seelenkuss / Roman
den Vampirreichen würde für reichlich unerfreuliche Schlagzeilen sorgen.«
Er verlagerte sein Gewicht. Anscheinend wollte er näher kommen. »So feindselig und aufbrausend. Das erregt mich.«
Ashes Magen verkrampfte sich. Er wollte es also auf die harte Tour. Mit der linken Hand zog sie einen Pfahl aus ihrer seitlichen Hosentasche. »Ich will es einfach formulieren. Halt dich von meinem Kind fern.«
»Das werde ich, wenn du freiwillig zu mir kommst«, entgegnete er sanft. Im flackernden Fackelschein sah er wie ein Gemälde eines alten Meisters aus, die Züge von tiefen Schatten konturiert. »Du gehörst den Toten. Ich möchte dich nach wie vor als meine Königin. Du bist«, er legte eine kurze Pause ein, »überwältigend.«
Ashe merkte, wie sie große Augen machte und Mühe hatte, nicht spöttisch zu lachen. »Danke. Ich bin durch mit der dunklen Grübelnummer. Ich denke sogar an pastellfarbene Bikerhosen.«
Belenos hob eine Hand, als wollte er sie zu sich winken. »Komm schon. Möchtest du deiner wahren Natur den Rücken kehren? Dein Platz ist in der Dunkelheit.«
Ashe fühlte, wie seine Macht einem Insekt gleich über sie hinwegkrabbelte. Dabei hatte sie gedacht, sie hätte seinen Versuch abgewehrt, sie zu kontrollieren. Nun wurde ihr bewusst, dass er sich bislang zurückgehalten hatte. Belenos war alt. Ein Vampirkönig. Er mochte völlig gaga sein, aber er war kein Fliegengewicht. Sie schloss die Augen, weil es ein schrecklicher Fehler wäre, seinem Blick zu begegnen. Vampire, sofern sie gut genug waren, konnten mit derselben Leichtigkeit hypnotisieren, mit der Normalsterbliche einatmeten.
Vielleicht war es das, worauf er gewartet hatte. Sie fühlte mehr, als dass sie hörte, wie er näher kam. Er schien die Energie aus der Luft um ihn herum zu absorbieren. Das Gewicht seiner Magie löschte alles Leben im Nachtwind. Ashe schwankte leicht, immer noch mit geschlossenen Augen, und vertraute darauf, dass ihre Sinne ihr genau sagten, wie nahe er war.
Jede Jägerin, die ihr Geld wert war, konnte auch blind kämpfen.
Er wartete auf eine Antwort, also gab Ashe sie ihm. »Ich mochte die Dunkelheit, weil sie die Schatten auf meiner Seele verbarg. Mittlerweile habe ich gelernt zu akzeptieren, dass mir vergangene Fehler verziehen wurden. Es ist Frühling, ich bin verliebt, und noch dazu in einen Lebenden.«
»Aufgemerkt, meine Gute, Reynard hat seine Seele nicht zurück.«
Ashe richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Krampf, der sich in der Hand ankündigte, mit der sie ihre Waffe hielt. Schmerz half ihr, die Konzentration zu wahren. »Ja, die Urne muss noch gefunden werden. Was bedeutet, dass du dein übernatürliches Viagra auch noch nicht hast.«
»Womöglich benötigen wir es nicht. Ich könnte dich lehren, mich zu lieben. Du könntest mich erwählen.«
»Auf welchen Drogen bist du eigentlich?«
Er war inzwischen sehr nahe und kam näher. Ein sprungbereites Raubtier. »Eventuell wäre ich imstande, deine Kräfte zu heilen. Dann wärst du wieder die Hexe, die du einst gewesen bist.«
Womit er das eine aussprach, das er lieber nicht gesagt hätte.
Ashe öffnete ihre Augen. Er war nur noch wenige Schritt entfernt, tödlich nahe. Verächtlich kräuselte Ashe ihre Oberlippe. »Du bist eine solche Platzverschwendung!«
Sie drückte den Abzug.
Belenos flog nach hinten, die Arme im eleganten Bogen gespreizt. Er war ein sehr großer Mann, so dass ihn die Kugel nicht allzu weit rückwärts schleuderte; dennoch fiel er mit einem Krachen um, das einer der großen Zedern nahe den Gräbern würdig gewesen wäre. Ein Kreis dunklen Blutes erblühte auf seiner Brust, geschwärzt vom Fackelschein.
Ashe wechselte die Waffen, hielt nun den Pfahl in ihrer rechten Hand und den Colt in der linken. Eine Kugel konnte einen derart alten Vampir nicht umbringen, es sei denn, sie durchschlug sein Rückgrat. Ashe zählte darauf, dass der Schuss ihn für gut acht Stunden ausschaltete.
Sie stand vor dem gefallenen Vampir, ihre Stiefelspitzen beinahe an seinen. »Übrigens bin ich kein Schwachkopf. Mein Schwager brachte zwei Dutzend seiner engsten Freunde mit, die sich um deine Schläger gekümmert haben. Die lustigen Spiele sind vorbei, Blutsauger.«
Acht Stunden sollten reichen, damit die örtlichen Vampire die des Ostens zu Königin Omara bringen konnten. Die Monarchin der nordwestlichen Territorien konnte Belenos auf Weisen bestrafen, von denen Hexen oder Sterbliche nur träumen durften – und alles im Rahmen des
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