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Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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Geist, der diesen Ort heimsucht?«, fragte Ashe in bemüht strengem Tonfall. Sie sollte lieber nicht verängstigt klingen, denn das reizte diese Mistkerle nur, und rein technisch gesehen sollte sie bleiben, bis die Kerze heruntergebrannt war, und erst dann den Kreis der Talismane aufheben. Leider sah der Ausgang im Moment reichlich verlockend aus.
    »Neeeeeiiiiiin«, antwortete wer zum Geier das sein mochte. »Sie ist weggelaufen. Zeit, deinen Zauber zu beenden. Jetzt! Sofort!«
    »Stört er dich?«
    »Zeit zu gehen, Hexlein.«
    »Ja, ja.« Was zur Hölle war dieses Ding? Nichts Gutes, wenn es auf Magie reagierte. Alle erdenklichen Viecher konnten den Schub eines Bannzaubers fühlen, aber nicht alle von ihnen mussten ihm gehorchen. Die richtig Üblen bekamen bloß die altbekannten Kopfschmerzen – vorausgesetzt, sie besaßen einen Kopf.
    Göttin!
    Sie war nicht sicher, ob der Kreis halten würde. Deshalb griff sie nach dem zweiten Packen Talismane in ihrer Tasche, den berühmten Hexengranaten. Holly hatte ihr eine Extraflasche mit Duftöl eingepackt, falls der Zauber Starthilfe brauchte. Dankbar angelte Ashe das Fläschchen hervor und stellte es neben die Kerze. Dann fiel ihr ein, was das Mädchen gesagt hatte.
    »Bist du einer von denen, die der Geist aufhalten wollte?«
    Das unbekannte Ding raschelte und knarrte, als versuchte es, Flügel aus altem brüchigen Leder auszubreiten. »Sie ist äußerst störend.«
    Die Kerze flammte hell auf, als sie über den ersten Ring der eingeritzten Symbole hinuntergebrannt war, und entließ ihre Kraft in das Energiefeld des Kreises. Ashe konnte die reinigende Magie als Summen auf ihrer Haut fühlen.
    »Ah, du stichst mich, kleine Hexe. Es beißt wie Wanzen.« Die Stimme klang böse, hämisch. Die Kreatur schien bucklig und aufgedunsen zu sein, Schatten auf Schatten. Sie mochte sich schnoddrig geben, aber sie litt Schmerzen.
    »Was willst du?«
    »Ich will, dass du aufhörst!«
    Und dann schien sie ihre Flügel auszubreiten, riesig und mit Krallen versehen, ähnlich einem großen prähistorischen Vogel. Sie breiteten sich weiter, dünner aus, bis sie einen Film fedriger Dunkelheit auf der Außenseite des Kreises bildeten. Erstickend wie heiße feuchte Luft. Schimmlig. Alles Leben raubend.
    Ashe fühlte ihre Macht jetzt. Gier. Wütende Leere. Ein Drang nach … sie wusste nicht, wonach. Es war, als könnte sie nichts auf der Welt befriedigen. Als könnte sie alles vertilgen, und dennoch bliebe das tiefe Loch in ihr.
    Göttin!
Das war kein Geist. Und Ashe bewegte sich auf höchst heiklem Terrain.
    Sie hörte Schritte auf der Bodentreppe. Reynard! Er hatte keinen Schimmer, was hier los war. »Halt! Komm nicht näher!«
    Ashe sprang auf, wobei sie versehentlich auf das Ölfläschchen trat. Sie merkte, wie es unter ihrem Stiefelabsatz zerbrach und die würzige Flüssigkeit in alle Richtungen spritzte. Sich deshalb zu sorgen, blieb ihr keine Zeit. Ashe zog ihr Messer und führte es vor den Bodenstufen am Kreisrand entlang. Dann malte sie mit der Klinge einen Bogen in die Luft, so dass sie einen Eingang schuf, der gerade groß genug war, dass man hindurchschlüpfen konnte. Finsternis ergoss sich tintig über den Kreiderand.
Scheiße!
Sie sprang über die Kreidegrenze und versiegelte den Kreis wieder, so schnell sie konnte. Dabei sang sie wieder und wieder den Zauber.
    Sie konnte sehen, wie das Magiegewölbe über dem Kreis flackerte, gegen die klammernden Schatten der Vogelbestie kämpfte.
Wäre ich Holly, würde ich sie einfach wegpusten.
Aber die war sie nicht. Ihre Magie reichte kaum aus, um den Kreis zu erhalten. Und jetzt war sie mit dem Ding draußen!
    Es quoll von den Seiten des Gewölbes und floss auf sie zu wie giftiger Sirup.
    »Was ist?«, fragte Reynard, der hinter sie gelaufen kam.
    »Ich weiß nicht genau, aber ich denke, es ist ein Dämon.« Sie zog eine der Bomben aus ihrer Tasche. Wie die Talismane bestanden sie aus Leinenbündeln mit Kräutern und Mineralen, doch enthielten diese andere Magie. Ashe drückte den Wickel an ihre Lippen und schleuderte ihn auf die fließende Dunkelheit.
    Der Talisman verschwand, als hätte das Dunkle ihn geschluckt.
    Mit einem Neugeborenen war Hollys Magie nicht verlässlich. Sie hatten angenommen, die Bomben wären okay. Was sie anscheinend nicht waren.
    Mist!
    »Die Treppe runter!«, befahl Ashe. »Jetzt!«
    Das Treppenlicht ging aus, so dass vollkommene Dunkelheit herrschte, nur die Zauberkerze brannte.
    Reynard packte Ashes Hand.

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