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Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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sich an quietschenden Angeln aufschieben ließ. Der obligatorische Geheimgang. Ashe war zweimal daran vorbeigelaufen. Nancy hätte ihn gefunden.
Eins zu null für die Teenager-Ermittlerin gegen die professionelle Jägerin.
    Wie ein nervöser Butler hielt Tony ihr die Tür auf. »Sie brauchen mich doch nicht bei dieser Sache, oder?«
    »Nein, ist wohl besser, wenn Sie unten bleiben.«
    Er wirkte, als bekäme er vor Erleichterung weiche Knie.
    »Gibt es oben Licht?«
    »Nur das hier.«
    Er langte durch die Tür und zog an einer Schnur. Mit einem Klicken ging eine einzelne Glühbirne an, die den farbig gestrichenen Treppenaufgang beleuchtete. Ashe steckte ihren Pflock wieder ein und nahm eine Maglite von ihrem Gürtel.
    »Schicken Sie meinen Partner nach oben, wenn er kommt, okay? Er muss jeden Moment hier sein.«
    »Mach ich«, versprach Tony. »Haben Sie alles? Soll ich Ihnen irgendetwas bringen?«
    »Ich habe alles.«
    »Na, dann viel Glück!« Er schien besorgt.
    Ashe achtete lieber nicht auf seinen Gesichtsausdruck und stieg nach oben. Sie hatte ganze Vampirnester ausgehoben. Dies hier dürfte ein Klacks werden. Sie schaltete ihre Taschenlampe ein und trottete weiter.
    Obwohl erst April und der Himmel inzwischen bewölkt war, herrschte drückende Hitze auf dem Dachboden. Er war nie ausgebaut worden, der Holzboden nicht gehobelt, und außer ein paar Bergen von Sperrmüll gab es hier nichts. Jemand musste einmal angefangen haben, das Dach innen mit rosa Dämmwolle auszukleiden, doch nach ungefähr drei Vierteln war ihm entweder das Material oder die Puste ausgegangen. Ashe entdeckte ein paar Lüftungsluken, die mit Scheiben versehen waren, um Vögel draußen zu halten, aber keine Fenster. Eigentlich war es nicht ungünstig, dass die Sonne nicht mehr schien. Im Dunkeln waren Geister leichter aufzuspüren.
    Dann fühlte Ashe es. Fingerspitzen an ihrer Wange, so sachte, dass es kitzelte. Wut brodelte in ihr auf. »Fang jetzt ja nicht an zu nerven!«
    Wind blies über den Boden und wirbelte Staub auf. Ashe hörte das Tapsen bloßer Füße, schnell und leise wie von einem Kind. Ein schwaches glucksendes Lachen. Ja, das klang nach einem Mädchen.
    Na klasse!
Sie schaute sich nach der üblichen Porzellanpuppe oder dem klassischen Schaukelpferd um, das von allein vor und zurück wippte. Geister legten eine Menge Wert auf ihre Klischees.
    Ein großer Captain’s Chair stand in einer Ecke. Jede Wette, dass dort der Geist auftauchen würde! Ashe holte ein Kreidestück aus ihrer Tasche und malte einen Kreis auf den Boden, der jede der Wände berührte. Anschließend nahm sie ihr Talismanpäckchen hervor. Holly hatte eine verschließbare Sandwichtüte benutzt, damit die Kräuter frisch blieben. Als Ashe sie öffnete, stieg ihr ein strenger Geruch von Minze und etwas Bitterem entgegen. Sie brauchte nur ein paar von ihnen an unterschiedlichen Stellen zu verstreuen, eine Zauberkerze anzuzünden, und schon war sie fertig. Vorgefertigte Geistervertreibungen brachte selbst eine gebrochene Hexe zustande.
    Sie fühlte den Geisteratem auf ihrer Wange, so dicht, als blickte das Mädchen ihr über die Schulter – was wahrscheinlich der Fall war. Die Temperatur im Raum fiel rapide. Ashe angelte den ersten Talisman aus der Tüte – ein Leinenbündel von der Größe einer Walnuss. Sie war nicht sicher, was in dem Tuch steckte. Es handelte sich um eines von Grandmas und Hollys Spezialrezepten.
    Nun konzentrierte Ashe sich auf ihren inneren Kompass, machte den Osten aus und legte den Talisman an die betreffende Wand. Die Carvers verwandten simple respektvolle Zauber, um Geister freizulassen, deren Erdenbindung zu lösen und sie dorthin zu schicken, wo sie hinmussten. »Göttin des Wortes und des Gedankens, ich rufe dich! Trenne diesen Knoten!«
    Deutlich fühlte sie die Macht erblühen, die ihre Worte aktiviert hatten, ebenjene Macht, die Holly in den Talisman geschnürt hatte. Aber das war nicht alles, was Ashe spürte. Die Kälte nahm zu, bis sie regelrecht bibberte. Der Geist wehrte sich. Manche wollten einfach nicht gehen.
    Da ist mir ein Vampir allemal lieber!
Ashe marschierte zur Südecke, schüttete einen Talisman aus der Plastiktüte und ließ ihn an die richtige Stelle rollen. Ihre Fingerspitzen waren plötzlich zu taub, als dass sie mit den kleinen Leinenbündeln hätten hantieren können. Ashe blies sich auf die Finger und wärmte sie hinreichend, um das Stoffdings wenigstens aufrecht stellen zu können. »Göttin der Sonne und

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