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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Weg. » Verschwinde! «
    Oqwen erhob sich hinter ihr.
    » Angerichtet? « Darejans Stimme schwankte zwischen Verwirrung und Ärger. » Ich habe nichts getan. «
    » Ja, genau! Du hast nichts getan! Nichts! « , fauchte Mirija sie an. Sie machte einen weiteren drohenden Schritt auf Darejan zu. Mit einer scharfen Geste wies sie auf den reglos unter dem Umhang liegenden DúnAnór. » Er hätte niemals allein in den Schleier gehen dürfen. Wie konntest du ihn nur im Stich lassen? Als seine Nekromantia war es deine Aufgabe, ihn zu halten. «
    » Als seine… « , setzte Darejan entgeistert an, doch Mirijan redete schon aufgebracht weiter.
    » Vor allem, da du wusstest, wie er sie in ihren Körper zurückholen würde. Du hättest ihn aufhalten und ihm den Weg zurückzeigen müssen, als du gemerkt hast, dass er sich zu tief in den Schleier gewagt hat. Du hättest… «
    » Ich bin keine Nekromantia « , unterbrach Darejan die Worte der jungen Frau heftig. Jetzt ergab alles einen Sinn. Neben ihr zischte Oqwen etwas Unverständliches.
    Mirija starrte sie wie vom Donner gerührt an. » Du… Was? « Ihr Ärger wandelte sich zu Verwirrung, aus der Schrecken wurde. » Du bist keine… « , stammelte sie bestürzt. Ihre weit aufgerissenen Augen huschten zu dem DúnAnór hinüber, kehrten zu Darejan zurück. » Aber warum…? Weshalb hat er dann…? «
    Einer der Isârden riss die Schülerin des Nekromanten aus ihrer Fassungslosigkeit, als er mit einem deutlichen Räuspern herantrat und schnell ein paar halblaute Worte mit Oqwen wechselte. Der Krieger hob den Kopf, um über Mirija und Darejan hinwegzublicken. Sein » Kümmert euch um die Klinge. Ich bin gleich zurück « , war eindeutig ein Befehl, dann nickte er dem Mann zu und folgte ihm. Die junge Frau schaute ihm überrascht nach, streifte Darejan noch einmal mit einem kurzen, beklommenen Blick, ehe sie sich neben den reglosen Körper kniete und den Mantel höher unter sein Kinn zog.
    Darejan zögerte, kauerte sich dann aber neben sie. » Kann ich etwas tun? «
    Für einen Moment sah Mirija sie mit ihren graubraunen Augen nur an, und Darejan rechnete schon fast damit, sie würde sie erneut fortschicken, doch dann nickte sie zum oberen Ende des Deckenlagers hin. » Nimm seinen Kopf in deinen Schoß. Auch wenn du nicht seine Nekromantia bist, kennt er dich als Einzige von uns länger als nur ein paar Stunden. Vielleicht hilft es, wenn er dich in seiner Nähe spürt. « Die junge Frau senkte den Blick. » Sofern überhaupt noch ein Funke seiner Seele in seinem Körper zurückgeblieben ist, der irgendetwas spüren kann « , murmelte sie, mehr zu sich selbst.
    Schweigend setzte Darejan sich hin und hob den Kopf des DúnAnór auf ihre Knie. Ihre Fingerspitzen berührten seine Stirn. Die Haut war eiskalt und hatte beinah die weiße Farbe von Salzwachs. Im unsteten Schein des kleinen Feuers wirkten seine Edelsteintätowierungen dunkel und tot. Plötzlich saß etwas würgend in ihrer Kehle. Genau so hatte ihr Vater ausgesehen, nachdem sein Herz einfach aufgehört hatte zu schlagen. » Wird er sterben? « , hörte sie sich selbst fragen und erschrak über den verlorenen Klang ihrer Stimme.
    Mirijas Hände hielten auf dem Mantel inne und sie schaute auf. » Ich weiß es nicht « , gestand sie leise. » Mein Meister hat mich gelehrt, dass eine Seele, die aus einem lebenden Körper gerissen wird und länger als drei Tage im Schleier gefangen ist, den Weg nicht mehr aus den Schatten heraus und zurück in ihren Körper finden kann. Und dass nach dieser Frist auch der Körper zu vergehen beginnt. « Ein Ausdruck hilfloser Qual trat in ihre Augen. » Ich weiß nicht, wie viel Zeit einem DúnAnór bleibt, der die Seelen mit seinem Lied aus dem Schleier zurückholt. Er muss ungleich tiefer in die Grenze zwischen dem Reich der Lebenden und der Toten als jeder andere. « Sie zögerte, strich sich eine Haarsträhne zurück, die ihr nicht in die Stirn hing, und blickte Darejan dann erneut an. » Ich wollte… Ich… « Abermals strich sie dieselbe Strähne zurück. » Vielleicht sollten wir ihm seine Kleider ausziehen. Sie sind so… so… « Unbehaglich sog sie die Lippe zwischen die Zähne.
    » Verdreckt? « , half Darejan ihr nach einem Moment aus der Verlegenheit. Mirija senkte den Blick auf ihre Hände und nickte.
    » Es wäre für ihn vielleicht angenehmer, wenn… wenn er ohne… Die Decken sind sauber. « Mirija klang, als wolle sie Darejans Einverständnis für das, was sie vorhatte. So,

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