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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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als habe sie irgendetwas auf den lächerlichen Gedanken gebracht, sie und der Verrückte könnten ein Paar sein.
    » Natürlich « , nickte sie und wollte aufstehen, um der jungen Frau zu helfen, doch die winkte entschieden ab und übernahm es allein, ihm die schlammverkrusteten Stiefel und auch die mit getrockneten Matschspitzern überzogenen Hosen aus dunklem Jindraleder auszuziehen, da sie darauf bestand, dass Darejan ihren Platz nicht einen Moment lang verließ. Nach und nach kamen seine langen, schlanken Beine zum Vorschein, der harte, flache Bauch. Und scharf herausstehende Hüftknochen, über die Mirija in schamhafter Hast die Decken wieder emporzog. Darejan schloss für einen Moment die Lider. Was auch immer dieser Mann früher an überflüssigem Fleisch am Leib gehabt haben mochte, jetzt bestand er nur noch aus Muskeln, Sehnen, Haut und Knochen. Als sie die Augen wieder öffnete, schob Mirija ihm gerade das Hemd in die Höhe. Unter der Haut zeichneten sich deutlich seine Rippen ab. Obwohl sie die Wunde auf seiner Brust immer wieder versorgt hatte und der Anblick ihr vertraut war, weckte er ein Gefühl von Schuld in Darejan. Unwillkürlich fragte sie sich, woher er in den letzten Tagen die Kraft genommen hatte, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    Die ganze Zeit über hatte er sich nicht geregt. Nur die flachen Atemzüge, unter denen seine Brust sich mit entsetzlicher Langsamkeit hob und senkte, verrieten, dass er noch am Leben war. Und auch jetzt, als Darejan behutsam seinen Oberkörper stützte, damit Mirija ihm das Hemd endgültig ausziehen konnte, rührte er sich nicht. Die Schülerin des Nekromanten hatte die zerschlissene Adeshwolle gerade weit genug in die Höhe geschoben, um sie ihm über den Kopf und die Schultern streifen zu können, da sog sie in einem entsetzten Keuchen den Atem ein.
    » Ihr gütigen Seelen « , brach es aus ihr heraus, » wer hat das getan? « Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf die sichtlich entzündete Narbe quer über der linken Seite seiner Brust. Die ockerfarbenen Runenlinien hoben sich scharf von der bleichen Haut ab. In einer beinah beschützenden Geste legte Mirija ihre Hand behutsam darauf. Der Anblick versetzte Darejan einen Stich. » Sie haben seine Seelenrune zerstört « , murmelte die junge Frau und bemühte sich offenbar, ein Schaudern zu unterdrücken. » Sie haben die Magie zerstört, die ihn beschützen sollte. Er hätte niemals in den Schleier gehen dürfen. Er hat nichts mehr, was ihn vor den Seelen und den RónAnór schützen kann. « Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen. » Wer hat ihm das angetan? «
    » Königin Seloran und ihre Grauen Krieger. « Die Worte hinterließen einen fauligen Geschmack auf Darejans Zunge.
    Mirijas Blick zuckte empor. » Ihre Grauen… Aber… « Auf dem Gesicht der jungen Frau stand mit einem Mal Entsetzen.
    » Dann war es tatsächlich das, was der andere DúnAnór uns zu sagen versuchte, ehe er starb. Die BôrNadár sind zurückgekehrt. Jemand hat die Schrecken der Seelenkriege aus dem Schleier befreit. «
    Darejan und Mirija fuhren erschrocken zu der Stimme herum, die unvermittelt hinter ihnen erklang.
    Eine Frau, deren dunkle Hautfarbe, ihr kunstvoll geflochtenes Haar und der lederne Harnisch sie als Kriegerin der Isârden auswies, beugte sich halb in den notdürftigen Unterschlupf. Neben ihr stand Oqwen mit unbewegter Miene.
    » Wer seid ihr? « , brachte Darejan nach einem Moment schließlich hervor.
    » Niéne, Kommandantin der Anaren von Jellnên. « Unter zusammengezogenen Brauen heraus musterte die Isârde sie scharf, dann wanderten ihre hellen, goldenen Augen zu der reglosen Gestalt unter den Decken. Ihr Blick fiel auf seine Brust. » Oqwen, heißes Wasser! « , wies sie den Krieger an, griff sich einen brennenden Ast aus dem Feuer, scheuchte Mirija mit einer knappen Geste ein Stück beiseite und glitt mit gefährlicher Geschmeidigkeit zu ihnen unter die Plane, während er davonhastete.
    » Aber wenn sie wieder umgehen,… dann bedeutet das, jemand hat… « Erst jetzt schien Mirija sich von ihrem Schrecken erholt und ihre Stimme wiedergefunden zu haben. Doch sie verstummte, ohne den Satz zu beenden. Plötzlich zitterte sie am ganzen Leib.
    » …Ahorens verfluchte Seele aus dem KonAmàr befreit « , tat die Kriegerin es mit einem Nicken an ihrer Stelle. » Nur er hat die Macht dazu, die Seelen der BôrNadár aus dem Schleier zurückzurufen und sie sich gefügig zu machen, damit sie seine

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