Seelenkuss
Augen. Wahrscheinlich sollte sie froh sein, dass der Verrückte in seinem Wahnsinn nicht versucht hatte, eben das bei ihr zu tun. Nach einiger Zeit hob sie die Lider wieder und sah Mirija an. » Weißt du, wo sich ihre Ordensburg befindet? «
Dass die junge Frau abermals den Kopf schüttelte, weckte ein Gefühl der Verzweiflung in Darejans Inneren. » Niemand außer den DúnAnór und ihren Nekromanten wissen, wo der Horst der Klingen liegt. Er soll sich zwischen den BanOseren und der ShaAdon in den GônKador befinden. «
» In den GônKador? « Überrascht runzelte Darejan die Stirn. » Fren sagte, sie befände sich in den GônCaidur. «
Mirija lächelte. » Das ist ihr alter Name. Im Laufe der Zeit wurde er nach und nach zu GônKador. Es ist erstaunlich, dass dieser Fren ihn kannte, denn die Klingen hüten das Geheimnis des Cordán gewöhnlich sehr gut. «
» Warum das denn? So achtungsvoll, wie ihn « , sie nickte auf den DúnAnór hinab, » jeder hier behandelt hat, sollten sie nichts zu fürchten haben. Und wenn niemand weiß, wie man sie finden kann, wie erfahren sie dann, dass man ihre Hilfe benötigt? Wie können jene zu ihnen gelangen, die sich ihnen anschließen wollen? «
Das Lächeln der jungen Frau vertiefte sich. » Du weißt wirklich nichts über sie.– Man schließt sich den DúnAnór nicht an. Sie wählen diejenigen aus, die sie in die Kreise der Klingen aufnehmen wollen. Mein Meister sagte, sie erfahren es von den AritAnór, wenn es irgendwo jemanden gibt, dem das Schicksal einer Klinge bestimmt ist. Dann wird einer aus dem Inneren Kreis geschickt, um diese Person zu prüfen und sie gegebenenfalls in den Horst zu bringen. Da der oder die Auserwählte sein ganzes vorheriges Leben aufgeben muss, liegt die letzte Entscheidung jedoch immer bei ihm. Die DúnAnór zwingen niemanden. «
» Wer sind diese AritAnór? «
Mirija sah sie verblüfft an. » Kennst du denn gar keine der alten Legenden? « Sie schüttelte über so viel Unwissenheit den Kopf. » Man nennt sie auch Seelenweber. In den Legenden heißt es, sie seien geheimnisvolle, wunderschön und zugleich schrecklich aussehende Frauen, die aus dem Nichts den Schicksalsfaden eines jeden Lebewesens spinnen. Sie würden über ihn wachen und ihn zusammen mit all den anderen zu einem prachtvollen Teppich verweben. Man sagt, sie seien die Töchter des Wächters der Seelen. Wer sie ansieht, stirbt. Allein die DúnAnór wagen sich in ihre Nähe, und auch nur jene unter ihnen, die von ihnen mit Namen gerufen werden, und selbst sie richten niemals den Blick direkt auf sie. Von ihnen erfahren die Klingen, wenn ihre Dienste irgendwo gebraucht werden.
Und nicht jedes Volk bringt den DúnAnór so viel Achtung entgegen wie die Isârden. Viele fürchten sie, andere haben sich von ihnen abgewandt und sie vergessen. So wie die Korun. Und das, obwohl Kartanen Lìr Hairál, der Ahnherr des Königsgeschlechts, zur Zeit der Seelenkriege eine Klinge des Inneren Kreises war. Von seiner Schwester Ileyran wird berichtet, sie sei eine äußerst mächtige Nekromantia gewesen und zudem eine wunderschöne Frau. Kartanen war es, den sie noch vor Ahorens endgültigem Fall zum Hüter des KonAmàr bestimmt hatten. Und obwohl er sich nach dem grausamen Tod seiner Schwester mit dem Orden überwarf, blieb er der erwählte Hüter und nahm den Stein mit sich, als er schließlich fortging. «
Darejan beugte sich vor. » Was ist geschehen? « , fragte sie angespannt.
» Das weiß niemand so genau. Die Klinge, mit der Ileyran Lìran Hairál verbunden war, soll abtrünnig geworden sein und sie auf bestialische Art getötet haben. Offenbar forderte Kartanen Vergeltung, die ihm jedoch versagt wurde. « Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. » In alten Erzählungen gibt es ein paar Andeutungen, dass Ileyrans Klinge Ahoren selbst gewesen sei, aber das würde bedeuten, dass auch er einmal ein DúnAnór war, und so etwas ist einfach unvorstellbar. « Mit einem Kopfschütteln verwarf sie den Gedanken und blickte Darejan wieder an. » Sicher ist nur, dass Kartanen eine der Klingen war, die ihre Macht opferten, um Ahorens Seele in den KonAmàr zu bannen. « Mit einem Seufzen blickte sie auf die reglose Gestalt unter den Decken. » Nur wenige DúnAnór überlebten die Seelenkriege. Doch einige Zeit später kam böses Gerede über sie auf. Man munkelte über dunkle Seelenhexerei, die sie zusammen mit einigen mächtigen Nekromanten praktizieren würden, die sich ihnen angeschlossen
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