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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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ehe er hastig davonstolperte.
    Mit einem traurigen Lächeln blickte Darejan auf den Verrückten. Er würde ihr den Kopf abreißen, wenn er erfuhr, dass man sie für seine Frau hielt und sie den Irrtum nicht sofort aufgeklärt hatte. Allerdings musste er wieder aufwachen, um es zu erfahren. Ihr Lächeln erlosch. Doch nach einem Augenblick verscheuchte sie die trostlosen Gedanken. Drei Tage blieben ihm, um den Weg aus dem Schleier herauszufinden, hatte Mirija gesagt. Sie hatte kein Recht, ihn nach noch nicht einmal einem aufzugeben.
    Doch die Verzweiflung kehrte mit all ihrer Wucht zurück, als sie während der Mittagsrast versuchten, ihm ein paar Schluck Wasser einzuflößen. Erfolglos. Stattdessen wäre er um ein Haar daran erstickt. Wie sollten sie es schaffen, ihn drei Tagen am Leben zu halten, wenn sie noch nicht einmal ein wenig Flüssigkeit seine Kehle hinunterzwingen konnten? Er war zu erschöpft, um selbst diese kurze Frist gänzlich ohne Nahrung und Wasser zu überstehen.
    Ihr wurde erst bewusst, dass Oqwen sie bei ihren fruchtlosen Bemühungen beobachtet haben musste, als er sich nach einem kurzen Wortwechsel mit Niéne– während dem er mehrmals in ihre Richtung nickte– auf sein Ragon schwang und im Wald verschwand. Er war noch nicht zurück, als die Kriegerin wenig später den Weitermarsch befahl. Erst am späten Nachmittag holte er sie wieder ein und bedeutete den Männern, die die Bahre trugen, stehen zu bleiben, während er geschmeidig aus dem Sattel glitt. Verwundert bemerkte Darejan einige rote Pusteln auf seinem Gesicht und seinen Händen, als er auf sie zukam und ein Stück Leder von einer Tonschale löste, die er bereits auf dem Rücken seines Ragon vorsichtig auf seinem Schoß balanciert hatte. Sie riss die Augen auf, als sie erkannte, was unter dem Leder verborgen gewesen war: Mehrere wie Rubine glitzernde Bienenwaben, um die sich ein kleiner See süß duftenden roten Honigs gebildet hatte, lagen in der Tonschale.
    » Steinrosenhonig « , erklärte er mit einem Unterton von Ungeduld in der Stimme und nickte zur Bahre hin. » Vielleicht hilft er, ihn ein wenig länger bei Kräften zu halten. «
    » Danke! Ich danke euch! « Darejan nahm ihm behutsam die Schale aus den Händen. Steinrosenhonig war eine Köstlichkeit, die nicht leicht zu bekommen war. Und die kleinen schwarzen Krainbienen, die ihn herstellten, verteidigten ihre Waben gewöhnlich erbittert. Auf einen Wink des Kriegers setzten die Männer die Bahre behutsam auf dem Boden ab. Darejan kniete sich daneben, stellte die Schale vorsichtig ins Gras und tauchte den Finger in den Honigsee. Goldenrote Tropfen hingen daran, als sie ihn wieder herausnahm. Träge, aber unaufhaltsam rannen sie ihre Haut hinab zu ihrer Fingerspitze. Hastig brachte sie ihren Finger an den Mund des DúnAnór und ließ die Tropfen zwischen seine leicht geöffneten Lippen fallen. Einer verfehlte sein Ziel und malte eine rot und golden glitzernde Spur aus seinem Mundwinkel heraus über die Wange in Richtung Ohr. Darejan fing ihn auf, strich ihn zurück zwischen seine Lippen. Erneut tauchte sie den Finger in den Honig, träufelte ihn in seinen Mund. Und wartete. Doch wie zuvor schluckte er nicht.
    Oqwens Hand an ihrem Arm hinderte sie daran, noch einmal die Finger in die goldenrote Süße zu tauchen. » Lasst es für jetzt gut sein. Ihr könnt es später noch einmal versuchen « , sagte er leise.
    Ein paar Herzschläge lang wollte Darejan protestieren, doch dann nickte sie schwach und trat zurück, damit die Isârden-Krieger die Bahre wieder aufnehmen und sie weitergehen konnten. Achtsam breitete sie das Leder über die Tonschale und folgte ihnen.
    Als die Sonne sich hinter die Wipfel der Bäume senkte und der Himmel sich allmählich rot zu färben begann, befahl Niéne einigen ihrer Männer, sich auf die Suche nach einem Lagerplatz für die Nacht zu machen.– Es dauerte nicht lange, bis Siére zurückkam, um zu melden, dass er eine geeignete Stelle gefunden hatte: eine Senke, die an zwei Seiten von dichtem Dorngestrüpp eingefasst war und an deren dritter Seite ein schmaler Bach durch sein flaches Bett gluckerte.
    Aus der gestern nur behelfsmäßig über einen Ast geworfenen Lederplane errichteten die Krieger dieses Mal ein bisschen abseits der rasch zusammengetragenen Feuer einen einfachen, nach einer Seite offenen Unterstand, der genug Platz für ein schmales Lager und ein wenig Raum zum Sitzen bot. Als die Männer den DúnAnór dann auf die Decken betteten,

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