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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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schwach. Sie kehrt gerade erst wieder zu mir zurück. «
    Unwillig presste er die Lippen zu einem Strich zusammen. » Wenn deine Magie nur schwach ist, solltest du sie für wichtigere Dinge aufsparen. Sie hätte für uns nützlich sein können. «
    » Wofür? «
    Er rieb seine Finger über dem Feuer, dann breitete er die Decke aus und legte das Schwert daneben. » Um eine Leiche zu verbrennen. «
    Darejan riss die Augen auf. » Eine… Wessen Leiche? «
    » Meine. « Das Wort kam so gleichgültig über seine Lippen, als spräche er vom Wetter.
    Für mehrere Augenblicke konnte sie ihn nur anstarren. Mit untergeschlagenen Beinen setzte er sich auf die Decke, zog das Fläschchen unter dem Hemd hervor und drehte es in den Händen. Das Glas blitzte im Feuerschein. Die Art, wie er sie schließlich wieder ansah, ließ sie schaudern.
    » Du hast gesagt, du wolltest mir helfen. Nun, es gibt eine Möglichkeit. « Er hielt das Fläschchen ein wenig in die Höhe. » Das hier wird mich in einen Zustand zwischen Leben und Tod versetzen. Nichts und niemand kann mich wecken, da meine Seele nicht in meinem Körper sein wird. « Versonnen betrachtete er das Glitzern des Glases einen Atemzug lang, ehe er sie wieder ansah. » Ich glaube nicht, dass Ahoren oder seine Diener uns hier finden können. Sollte es doch geschehen, musst du mich töten und meine Leiche für ihn unbrauchbar machen. « Darejan starrte ihn nur weiter mit aufgerissenen Augen an. Ärgerlich zogen seine Brauen sich zusammen. » Verstehst du, was ich sage? Mein Seelenbruder ist tot. Ich gehe freiwillig in den Schleier. Du musst verhindern, dass er meinen Körper deshalb als Gefäß benutzen kann. Schlag mir meinetwegen den Kopf ab. Das Schwert ist zwar alt, aber immer noch scharf. Falls deine Magie allerdings stark genug sein sollte, dann will ich, dass du meine Leiche verbrennst. Hast du mich verstanden? «
    » Das… das kann ich nicht. «
    » Du musst! Wenn du es nicht tust, war alles umsonst. Denk an deine Freunde. Deinen Freund Réfen. Du schuldest es ihnen. «
    » Nein, ich… «
    » Doch! « Er beugte sich vor und ergriff ihr Handgelenk. » Du kannst es tun, und du wirst es tun, wenn es nötig ist. « Sein Blick hatte etwas Zwingendes, als er ihr in die Augen sah. » Du kannst und du wirst « , wiederholte er beschwörend.
    » Nein. « Kopfschüttelnd wand sie ihre Hand frei und schaute beiseite. » Nein, niemals! Ich kann nicht… «
    Sie konnte spüren, dass er sie weiter musterte, doch dann stieß er ein Seufzen aus, löste den Korken aus dem Fläschchen, setzte es an die Lippen und trank. Die Wirkung schien nahezu sofort einzusetzen. Er sank zur Seite. Erfolglos versuchte er sich noch mit der Hand abzustützen. Sein Arm knickte weg und er fiel auf die Decke zurück. Ein kurzes Zittern durchrann seinen Körper, während er sich für mehrere Augenblicke verkrampfte. Erschrocken sprang Darejan auf und umrundete das Feuer, doch er bewegte sich schon nicht mehr, als sie sich neben ihn kniete.
    Sie starrte auf seine reglose Gestalt. Wenn er noch atmete, so konnte sie es zumindest nicht mehr erkennen. Seine Haut war von einem Moment auf den anderen kalt und wächsern geworden. Das kleine Fläschchen war seinen Fingern entglitten. Behutsam hob sie es auf. Ein paar Tropfen waren in den Sand gelaufen. Im Licht der Flammen glitzerte das geschliffene Glas. Sein Inhalt schimmerte dunkel und ölig darin. Mit zusammengebissenen Zähnen betrachtete sie seine bleichen Züge. Wie konnte er nur von ihr verlangen, dass sie ihn tötete, wenn Ahorens Diener sie hier fanden? Sie drehte ihn behutsam auf den Rücken und schlug die Decke um ihn. Seine Kleider waren noch immer klatschnass. Sacht strich sie ihm einige dunkle Strähnen zurück, die auf seiner Stirn klebten. Mirija hatte gesagt, dass auch ein DúnAnór niemals allein in das Reich jenseits des Schleiers ging. Ihr Blick kehrte zu dem glitzernden Glas in ihrer Hand zurück. Wie viel davon war nötig, um jenen Zustand zwischen Leben und Tod herbeizuführen, in dem er jetzt lag? War zu viel tödlich? Sie biss die Zähne zusammen, sah erneut auf seine ruhigen, gelösten Züge. So friedlich hatte er in all den Tagen niemals ausgesehen. Mit einer beinah trotzigen Bewegung setzte sie das Fläschchen an die Lippen und trank. Warm und leicht säuerlich rann es ihre Kehle hinunter und weckte ein kaltes Kribbeln in ihrem Bauch … Unvermittelt fiel ihr das Atmen schwer. Die Welt um sie herum wurde trüb, verzerrte sich zu Schatten.

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