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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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stehende Seele in das Reich jenseits der TellElâhr gehen darf oder ob ihre Schuld noch nicht gebüßt ist. «
    » Warst du schon einmal dort? « Bei dem Gedanken, an einen Ort gehen zu müssen, der dem Schleier ähnelte, bebte ihre Stimme.
    » Drei Mal. Aber jedes Mal entweder mit dem Großmeister oder einer anderen Klinge aus dem Inneren Kreis. Und jedes Mal waren wir vom Wächter der Seelen gerufen worden. « Jetzt alleine, nur mit Darejan und ohne die Erlaubnis des Wächters, dort hinzugehen, flößte ihm mehr Angst ein, als er jemals für möglich gehalten hatte.
    » Und was ist jenseits der TellElâhr? «
    » Ich weiß es nicht. Die DúnAnór sagen, dass es für jeden anders und dennoch für alle auch wieder gleich ist « , gab er nach einem kurzen Zögern zu. » Bei meinem Volk glaubt man, dass es dort majestätische Berge gibt, an deren Hängen sich saftige Weiden erstrecken, auf denen stolze CayAdesh-Herden umherstreifen. Die Sonne wärmt den ganzen Tag und die Nächte sind kühl und dennoch angenehm. Es gibt keinen Winter mit Hunger und Kälte und keinen Sommer mit Dürre und Hitze. Wer in den Felsen einen Fehltritt tut, stürzt nicht zu Tode. Jeder, den du liebst und kennst, ist dort. Es gibt keinen Zwist zwischen den Geshreen und jeder Streit kann ohne Gewalt beigelegt werden. « Er neigte den Kopf ein wenig und sah sie an. » Früher dachte ich, dass es dort entsetzlich langweilig sein muss. « Früher, ja. Früher war er jung und dumm gewesen. Seit er zu den DúnAnór gegangen war, hatte er sich manchmal nach diesem Frieden gesehnt. Und nun gab es in seinem Herzen nichts anderes mehr als diese Sehnsucht. Neben ihm schauderte Darejan bei seinen Worten. Rasch schmiegte sie den Kopf gegen seine Schulter und drängte sich enger an ihn. Er blieb stehen und nahm sie behutsam in den Arm. Die Wärme, die diese einfache Geste in seinem Inneren erweckte, überraschte ihn. Ein trauriges Lächeln glitt über seine Lippen. Wie es schien, gab es da doch noch etwas anderes in seinem Herzen. Nach einem Moment löste er sich mit schmerzhaftem Bedauern aus dieser Wärme und zog sie weiter.
    Doch schon kurze Zeit später blieb er erneut stehen, als ein Band aus Nebel den Sand vor ihnen unter seinem fahlen Schimmern begrub. Wachsam blickte er in die Felsen hinauf. Auch dort oben zeichneten sich Gestalten ab. Nur dass sie sich unruhig und zugleich seltsam ziellos bewegten. Als würden sie etwas suchen. Vielleicht hatte Darejan gespürt, wie er sich bei ihrem Anblick anspannte, denn sie trat näher an ihn heran.
    » Was ist? «
    Er stieß ein leises Zischen aus. » Der Schleier breitet sich aus. Das sind die Seelen jener Männer, die Ahoren aus ihren Körpern vertrieben hat, um seine ElâhrTirIdrayn zu schaffen. Für sie gibt es hier noch keinen Platz. Die RónAnór werden hierherkommen und sie jagen. «
    » Aber wenn es hier keinen Platz für sie gibt, wo sollen sie hin? «
    » Sie können nirgendwohin. Das ist ja das Grausame, das Ahoren ihnen antut. Aus der Welt der Lebenden hat er sie vertrieben, aber die Welt der Toten ist ihnen verwehrt, weil sie noch nicht tot sind. Ihnen bleibt nur das Entsetzen des Schleiers, und auch das können sie nicht für lange Zeit ertragen, weil sie eigentlich auch dort nicht hingehören.– Komm. Wir müssen uns beeilen. « Er umfasste ihre Hand fester und führte sie näher an das Wasser heran, um den träge dahintreibenden Nebelschwaden auszuweichen. Auch auf dieser Seite des Schleiers wollte er nicht mit ihm in Berührung kommen. Zu lange war ein Teil seiner Seele in ihm gefangen gewesen.
    Die Wellen schwappten um ihre Füße, während er Darejan rasch vorwärtszog. Immer wieder blickte er in die Felsen hinauf. Der Nebel bedeckte beinah den gesamten Hang und in ihm bewegten sich unzählige ruhelose Schatten.
    Hinter einer kleinen Landzunge, die ins Wasser ragte, schob er Darejan schließlich erneut in den Schutz einiger Felsen. In ihrem Schatten verborgen deutete er in die kleine Bucht, die sich dahinter öffnete und auf deren spiegelglattem Wasser ruhig ein flacher Nachen trieb. Eine lange Stake ragte über den Bug hinaus. Ein kleines Stück den Sand hinauf saß eine in einen weiten Mantel gehüllte Gestalt an einem Feuer, das mit seltsam graublauer Flamme brannte. Die Kapuze hatte sie über den Kopf gezogen, dennoch schien sie übers Wasser zu blicken.
    » Dort liegt unser Boot. «
    Darejan spähte über das schwarze Gestein hinweg. » Wird der Fährmann es uns so einfach leihen? « ,

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