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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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nur weil er seinem Herzen folgt. « Die zierliche Frau, die an der Seite des Jerden gestanden hatte, war vorgetreten und zog ihn nun in die Höhe. Die Kälte ihrer Berührung biss durch sein Hemd. In ihren hellen goldenen Augen lag die gleiche Wärme und Freundlichkeit, die stets in ihnen gewesen war, als sie zu ihm aufsah. Selbst für eine Frau der Ashkar, dem Nomadenvolk, das durch die südlichen Wüsten zog, war sie klein. Doch wer Ansari deshalb für schwach hielt, wurde stets eines Besseren belehrt. Sie war es gewesen, die sich seiner angenommen hatte, als er in der ersten Zeit im CordánDún halb krank vor Heimweh nach seiner Geshreen gewesen war. Sie hatte ihm vor allen anderen Nekromanten gezeigt, wie er seine Gabe einsetzen konnte. Nicht, weil es ihre Aufgabe als Nekromantia des Großmeisters gewesen wäre, sondern weil sie die Mächtigste war. Weil sie erkannte, dass er keinen Nekromanten brauchte, weil er Cjar hatte. Und weil sie als Erste erkannt hatte, dass er ein Seelensänger war.
    » Niemand ist ein Narr, nur weil er seinem Herzen folgt « , wiederholte sie mit einem sanften Lächeln. » Das darfst du hier « , ihre Fingerspitzen streiften seine Stirn, » niemals vergessen. « Sie sah kurz dorthin, wo Rejaan wartete. » Ich freue mich für dich, dass du endlich jemanden gefunden hast, mit dem auch CjarDar einverstanden ist. Du warst so lang allein, Javreen. Mit ihr an deiner Seite könnte dir Glück beschieden sein, wenn du es nur annehmen willst. «
    Dass er den Kopf schüttelte, ließ Trauer in ihre Augen treten.
    » Ich werde nach Hause gehen, in die GônTheyraan. Ich weiß, dass Cjar auf mich wartet. Ich will, dass der Schmerz endet « , sagte er leise. » Aber zuvor werde ich dafür sorgen, dass ihr in das Reich jenseits der TellElâhr gehen könnt. Ich werde für Ahorens Seele einen neuen KonAmàr beschaffen und ihn für alle Ewigkeit bannen. Das schwöre ich dir. « Er hob den Kopf, blickte Yelntes über ihren schwarzen Scheitel hinweg an. » Das schwöre ich euch allen. «
    » Daran haben wir nie gezweifelt. Keiner von uns. Doch wir sind nicht wegen Ahoren hier. « Der Großmeister bedachte ihn mit einem Blick voller Bedauern. » Seit der ersten Klinge, Joharin, haben die DúnAnór immer den Seelen der Toten und, wenn es nötig war, auch denen der Lebenden gedient. Nun bist nur noch du übrig, Javreen.– Es ist deine Pflicht, Ahorens Seele erneut in einen KonAmàr zu bannen. Das ist wahr. « Yelntes schien langsam Atem zu holen. » Aber es ist auch deine Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Orden der DúnAnór nicht mit dir erlischt. «
    Die Worte trafen ihn wie ein Messer mitten in die Brust. » Nein! « , keuchte er entsetzt. » Nein! « Dieses Mal entfuhr es ihm als Schrei. » Das könnt ihr nicht von mir verlangen! « Sein Blick glitt von Yelntes zu Ansari, zuckte weiter zu Yagren und Cedn, Lihre und Asrén. Er drehte sich um sich selbst. In allen Zügen stand Mitleid und Bedauern, und zugleich unbarmherzige Entschlossenheit. Er sah wieder Ansari an. Wortlos nahm sie seine Hände in ihre und drückte sie kurz. Es war, als hätte er unvermittelt in Schnee gefasst. Dann ließ sie ihn los und kehrte an die Seite ihrer Klinge zurück. » Nein! Bitte nicht! « Noch einmal sah er von einem zum anderen. Schweigen beantwortete sein Flehen. Er blickte Yelntes an. » Das könnt ihr nicht verlangen. «
    » Wir wissen um deinen Schmerz, Javreen, wir alle. Auch wenn nicht einer von uns ihn in seinem Ausmaß jemals wirklich erfassen könnte. « Der Großmeister hob in einer Geste, die um Verstehen und Verzeihen zugleich bat, die Hände. » Aber du hast auf die Erste Klinge einen Schwur geleistet. Und im Namen dieses Schwures ist es deine Pflicht, dafür zu sorgen, dass die DúnAnór nicht vom Angesicht Oreádons verschwinden. Es tut mir leid, Javreen. Ich verbiete dir, in die GônTheyraan zu gehen. «
    » Nein! Ihr wisst, was Cjars Tod für mich bedeutet. Wir sind über unser Leben hinaus verbunden. Ich kann nicht… «
    » Du musst leben, und du wirst Wege finden, dies zu tun! «
    Die Worte hallten wie ein Fluch in Javreens Ohren. Verzweifelt schüttelte er den Kopf und fiel erneut auf die Knie. » Bitte nicht! Zwingt mich nicht dazu « , flehte er noch einmal.
    Von einem Lidschlag auf den nächsten war Yelntes direkt vor ihm. Seine Hand legte sich kalt auf Javreens Schulter. Der Nebel um sie herum schien höher zu steigen. » Auch wenn du es niemals sein wolltest: Du bist jetzt der neue Großmeister.

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