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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Blätter und Erde fortzuscharren, bis er eine kleine Kuhle gegraben hatte, in die er die Reste ihres Mahles kippte, ehe er Erde und Blätter wieder darüber verteilte. Er warf ihr den Topf zu. » Spül ihn an der Quelle sauber, aber hinterlass keine Spuren. Und beeil dich! « , befahl er ihr, während er schon die Beutel heranzog und sich daran machte, Schalen und Becher und die Reste des Proviants hineinzustopfen.
    » Was ist passiert? Haben die Kerle unsere Spur gefunden? «
    » Nein, ich glaube noch nicht. Aber sie haben angefangen, den Wald abzusuchen. Außerdem konnte ich Torel nirgends entdecken. Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Irgendetwas stimmt nicht. Wir verschwinden von hier. «
    » Und wo willst du hin? «
    » Tiefer in den WrenVarohn hinein. Lass uns hoffen, dass sie zu abergläubig sind, um uns zu folgen, falls sie unsere Spuren doch finden.– Der Kessel! Nun mach schon! «
    Darejan gehorchte hastig. Die Beutel wurden über Nijaas Rücken geworfen, Nakeen füllte noch einmal den Wasserschlauch, dann kniete er sich neben den Verrückten und weckte ihn behutsam. Es dauerte eine Weile, bis er endlich die Augen öffnete. Unter beruhigendem Murmeln zog Nakeen ihn auf die Beine und bedeutete Darejan, die Decken zusammenzurollen. Wieder tat sie, was er verlangte, und legte sie über Nijaa, während Nakeen sich weiter um den Verrückten kümmerte. Er wirkte benommen, aber nicht mehr so verwirrt wie zuvor. Widerstandslos ließ er sich zu Zaree führen und stieg dann gehorsam auf den Rücken des Hengstes. Mit halb geschlossenen Augen hockte er zusammengesunken auf dem CayAdesh, eine Hand auf dessen Widerrist abgestützt, die Finger der anderen locker in dessen Gefiedermähne geschlungen. Nakeen blickte einen Moment lang zweifelnd zu ihm auf, dann sah er mit zusammengepressten Lippen zu Darejan, ehe er sich abwandte und Zaree die Senke hinaufführte. Darejan folgte ihnen in den Spuren des Hengstes. Nijaa bildete den Abschluss.
    Während Nakeen sie immer tiefer in den WrenVarohn hineinführte, senkte sich die Sonne rasch hinter den Bäumen, und Darejan erkannte, dass sie länger geschlafen hatte, als sie gedacht hatte. Ihr rotgoldenes Licht tauchte die Blätter und Nadeln der Narlbirken und Cinjantannen in ein warmes Farbenspiel. Kletterranken wanden sich an ihnen zwischen dunklen Moospolstern und tellerförmig aus der Rinde wachsenden Pilzen empor. Ein paar Mal reckte eine uralte Dierenzeder zwischen ihnen ihre Zweige in einen Himmel, der sich allmählich rot zu färben begann. Warm strich ein sanfter Windzug durch das Unterholz und brachte es zum Rascheln. In den Wipfeln tschilpten und keckerten Vögel unsichtbar um die Wette.
    Schließlich wandelte sich das Licht zuerst zu fahlem Violett, das schnell zu tiefem Purpur wurde. Die Nacht breitete sich zwischen den Bäumen aus und brachte eine seltsame Kälte mit sich. Plötzlich war es vollkommen still. Selbst der Wind hatte sich gelegt. Die einzigen Geräusche schienen ihre Schritte zu sein und das wilde Pochen ihres Herzens, das Darejans Blut in ihren Ohren rauschen ließ. Fahle Nebelschlieren krochen über den Boden und zauberten matt schimmernde Wassertropfen auf Blätter und Stämme.
    Vor ihr war Nakeen stehen geblieben. Unruhig und wachsam zugleich blickte er sich um. Neben ihm scharrte Zaree mit seinen Hufklauen über den Boden und schlug mit dem Federschweif. Nijaa schnaubte leise und trat näher an Darejan heran.
    » Weiter! « Das Wort klang gepresst. Seine Stimme hallte zu laut in der gespenstischen Stille. Die Hand auf der Schulter des CayAdesh-Hengstes setzte er sich wieder in Bewegung. Darejan beeilte sich, ihm dicht zu folgen. Sie spürte Nijaas Atem warm in ihrem Nacken. Laub und Nadeln raschelten unter ihren Füßen. Manchmal brach ein Zweig mit einem trockenen Knacken. Der Nebel wallte allmählich höher, schmiegte sich um Baumstämme und Äste, schillerte und wirbelte zwischen den Blättern. Kleine Flammen tanzten in ihm hoch über dem Boden, blaufahle Feuer, manche nicht größer als ein Funke. Nijaa schnaubte neben ihr. Die Flammen kamen näher, wichen zurück, versteckten sich hinter Blättern, lugten wieder hervor.
    Lockten.
    Lockten.
    Sie streckte die Hand aus, folgte ihnen.
    Folgte ihnen.
    Bahnte sich einen Weg durch Gestrüpp hindurch. Dornen rissen an ihrem Kleid, stachen in ihre Arme. Sie stolperte auf eine Lichtung. Weit, weit entfernt klang ein Wiehern in der Dunkelheit. Ein Funke zuckte auf sie zu, fiel auf ihre

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