Seelenkuss
nach, dann hastete sie ihm hinterher, ehe auch er in der Dunkelheit zwischen den Bäumen verschwunden war.
Im Windschatten des Hanges waren die Geräusche ihrer Verfolger nicht mehr zu hören. Dennoch hasteten sie möglichst lautlos durch den Wald.
Das Plätschern rasch fließenden Wassers und ein deutliches Spritzen verkündeten schließlich, dass sie den Bachlauf erreicht hatten. Einen Augenblick später stand auch Darejan bis über die Knie in kalter Nässe und versuchte, auf den glitschigen Steinen Halt zu finden. Vor ihr stapften Zaree und der Verrückte durch die fahl glitzernde wirbelnde Oberfläche den Wasserlauf abwärts. Hinter sich hörte sie Nijaa hell schnauben, und gleich darauf Nakeens beschwichtigendes Murmeln, ehe er ihr » Geh weiter, Korun! « befahl.
Der Bachlauf teilte den Wald wie eine kleine Schneise. Mondlicht fiel zwischen den Baumwipfeln hindurch und verwandelte das Wasser in tanzendes Silber. Vereinzelt gluckste es über dem beständigen Gurgeln und Rauschen, wenn ein Fisch in der Strömung gestanden hatte und hastig wieder abtauchte. Ein umgestürzter Baumstamm lag quer über den Bach, halb überspült, und musste mühsam überklettert werden.
Je länger sie dem Bachlauf folgten, umso tiefer wurde das Wasser. Inzwischen reichte es Darejan bis zur Hälfte der Oberschenkel und machte jeden Schritt doppelt mühsam. Vor ihr kämpfte der Verrückte sich immer noch voran, doch inzwischen hatte er beide Hände in Zarees Federmähne geschlossen. Mehrfach war er bereits gestürzt und wäre vermutlich untergegangen, hätte er sich nicht an dem Hengst festgehalten. Seine angestrengten Atemzüge klangen über dem Rauschen des Baches bis zu ihr.
Außer den Geräuschen, die sie selbst verursachten, und dem gelegentlichen Schrei eines Nachtvogels war es still. Beinah wollten sie schon aufatmen, als plötzlich erschreckend nahe ein Ruf erklang. Einen Augenblick später zerschnitt der klagende Ton eines Horns die Dunkelheit und gleich darauf kam auch das Kläffen der Hunde unerbittlich näher. Hinter Darejan knurrte Nakeen einen besonders bildhaften Fluch, während vor ihr der Verrückte Zaree mit einem erschöpften Seufzen einen Schlag auf den Hals gab, woraufhin der Hengst schneller durch das Wasser trabte und ihn mitzog. Rasch folgte Darejan ihnen, wobei sie sich Nijaas keuchendem Schnauben und dem scharfen Stechen in ihrer eigenen Seite nur zu bewusst war.
Sosehr sie sich auch vorwärtsmühten, die Stimmen ihrer Verfolger und das Bellen der Hunde kam unaufhaltsam näher. Es konnte nicht mehr lange dauern und sie würden sie stellen. Vor ihr stürzte der Verrückte immer häufiger. Ein paar Mal war er schon unter Wasser geraten, obwohl er sich noch immer an die Mähne des CayAdesh-Hengstes klammerte. Allmählich schien sich die Dunkelheit um sie herum zu lichten. Wahrscheinlich würde bald die Sonne aufgehen, und spätestens dann war es um sie geschehen, wenn nicht irgendein Wunder sie rettete.
Sie hatten gerade einen zweiten schmalen Bachlauf passiert, der in den größeren, dem sie folgten, einmündete, als ein leiser Ruf Nakeens sie stehen bleiben und sich umwenden ließ. Die Züge des Verrückten schimmerten geisterhaft fahl und schweißbedeckt. Er hielt die Hand auf die Wunde gepresst. Jeder seiner keuchenden Atemzüge kündete von Schmerz.
» Wir trennen uns. « Auch Nakeen sprach voll erschöpfter Atemlosigkeit. » Ihr geht mit Nijaa hier hinauf. Zaree und ich folgen dem Bachlauf weiter, verlassen ihn an einer geeigneten Stelle und locken sie so auf eine falsche Fährte. «
Für einen langen Moment blickte der Verrückte das schmalere, geröllige Bachbett entlang. Auch hier wuchsen Bäume und Büsche beinah bis ins Wasser hinein, doch schlossen sich die Äste hoch über ihm zu einer düsteren Kuppel, sodass es schon nach wenigen Schritten in absoluter Schwärze verschwand. Langsam schüttelte er den Kopf. » Nein! Nimm du Zaree und Nijaa mit dir. Geht ihr dort hinauf. Noch ist unser Vorsprung groß genug, dass ihr ihnen entkommen könnt « , befahl er matt.
» Aber… «
Ein neuerliches Kopfschütteln beendete Nakeens Widerspruch. Mit dem Kinn wies er auf Darejan. » Sie und mich wollen sie lebend. Auch wenn sie uns fangen, werden sie uns nichts tun. Aber an dir und den CayAdesh sind sie nicht interessiert. Euch werden sie töten. « Müde stieß er sich von Zarees Seite ab und trat auf Nakeen zu, legte ihm die Hand auf die Schulter. » Sei nicht töricht! Du kannst ihr Leben retten,
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