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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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wenn ihr jetzt geht « , beschwor er ihn eindringlich. » Bring sie in Sicherheit. Bring sie nach Hause zurück! «
    Einen Augenblick schien Nakeen widersprechen zu wollen, doch dann schluckte er nur hart. Der Klang des Horns ließ sie alle drei zusammenzucken. Nijaa wieherte leise.
    » Geh! Bring sie fort! Beeil dich! « , drängte der Verrückte abermals und schob Nakeen zu dem schmaleren Bachbett hin. Der zögerte kurz, als wolle er etwas sagen, stattdessen nickte er nur und schickte sich wortlos an, das Geröllbett hinaufzuklettern.
    Nijaa machte einen Schritt auf ihn zu, stieß einen hellen Laut aus und rieb ihre samtigen Nüstern an seiner unverletzten Schulter.
    » Du willst doch, dass dein Fohlen diese Welt zum ersten Mal an einem sicheren Ort sieht, oder? Also geh! « Er gab der CayAdesh-Stute einen Klaps auf den Hals, um sie hinter Nakeen herzuschicken. » Geh! « , befahl er noch einmal. Sie drängte sich ein letztes Mal gegen ihn, dann gehorchte sie und folgte Nakeen, der am Rand der Dunkelheit unter den Bäumen auf sie wartete. Das Wasser rann wie eine Flut aus silbernen Tropfen aus ihrem Gefiederfell. Auch Zaree schien es zu widerstreben, mit Nakeen zu gehen. Unwillig schlug er mit dem Kopf, als der Verrückte auf ihn zutrat. Doch er stand mit der Reglosigkeit einer Statue, als er ihm mit der flachen Hand über die Stirn rieb. » Du auch! Geh! Sie ist deine Gefährtin! Du musst sie beschützen! Und Nakeen wird deine Kraft brauchen! Geh! «
    Wie zur Antwort schnaubte der Hengst gegen seine Schulter, dann trabte er hinter Nijaa und dem Jarhaal her, in die Finsternis zwischen den Bäumen hinein. Erneut klang das Horn durch die Nacht, erneut näher als zuvor, und die hellen Augen des Verrückten richteten sich auf Darejan. Schließlich drehte er sich um und watete weiter mühsam den Bachlauf abwärts. Einen Moment starrte sie ihm nach, die Kehle seltsam eng, dann trieb sie das Kläffen der Hunde und die deutlich zu hörenden Stimmen ihrer Verfolger hinter ihm her. Schon nach wenigen Schritten hatte sie ihn eingeholt und legte sich seinen Arm um die Schultern. Im ersten Augenblick wollte er sie unwillig von sich stoßen, sah dann aber offenbar ein, dass er ohne ihre Hilfe nicht schnell genug vorankommen würde, und lehnte sich schwer auf Darejan. Gemeinsam kämpften sie sich in der allmählich nachlassenden Schwärze durch das Wasser. Doch es war, als hätten sich böse Mächte gegen sie verschworen. Der Bachlauf wurde immer tiefer. Löcher lauerten zwischen dem Geröll und den glitschigen Steinbrocken in seinem Bett. Immer häufiger hingen Äste tief auf das Wasser herab, die sie zwangen, sich unter ihnen hindurchzuducken. Darejan merkte, wie die Kräfte des Verrückten weiter nachließen. Und jetzt, da er Nakeen und die CayAdesh in Sicherheit hoffte, schien auch seine Entschlossenheit mehr und mehr zu schwinden. Wieder und wieder stürzte er, und mit jedem Mal brauchte Darejan länger, um ihn zurück auf die Beine und vorwärts zu zerren. Das beständige Rauschen und Murmeln des Baches genügte nicht, um die Geräusche zu übertönen, mit denen sie sich vorwärtsbewegten. Die Stimmen und das Gebell der Hunde kamen unaufhaltsam näher. Ein paar Mal hatte sie geglaubt, zwischen den Bäumen und Büschen oben am Rand der Böschung huschende Bewegungen erkennen zu können.
    Das Wasser reichte ihnen inzwischen bis knapp unter die Rippen, als die Uferböschung plötzlich zurück wich und der Bach sich in einen kleinen Teich ergoss. Etwas Großes verschwand mit einem deutlich vernehmbaren Glucksen in seiner Tiefe und hinterließ sich träge ausbreitende Wellenkreise, die die dünnen, tief herabhängenden Blattzweige einer Gruppe Sissraweiden, die ein Stück vom Ufer entfernt im Wasser standen, auf dem schimmernden Spiegel zum Tanzen brachten. Goldrohrkolben reckten sich daneben auf ihren gut daumendicken Stängeln zwischen leise raschelndem Schilfgras aus dem matten Glitzern empor und schwangen sacht hin und her. Rechts von ihnen bestand der Rand des Teiches nur aus Schwärze und Schatten, die sich tief unter den Wipfeln krumm gewachsener roter Cinjantannen duckten. Auf der gegenüberliegenden Seite hatte der Bach Äste und Zweige zu einem Damm angeschwemmt, der ihn hier zu dem kleinen Teich staute und über den das Wasser plätschernd hinweg gurgelte. Ein leises Zirpen hing in der Luft. Wieder war das Glucksen zu hören, diesmal kam es von rechts. Wellen schwappten gegen sie. Dann erklang erneut das Horn, und

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