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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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abgebrochenen
Spatenstiel, der scharf und splittrig genug gewesen wäre, um selbst Dracula den Garaus zu machen. Infrage kamen natürlich auch die rostigen Zinken einer Mistgabel oder ein spitzer, eiserner Zaunpfahl.
    Von dem einzelnen Schuss, der mir gelungen war, unversehrt, würde André das Ende der Röhre erreichen und mich aufgespießt im Becken liegen sehen. So brutal er auch aussah, er hatte bestimmt ein recht vergnügtes Lachen. Während ich starb, würde er das erste Wort aussprechen, das ich von ihm hörte: Versager.
    Deshalb ließ ich die Pistole im Gürtel stecken und balancierte auf dem Sims bis zur anderen Seite des Beckens, wo sich der höchste der drei Ausflüsse befand. Sein unterer Rand lag direkt über meinem Kopf und damit gut einen Meter höher als die Öffnung, aus der ich gekommen war.
    Das Wasser, das aus den Rohren an der Decke strömte, kam prasselnd in dem trüben Becken auf. Von den in die Luft spritzenden Tropfen war ich schon fast bis zur Hüfte durchnässt, aber noch viel dreckiger und elender konnte ich ja wohl kaum mehr werden.
    Sobald mir dieser Gedanke gekommen war, hätte ich ihn am liebsten wieder zurückgenommen, denn ich hatte das dunkle Gefühl, damit das Schicksal herauszufordern. Wenn ich mich nicht zusammenriss, dann würde ich gleich wesentlich dreckiger und elender werden.
    Ich hob die Arme, hielt mich mit beiden Händen an der Röhrenkante fest, stemmte mich zappelnd hoch und schlüpfte hinein.
    Oben angelangt, überlegte ich, ob ich warten sollte, bis André in der Öffnung gegenüber auftauchte, um ihn von meiner erhöhten Warte aus aufs Korn zu nehmen. Für jemanden, der noch am selben Tag Skrupel gehabt hatte, eine Schusswaffe
auch nur in die Hand zu nehmen, hatte ich einen ungebührlichen Drang entwickelt, meine Feinde mit Blei vollzupumpen.
    Davon ganz abgesehen, wurde mir rasch klar, dass mein Plan einen entscheidenden Mangel hatte. André war ebenfalls bewaffnet. Er streckte bestimmt nicht einfach blindlings den Kopf aus der Röhre, und wenn ich auf ihn schoss, dann schoss er zurück.
    Die ganzen Betonwände, neue Querschläger, wieder dieser ohrenbetäubende Lärm …
    Ich hatte nicht genug Munition, um meinen Verfolger so lange in Schach zu halten, bis das steigende Wasser seine Röhre erreicht hatte und ihn zum Rückzug zwang. Mir blieb nur übrig, weiter nach einem Fluchtweg zu suchen.
    Die Röhre, in die ich geklettert war, wäre bei einem gewöhnlichen Unwetter wahrscheinlich trocken geblieben, aber inzwischen ging draußen wohl eine wahre Sintflut nieder. Seit ich die Kammer erreicht hatte, war der Wasserstand im Becken sichtlich angestiegen.
    Glücklicherweise hatte mein neuer Fluchtweg einen größeren Durchmesser als der letzte, fast eineinhalb Meter. Ich musste also nicht kriechen, sondern konnte gebückt gehen und dadurch einen Vorsprung herausholen.
    Wohin der Weg mich führen würde, wusste ich nicht, aber ich war allmählich reif für einen Tapetenwechsel.
    Während ich mühsam auf die Beine kam, erhob sich in der Kammer hinter mir ein schrilles Zwitschern. Von André konnte es kaum stammen, und dann wusste ich auch schon, was dafür verantwortlich war: Fledermäuse.

56
    Hagel in der Wüste ist eine Seltenheit, aber gelegentlich überzieht selbst in der Mojave ein Unwetter das Land mit Eis.
    Hätte es draußen gehagelt, dann hätten sich nur noch Beulen auf meinem Gesicht bilden müssen, und ich wäre mir sicher gewesen, dass Gott sich damit amüsierte, mir die zehn biblischen Plagen auf den Hals zu schicken.
    Na schön, Fledermäuse gehören eigentlich nicht zu diesen Plagen, obwohl mich das wundert. Wenn ich mich recht erinnere, wird Ägypten stattdessen von Fröschen terrorisiert.
    Selbst eine große Anzahl zorniger Frösche wirkt jedoch bei Weitem nicht so eindrucksvoll wie ein Schwarm tobender Flugsäuger. In diesem Fall hat das dramatische Talent des lieben Gottes eindeutig versagt.
    Als die Frösche verendet sind, kommen ausgerechnet Stechmücken zum Vorschein; sie sind die dritte Plage. Und so etwas von einem Schöpfer, der den Himmel über Sodom und Gomorrha blutrot gemalt hat, Feuer und Schwefel auf die beiden Städte regnen ließ, jede Behausung umstürzte, in der sich jemand zu verbergen suchte, und jeden Baustein zerbrach wie ein rohes Ei!
    Während ich mich am Becken entlangbewegt und dann hochgestemmt hatte, war der Strahl meiner Taschenlampe nicht an die Decke gefallen. Offenbar hatte dort eine Schar Fledermäuse gehangen und still

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