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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Falle.
    Dennoch trat ich in den Bunker und drückte leise die Tür zu. Meine Vermutung, dass auch sie nicht abschließbar war, bestätigte sich.

    Ich eilte die Betontreppe hinab in die Wanne und auf die andere Seite des Generators.
    Als ich mit der Lampe in den Tunnel leuchtete, sah ich, dass er leicht abschüssig war und allmählich eine Biegung nach links machte. Die Wände waren trocken und sauber. Spuren würde ich also nicht hinterlassen.
    Falls André hier hereinkam, spähte er bestimmt ebenfalls in diese Röhre. Hatte ich mich dann hinter der Biegung verborgen, drang er wahrscheinlich nicht weiter vor, sondern vermutete, dass ich anderswohin entwischt war.
    Der Durchmesser des Tunnels reichte nicht aus, um gebückt gehen zu können. Ich musste hineinkriechen, also schob ich mir Daturas Pistole hinten unter den Gürtel und holte erst einmal Luft.
    Die schützende Biegung war etwa sechs Meter vom Eingang entfernt. Da ich die Taschenlampe vorerst nicht brauchte, schaltete ich sie aus, steckte sie in die Halterung an meiner Stirn und kroch auf Händen und Knien in die Finsternis.
    Nach einer halben Minute merkte ich, dass ich die Biegung fast erreicht hatte. Ich streckte mich zu voller Länge aus und drehte mich auf die Seite. Dann richtete ich die Lampe dorthin, wo ich hergekommen war, und sah mir den Boden an.
    Tatsächlich hatte ich mehrere kleine Rußflecken hinterlassen, aber an dieser Spur allein würde André sicher nicht erkennen, dass ich hier durchgekommen war. Das schwarze Zeug konnte schon jahrelang vorhanden sein. Außerdem war der Beton mit Wasserflecken bedeckt, durch die der Ruß nicht weiter auffiel.
    Wieder im Dunkel, robbte ich auf Händen und Knien weiter um die Biegung. Als ich den Punkt erreicht hatte, an dem ich vom Eingang aus wahrscheinlich nicht mehr zu sehen war, legte ich zusätzlich vier, fünf Meter zurück, um auf Nummer sicher zu gehen. Dann hielt ich inne.

    Ich setzte mich mit gekreuzten Beinen hin, lehnte den Rücken an die runde Wand der Röhre und wartete.
    Nach einer Weile fiel mir wieder jene alte Serie über die unter der Erdoberfläche verborgene Zivilisation ein. Vielleicht gelangte ja auch ich irgendwo auf dieser Route in eine unterirdische Stadt, wo Frauen mit gehörnten Hüten, ein böser Herrscher und Mutanten hausten. Kein Problem. Schlimmer als im Hotel konnte es nicht mehr kommen.
    Mit einem Mal schlich sich unvermutet Kali in meine Erinnerung an die Serie ein, obwohl sie da gewiss nicht hingehörte. Ihre Lippen waren mit Blut bemalt, die Zunge hing heraus. Sie trug weder eine Schlinge noch ihren von einem Schädel gekrönten Stab, ihr Schwert oder den abgetrennten Kopf. Ihre Hände waren leer, damit sie mich besser begrapschen und mein Gesicht gewaltsam an die Lippen ziehen konnte, um mich zu küssen.
    Da saß ich allein und ohne Lagerfeuer in einer finsteren Röhre und erzählte mir selbst Gespenstergeschichten. Man könnte meinen, dass ich durch meinen Lebenswandel dagegen gewappnet wäre, mich vor so etwas zu fürchten, aber damit läge man falsch.
    Da ich jeden Tag Beweise dafür sehe, dass es tatsächlich ein Leben nach dem Tod gibt, kann ich mich nicht in lupenreine Rationalität flüchten und behaupten: Geister gibt es eigentlich gar nicht. Was uns nach dem Verlassen dieser Welt erwartet, weiß ich allerdings auch nicht genau, weshalb meine Fantasie in dunkleren Tiefen kreiselt, als ihr euch vorstellen könnt.
    Versteht mich nicht falsch. Bestimmt besitzt ihr eine fabelhaft dunkle, verbogene und vielleicht sogar richtig kranke Fantasie. Ich versuche bestimmt nicht, euch eure wahnwitzige Einbildungskraft madig zu machen. Von mir aus könnt ihr gerne stolz darauf sein.

    Als ich, im Tunnel hockend, merkte, dass ich mir selber Angst machte, verbannte ich Kali nicht nur aus der Rolle innerhalb der Fernsehserie, die sie sich selbst zugedacht hatte, sondern auch aus meinem Bewusstsein. Zu diesem Zweck konzentrierte ich mich auf die als Dinosaurier verkleideten Leguane und auf die Zwerge in Lederhosen und Zipfelmützen.
    Statt Kali schlich sich nach wenigen Sekunden Datura in meine Gedanken ein, zerfetzt von dem Berglöwen, aber dennoch liebesbedürftig. Sie kroch durch den Tunnel auf mich zu.
    Atmen konnte ich sie natürlich nicht hören, denn Tote atmen nicht.
    Sie wollte sich auf meinen Schoß setzen, mit dem Hintern wackeln und mich ihr Blut lecken lassen.
    Tote sprechen nicht. Es war jedoch leicht zu glauben, dass Datura die einzige Ausnahme von dieser Regel

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