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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schwester, die sie immer vermisst hatte.

    Callie zog ihre Hand wieder weg, griff nach ihrem Bier und nahm einen großen Schluck. »Ich habe dir schon immer gepredigt, dass es Zeitverschwendung ist, sich um mich Sorgen zu machen. Weißt du denn nicht, dass ich unzerstörbar bin?«
     
     
    Callie riss die trüben Augen auf, um von der schmutzigen Wanduhr in der Kneipe die Zeit abzulesen. Abbie war schon lange weg. Gleich nach dem Restaurantbesuch hatten sie sich getrennt. Das lag nun mehrere Stunden und etliche Lokale zurück.
    Doch auf einmal war Abbie wieder da. Callie schwankte, klammerte sich am Tresen fest und sah auf den flackernden Fernsehbildschirm, der neben der Uhr an die Wand montiert war. Erneut wurden die altbekannten Bilder von ihrer Schwester mit den Cops gesendet, wie sie über das bisschen Nichts faselten, das sie über den Alptraum-Vergewaltiger hatten.
    »Da ist sie, Leute, meine kleine Schwester.« Callie hielt ihr Schnapsglas in die Höhe und trank Abbies Ebenbild zu. »Sonderberaterin bei Savannahs Freunden und Helfern. Dann bin ich wohl auch irgendwie prominent. Ohne mich wäre sie nämlich nichts, wisst ihr?«
    Sie kippte den Tequila, fast ohne zu spüren, wie er ihr brennend die Kehle hinabrann, und rollte das Glas den Tresen entlang in Richtung Barkeeper. »Der Nächste müsste eigentlich aufs Haus gehen, Ty. Ich hab’ne berühmte Schwester, weißt du?«
    »Hey, Callie, ist das wirklich deine Schwester?«, grölte ein Mann vom Billardtisch herüber. »Sie sieht dir gar nicht ähnlich.«
    »Sie hat keine solchen Titten wie du«, rief ein anderer, und alle lachten.

    Ein bärtiger Typ presste sich gegen sie. Langsam drehte sie den Kopf, um ihn zu mustern. Seinen Namen hatte sie vergessen, doch sie wusste noch, dass sie vor ein paar Nächten auf dem Vordersitz seines Pick-up-Trucks auf ihm gesessen hatte, während ihm die heruntergelassene Jeans um die Knöchel hing. Was ihm an Raffinesse fehlte, machte er durch Ausdauer wett. »Ich mag Schwestern.« Er grinste so breit, dass seine Zahnlücke sichtbar wurde. »Ich meine, ich treib’s gern mit Schwestern. Steht sie auf flotte Dreier?«
    »Verpiss dich.« Plötzlich erzürnt, schnappte sie sich einen leeren Eiskübel vom Tresen und zielte damit auf seinen Kopf. Er duckte sich und konnte ihm gerade so ausweichen.
    »Was ist denn in dich gefahren?«, fauchte er und wich zurück. »Verrückte Zicke.«
    Sie lächelte böse und beobachtete, wie die Wut aus seiner Miene wich und von Argwohn abgelöst wurde. »Du glaubst, ich bin verrückt? Du hast ja keine Ahnung. Der einzige Dreier, den du kriegst, ist, wenn du dir auf dem Klo mit beiden Händen deinen mickrigen Schniedel reibst.«
    »Hier ist dein Schnaps.« Der Barkeeper stellte das Glas vor Callie. »Chandler«, fuhr er den Mann hinter ihr an. »Zieh Leine. Ich will hier keinen Ärger.«
    Callie griff nach ihrer Tasche und nahm die Geldbörse heraus. Merkwürdig, wie heftig noch immer der Impuls war, ihre kleine Schwester zu beschützen. Es kam ganz instinktiv.
    Doch vielleicht war es gar nicht so merkwürdig. Fast ihr ganzes Leben lang hatte sie Abbie beschützt und dabei mehr geopfert, als irgendjemand ermessen konnte.
    »Steck dein Geld ein. Ich bezahle.«
    Callie warf dem Neuankömmling neben ihr einen koketten Blick zu, doch in Gedanken war sie nach wie vor bei ihrer Schwester. Sie war wirklich stolz auf Abbie. Das hatte sie
ihr doch sogar gesagt, oder? Aber manchmal war es schwer zuzusehen, wie sie ihr Leben lebte, als wäre die Vergangenheit ein Haufen Müll, den sie weggefegt und vergessen hatte. Als würde es nicht in ihr weiterleben, eine lebende, atmende Finsternis, die alles berührte, was sie tat. Alles, was sie war.
    »Vergiss deine Schwester.« Der Fremde stützte sich mit beiden Unterarmen auf den Tresen und musterte sie. »Du bist garantiert viel interessanter.«
    Da sah Callie ihn zum ersten Mal genauer an und begann zu lächeln. Sie stand nicht unbedingt auf lange Haare, doch wenigstens hatte er sie nach hinten gebunden. Sein Gesicht hätte man beinahe hübsch nennen können, wenn die Augen nicht gewesen wären.
    Sie waren hart. Und ein bisschen grausam. Callie wusste, dass sie ihn heute Nacht mitnehmen und ausprobieren würde. Es war eine dieser Nächte, in denen ihr selbst ein wenig grausam zumute war.

16. Kapitel
    »Was hast du denn da, Tinkerbell, irgend so’nen schicken Designer-Kaffee?« McElroy ließ sich im Verhörraum schwer neben Abbie auf einen Stuhl fallen, wobei

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