Seelenmoerder
Spurensicherung bisher gefunden?«
»Sie hat irrsinniges Glück gehabt. Wahrscheinlich hat sie ihn angeschossen«, antwortete Ryne mit einem harten, zufriedenen Lächeln. »Wir haben eine große und mehrere kleinere Blutspuren auf dem Teppich gefunden. Und noch eine auf dem Knauf der Vordertür.«
Abbie reckte eine Faust in die Luft. »Das ist ein toller Fortschritt.« Im Kopf überschlug sie bereits, wie lange es dauern würde, bis die Labors die Blutuntersuchung vorgenommen hatten. Dann mussten sie die Ergebnisse ins CODIS eingeben, um festzustellen, ob sie zu irgendwelchen Spuren passten, die bei anderen Gewaltverbrechen in den Vereinigten Staaten hinterlassen worden waren. Sie hätte darauf wetten mögen, dass es Übereinstimmungen gab. Der Täter war immer brutaler geworden, also hatte er bestimmt einmal kleiner angefangen. Und er konnte nicht immer so viel Glück gehabt haben wie bei seiner jüngsten Vergewaltigungsserie.
Doch nun sah es ganz danach aus, als hätte ihn sein Glück verlassen.
Das sagte sie auch Ryne. »Mittlerweile ist ihm schon zweimal etwas in die Quere gekommen«, erklärte sie und
fuhr fort, als er sie mit hochgezogenen Brauen ansah. »Zuerst musste er sich bei Karen Larsen beeilen, als sie nicht zur vorgesehenen Uhrzeit zurückkam. Und heute Abend ist Laura Bradford in Begleitung zu Hause eingetroffen.«
»Der Mistkerl ist flexibel.«
Obwohl sie beide nicht geschlafen hatten, ehe Ryne den Anruf bekommen hatte, sah er ebenso hellwach aus, wie Abbie sich fühlte. Ihre vorherige Erschöpfung war zumindest für den Moment verschwunden, und sie war immer noch voller Adrenalin. »Er muss Laura Bradford eine Zeitlang beobachtet und gewusst haben, dass Denton manchmal mit ihr nach Hause kam, aber nie die ganze Nacht bei ihr verbracht hat.« Abbie war der Anflug von Bitterkeit im Tonfall der Frau nicht entgangen, als sie ihr das mitgeteilt hatte.
»Ich bin kein Freund davon, dass Bürger mit Waffen herumhantieren – noch dazu ohne Erlaubnis -, aber sie hat sich damit ein entsetzliches Erlebnis erspart. Die Frauen von Savannah werden ihr vermutlich eine Medaille verleihen.« Er zögerte, worauf sie hellhörig wurde. »Und jetzt die schlechten Nachrichten. Dixon will eine weitere Pressekonferenz abhalten.«
Sie hob eine Hand, um sich die Stelle zwischen den Augen zu reiben, die plötzlich zu schmerzen begonnen hatte. »Das hätte ich mir denken können.«
»Er will möglichst schnell auf die jüngsten Entwicklungen reagieren. Und er hat ausdrücklich darum gebeten, dass du mich begleitest. Du sollst ihm ein aktualisiertes Profil vorlegen, einschließlich deiner wahrscheinlichsten Prophezeiung darüber, was der Täter als Nächstes im Schilde führt. Bring deine Kristallkugel mit.«
»Ich kann eine fundierte Vermutung anstellen. Hochintelligente Täter halten sich für klüger als alle anderen –
Polizisten wie Opfer. Dass Laura Bradford ihn ausmanövriert hat, war wahrscheinlich ein Schock für ihn. Das wird ihn wütend machen, umso mehr, wenn es in der Presse groß herausgestellt wird. Es ist eine Ohrfeige für sein Ego und könnte genau der Anstoß sein, der einen so überlegt agierenden Täter veranlassen könnte, impulsiv zu handeln.«
»Dann ist Laura Bradford also immer noch in Gefahr.«
Es war eher eine Aussage als eine Frage, doch sie nickte. »Das lässt er nicht auf sich sitzen. Und ich will mir gar nicht ausmalen, was er ihr antun könnte, wenn er sie noch mal erwischt.«
»Ich kann eine Beamtin abstellen, die rund um die Uhr bei ihr bleibt. Und eine zweite, die das Haus von außen bewacht. Zumindest eine Zeitlang.«
»Wenn er nicht direkt an sie herankommt, wird er garantiert in anderer Form zuschlagen«, überlegte sie. »Wahrscheinlich beschleunigt er dann sein Auswahlverfahren und nimmt das nächste Opfer Wochen früher ins Visier als ursprünglich geplant.«
Ryne blickte finster drein. »Also ist er eine unmittelbare Bedrohung.«
Abbie zuckte hilflos mit der Schulter. »Das hängt von mehreren Variablen ab. Zum Beispiel davon, wie schwer er verletzt ist.«
»Schwer zu sagen.« Ryne lehnte sich mit einer Schulter an die Wand. »Aber es war höchstwahrscheinlich nur ein Streifschuss, nach der Blutmenge zu urteilen, die er hier verloren hat. Er konnte ja auch noch zu Fuß verschwinden. Wir haben die Straßen gesperrt, und sobald es wieder hell wird, suchen wir die ganze Gegend ab und sehen, ob wir seine Spur aufnehmen können.«
»Er hatte bestimmt ein Fahrzeug in der
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