Seelenmoerder
ausgesucht, welche Vorkehrungen er getroffen hat und welche Risiken er eingegangen ist. Es wäre sogar noch besser, wenn ich die Tatorte zur gleichen Tageszeit besuchen könnte, zu der das Ganze vorgefallen ist.«
Er wusste, worauf sie hinauswollte. »Vom Campus der Universität, so wie er letztes Frühjahr war, kann man sich jetzt, in der vorlesungsfreien Zeit, unmöglich ein klares Bild machen. Außerdem hat Dixon Bürgermeister Richards versprochen, dass niemand ohne die Begleitung des Ermittlungsleiters sein Strandhaus betreten darf.« Die Landschaft wurde flacher, und die Sträucher und hohen Eichen wuchsen spärlicher. »Ich hätte mich für Sie erkundigen können, aber ich weiß nicht, ob er seine Meinung geändert hätte.« Jedenfalls hätte er den Bürgermeister nur ungern wegen Abbie angesprochen und sich von ihm eine Stunde lang über ihre Fortschritte in die Mangel nehmen lassen. Jetzt
kümmerte sich Dixon um die Stadtspitze, doch der wurde ja auch dafür bezahlt.
Abbie sagte nichts, und er sah erneut zu ihr hinüber. Eine andere Frau hätte vielleicht geschmollt, weil sie ihren Willen nicht bekommen hatte, doch langsam kannte er sie gut genug, um das zu bezweifeln. Sie arbeitete in Gedanken etwas durch und würde kein weiteres Wort von sich geben, ehe sie damit fertig war.
Seine Vermutung erwies sich schon bald als zutreffend. »Es dämmerte also bereits, als Amanda nach der Arbeit auf ihrem Weg über den Campus entführt wurde. Der Täter hat erneut überraschend zugeschlagen. Er hat gewartet, bis sie auf dem Fahrradweg durch einen dichter von Büschen gesäumten Abschnitt kam, und sich dann von hinten auf sie gestürzt. Weil in der Woche die Abschlussprüfungen stattfanden, waren weniger Leute unterwegs als sonst.«
Er spann ihre verbale Wiedergabe des Ablaufs weiter. »Die Wege sind breit genug für kleinere Campusfahrzeuge. Wahrscheinlich hatte er ein Auto in der Nähe geparkt und hat sie dorthin geschleppt.«
»Sie war die Einzige, deren toxikologischer Befund neben den gleichen Bestandteilen, die wir auch bei den Übrigen gefunden haben, noch etwas anderes enthalten hat.«
Er nickte, sah in den Spiegel und wechselte die Spur. Sie kamen gut voran, vor allem weil mitten an einem Werktag kaum jemand zum Strand fuhr. Am nächsten Tag zur gleichen Zeit wäre die Fahrt ein Alptraum. »Er hat sie mit Chloroform schlagartig außer Gefecht gesetzt. Wahrscheinlich hat er sie im Auto gefesselt und geknebelt. Schwer zu sagen, da sie bis zur Ankunft im Strandhaus nicht mehr zu sich gekommen ist.«
»Und zusammen mit Barbara Billings macht das zwei von vier Vergewaltigungsopfern, die er transportiert hat.«
Er folgte ihrem Gedankengang nicht. »Die Billings wurde lediglich nach der Tat transportiert. Bei der Richards war der Transport von vornherein nötig, um die Tat zu begehen.«
Als sie ihn ansah, war ihr die Ungeduld am Gesicht abzulesen. »Vergessen Sie die Billings mal fürs Erste. Bei Amanda Richards ist er ein enormes Risiko eingegangen, selbst ohne in Betracht zu ziehen, wer ihr Großvater ist, was er garantiert wusste. Er ist zu vorsichtig und plant zu genau, als dass er das übersehen haben könnte. Und Amanda meinte, unter den Studenten war weithin bekannt, wo das Strandhaus lag. Sie hat oft dort gefeiert.«
»So hat sie es uns gesagt.«
»Für die Art von Übergriff, die er plant, braucht er Zeit und Ungestörtheit. Jede andere wurde bei sich zu Hause überfallen, aber ein Zimmer im Studentenwohnheim eignet sich dafür nicht. Warum sucht er sich ein Opfer aus, für das er einen solchen Aufwand betreiben muss? Warum dieses Risiko?«
Er öffnete den Mund zu einer Antwort, entschied sich jedoch zu einer anderen Entgegnung. »Sie sind die Profilerin. Ich dachte, Sie geben mir Antworten, statt noch zusätzliche Fragen zu stellen.«
Sie machte eine abwehrende Geste. »Mein vorläufiges Profil liegt schon auf Ihrem Schreibtisch. Ich habe heute Morgen auch Captain Brown und Commander Dixon je ein Exemplar zukommen lassen.«
Keiner von beiden hatte dies erwähnt, als Ryne kurz bei ihnen vorbeigeschaut und sie über die Hausdurchsuchung bei Juárez informiert hatte, doch vielleicht hatten sie die Unterlagen ja noch nicht gelesen. Ryne selbst war den ganzen Tag nicht an seinem Schreibtisch gewesen und hatte den Ordner daher gar nicht gesehen.
Auf einmal fiel ihm etwas anderes ein. »Wann haben Sie das Profil verfasst?«
Sie sah erneut aus dem Fenster. »Das lief so häppchenweise. Es war
Weitere Kostenlose Bücher
Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn Online Lesen
von
Sandra Regnier
,
Teresa Sporrer
,
Jennifer Wolf
,
Cathy McAllister
,
Natalie Luca
,
Jennifer Jäger
,
Melanie Neupauer
,
Katjana May
,
Mara Lang
,
Lars Schütz
,
Pia Trzcinska