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Seelennacht

Seelennacht

Titel: Seelennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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alles, was ich besitze, ist von letztem Jahr!«
    »Was für eine Tragödie. Irgendwer sollte Amnesty International Bescheid sagen.« Rae musterte Tori. »Du wirst’s überleben. Ich bin mir sicher, es passt dir noch.«
    »Was mehr ist, als man von deiner Garderobe behaupten könnte. Hättest du gern noch einen Wrap, Rachelle? Du hast bisher bloß zwei gegessen.«
    Rae hob die Hand, die Finger zu Tori hin gespreizt. »Hättest du gern Verbrennungen dritten Grades, Königin Victoria? Du hast bisher bloß ersten Grades gekriegt.«
    »Mädchen, das reicht. Victoria …«
    »Und als meine Mom mich nach Lyle House gesteckt hat, hat sie mir einen Deal angeboten. Wenn ich Fortschritte mache, kauft sie mir einen neuen Laptop. Das Beste, was der Markt zu bieten hat.«
    »Wozu?«, fragte Rachelle. »Damit das Chatten mit deinen Freunden einfacher wird?«
    »Nein, damit ich an meinem Bewerbungspaket für das Software-Design-Camp am Massachusetts Institute of Technology arbeiten kann.«
    Rae lachte, und Tori sah sie wütend an. Sie meinte es ernst. Tori der Computerfreak? Ich versuchte, mir das vorzustellen, aber dafür reichte nicht einmal meine Fantasie aus.
    Tori wandte sich an Dr. Davidoff. »Ganz offensichtlich
kann
ich keine Fortschritte machen, und meine Mutter hat das schon gewusst, als sie mir das Versprechen gegeben hat. Also schuldet sie mir jetzt einen Laptop.«
    Dr. Davidoff runzelte die Stirn, als versuchte er, die Logik dieser Aussage nachzuvollziehen. Dann schüttelte er den Kopf. »In Ordnung, Victoria. Wir bestellen dir …«
    »Ich weiß, was ich brauche, und ich suche ihn mir selbst aus.«
    Dr. Davidoff stand auf. »Wie du willst. Morgen gehen wir …«
    »Heute. Und Klamotten für den Frühling will ich auch.«
    »Schön. Ich werde jemanden bitten, mit dir …«
    »Glauben Sie, ich lasse mir von irgendeiner alten Tante beim Shoppen helfen? Ich gehe heute, dann kann Chloe mich beraten.«
    »Du willst, dass Chloe dir beim
Shoppen
hilft?«, fragte Rae ungläubig.
    »Na, dich kann ich mit Sicherheit nicht fragen, Skatergirl. Chloe ist vielleicht ein Loser, aber sie ist ein Loser mit Geld, und irgendwer hat ihr anscheinend so eine Art rudimentäres Stilgefühl beigebracht.«
    »Nein, Victoria«, sagte Dr. Davidoff. »Du kommst nicht …«
    Sie stand auf, ging zu ihm hinüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ein Ausdruck glitt über sein Gesicht – ein Drittel Schock, zwei Drittel blanke Panik.
    »Ich verstehe«, sagte er. »Ja, wenn ich es mir recht überlege, vielleicht könntest du uns bei der Suche nach den Jungs doch helfen.«
    »Denk ich mir doch auch.«
    Tori schlenderte zu ihrem Stuhl zurück. Erpressung? Vor zwei Wochen wäre ich entsetzt gewesen. Heute war ich beeindruckt.
     
    Eine klassische Filmsituation. Der Held plant und manövriert, bis er endlich aus seinem Dschungelgefängnis freikommt – nur um sich Meilen von jeglicher Zivilisation entfernt zu finden, ohne die geringste Vorstellung, wie er es nach Hause schaffen soll. Etwa so kam ich mir vor. Mein Plan, bei der Suche nach Simon und Derek »helfen« zu wollen, hatte funktioniert, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich diese Chance weiter nutzen sollte.
    Und Dr. Davidoff gab mir auch keine Gelegenheit, mir die nächsten Schritte auch nur im Entferntesten zu überlegen. Er rief Sue und sagte den anderen, sie sollten sich an der Haustür mit uns treffen. Ich bat darum, mir noch rasch was Wärmeres zum Anziehen aus meinem Zimmer holen zu dürfen, aber er teilte mir mit, sie würden das für mich erledigen. Immerhin dachte ich noch rechtzeitig daran, ihnen zu sagen, was ich wollte – Liz’ grünes Gap-Kapuzenshirt.
    Als Tori und ich mit Sue an der Haustür warteten, spürte ich, wie ein inzwischen schon vertrauter warmer Luftzug mich im Nacken kitzelte.
    »Du gehst, ohne auch nur auf Wiedersehen zu sagen?«, flüsterte die Quasi-Dämonin mir ins Ohr. »Und lässt mich hier zurück, nach allem, was ich schon für dich getan habe?«
    Ich hörte keinerlei Drohung in der Stimme, nur einen etwas spöttischen Unterton.
    »Es tut mir leid«, sagte ich unwillkürlich.
    »Eine Entschuldigung? Aber, aber, was für ein höfliches Mädchen. Kein Grund, dich zu entschuldigen. Ich hatte nicht erwartet, dass du mich gleich jetzt freigeben würdest. Du wirst zurückkommen, wenn du so weit bist, und wenn du so weit bist, werde ich warten.«
    »Mädchen?«, sagte Dr. Davidoff im Näherkommen. »Das Auto ist da.«
    Als wir ihm ins Freie folgten, wirbelte

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