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Seelennacht

Seelennacht

Titel: Seelennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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der warme Luftzug mein Haar durcheinander. »Auf Wiedersehen, Kleine. Und passt auf euch auf, du und dein kleiner Trupp von Magiemachern und Monstern. Haltet diese wunderbaren Kräfte unter Kontrolle, die ihr da habt. Es täte mir wirklich leid, wenn die Apokalypse ohne mich anfinge.«

[home]
10
    W ir fuhren zusammen mit Dr. Davidoff, Toris Mom und einem Fahrer, den ich nicht kannte – einem blonden Wachmann –, in einem Kleinbus. Hinter uns in einem zweiten Auto saßen Sue, ein Fahrer mit Halbglatze und der dunkelhaarige Mann, der in der Nacht, in der wir aus Lyle House entkommen waren, auf uns geschossen hatte. Außerdem befand sich noch eine vierte Person in dem zweiten Auto – Tante Lauren. Ich hatte sie nicht gesehen, wusste aber von ihrer Anwesenheit, weil Dr. Davidoff mir gesagt hatte, dass sie mitkommen würde. Daraufhin war ich so schnell wie irgend möglich in den Kleinbus geklettert, um nicht sehen zu müssen, wie sie aus dem Haus kam.
    Wie sollte ich Tante Lauren entgegentreten? Schon bei dem Gedanken daran bekam ich Bauchschmerzen. Ich hatte mir die letzten vierundzwanzig Stunden lang Mühe gegeben, nicht an sie zu denken, an das, was sie getan hatte.
    Meine Mom war gestorben, als ich fünf war. Tante Lauren war ihre jüngere Schwester. In all den Jahren mit meinem Vater, der ständig umzog, ständig geschäftlich unterwegs war und mich währenddessen einer langen Reihe von Kindermädchen und Haushälterinnen überließ, war Tante Lauren das einzige Verlässliche in meinem Lebens gewesen. Der eine Mensch, auf den ich zählen konnte. Also waren wir nach unserer Flucht, als ich verletzt gewesen und Rae und ich von den Jungs getrennt worden waren, zu ihr gegangen.
    Und Tante Lauren hatte mich zurück zu Dr. Davidoff gebracht. Hätte sie geglaubt, ihre verstörte Nichte zu den netten Leuten zurückzubringen, die ihr helfen konnten, dann wäre ich wütend und verletzt gewesen, aber ich hätte es verstanden. Aber Tante Lauren hatte sich nicht von diesen Leuten täuschen lassen, sie gehörte selbst zu ihnen. Sie hatte mich – oder wahrscheinlich eher meine Mom – in dieses Experiment gesteckt. Sie hatte zugelassen, dass sie Brady und Liz und dieses andere Mädchen umbrachten, hatte ihnen vielleicht sogar dabei geholfen. Und jetzt würde ich ihr in dem Wissen um all das entgegentreten und so tun müssen, als sei alles in Ordnung.
    Der Mittelsitz des Kleinbusses konnte gedreht werden, dort saß Toris Mutter. Während der ersten Hälfte der Fahrt las sie ihr
Wall Street Journal
und hob nur hin und wieder den Blick, um sich zu vergewissern, dass wir noch da waren. Tori und ich starrten auf unserer jeweiligen Seite zum Fenster hinaus. Doch die Scheiben waren so dunkel getönt, dass man draußen kaum mehr als Schatten erkennen konnte.
    Ich hatte keine Chance gehabt, meinen Rucksack mitzunehmen. Nicht einmal Tori hatte ihre Handtasche holen dürfen, sosehr sie auch gemault hatte. Immerhin hatte ich Geld. Als ich in Lyle House eingetroffen war, hatte ich mein Bündel Zwanzigdollarscheine und meine Bankkarte noch im Schuh gehabt, wo sie nach wie vor waren. Ich trug Jeans, ein langärmliges T-Shirt und Sneakers. Unterwäsche und Socken zum Wechseln wären nett gewesen, aber im Augenblick machte ich mir mehr Gedanken darüber, wie dünn mein T-Shirt war.
    »Dr. Davidoff?« Ich beugte mich so weit vor, wie mein Gurt es zuließ. »Haben Sie mir dieses Sweatshirt mitgebracht?«
    »Ach, ja. Du wirst es auch brauchen. Es ist kühl draußen. Diane? Könnten Sie es Chloe geben?«
    Als ich das grüne Kapuzenshirt über der Stuhllehne erscheinen sah, stieß ich einen Seufzer der Erleichterung aus.
    »Ist das nicht das von Liz?«, fragte Tori.
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Nein?« Sie riss es mir aus der Hand und las das Etikett. »Seit wann trägst du Damengröße M? Ich wette, du hast es noch nicht mal aus den Kindergrößen raus geschafft.«
    »Sehr witzig. Ja, normalerweise trage ich kleine …«
    »Extraklein. XS , stimmt’s?«
    »Aber meine Sweatshirts mag ich weit, okay?«
    »Glaubst du eigentlich, ich bin bescheuert? Das ist das Kapuzenshirt, das ich mir von Liz geborgt hab – das, wegen dem du zu mir ins Zimmer gekommen bist und nach dem du gefragt hast.«
    Toris Mutter ließ die Zeitung sinken.
    »I–ich hatte gedacht, Liz würde es zurückhaben wollen. Rae hatte erwähnt, dass du es noch hast, und da …«
    »Da hast du beschlossen, auf die Sachen von
meiner
Freundin aufzupassen, oder was?«
    Toris

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