Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
so unerbittlich und selbstgerecht sein.
»Er wird es uns beweisen müssen. Wenn wir überzeugt von seiner Abstinenz sind, nehmen wir ihn vielleicht mit strengen Auflagen wieder in unsere Gemeinschaft auf. Aber das wird er sich erarbeiten müssen. Schließlich hat er das Vertrauensverhältnis zerstört – nicht wir. Er ist weggelaufen, er wurde von der Polizei aufgegriffen und hier abgegeben.«
»Er ist noch ein Kind. Sie können ihn doch nicht einfach ausstoßen.«
»Doch, wir können. Wir haben schon alle notwendigen Schritte in die Wege geleitet.«
»Ich kann nicht glauben, dass es Ihnen mit dieser Entscheidung ernst ist. Denken Sie noch einmal in Ruhe darüber nach. Nehmen Sie ihm nicht die Hoffnung!«, appellierte Peter Nachtigall noch einmal nachdrücklich, nickte den beiden zu und verschwand.
Das durfte doch nicht wahr sein!, er fluchte laut vor sich hin, als er in wildem Schritt zu seinem Wagen eilte, so etwas konnte es doch gar nicht geben! Groovi war noch gar nicht in das schwierige Alter gekommen. Von Pubertätsstürmen noch keine Spur!
»Hi Albrecht!«
»Gibt es was Neues?«
»Nein, Michael hat in diesem Heft eine Autonummer gefunden und rausgekriegt, dass sie von einer Werkstatt vergeben wird. Der Chef hat die Unterlagen im Büro und ist bis morgen früh in Hamburg. Ich denke, wir beide treffen uns gleich bei der Werkstatt und überprüfen dann das Alibi des Fahrers.«
»Gut. Wo ist denn das?«
»Ich bin unterwegs. Wenn ich zu Hause bin, gucke ich im Telefonbuch nach und schicke dir die Adresse als SMS. Okay?«
»Nein, das ist doch umständlich. Ich hole dich ab und wir fahren zusammen hin.«
»Das ist eine gute Idee. Ich habe mir diese Beule rausschneiden lassen und der Schnitt tut beim Autofahren ziemlich weh.«
»Wann liegt das Ergebnis vor?«
»Dauert eine Woche. Ganz schön lang.«
»Lang genug um sich die schrecklichsten Szenarien auszumalen, schätze ich. Hat der Arzt keine Prognose abgegeben? Irgendetwas Beruhigendes gesagt?«
»Nein. Sie meinte, es gäbe durchaus harmlose Veränderungen, die so aussehen – aber ausschließen wollte sie nichts. Bleibt ein bisschen erfrischende Ungewissheit«, frotzelte Nachtigall, doch Albrecht Skorubski ließ sich nicht täuschen.
»Ich würde mir auch Gedanken machen, Peter. Natürlich machst du dir Sorgen. Ist doch völlig logisch. Weiß Sabine davon?«
»Ja, klar. Aber du kennst sie doch. Für sie wird es dann Zeit sich Sorgen zu machen, wenn das Ergebnis auf dem Tisch liegt und tatsächlich Anlass zur Sorge bietet. Alles andere ist verlorene Lebenszeit, die man hätte sorglos genießen können.«
»Vielleicht hat sie da gar nicht so unrecht.«
»Vielleicht. Bis morgen! Ach, ich war bei diesem Jungen im Krankenhaus. Er meint, er habe eine Gestalt ums Haus schleichen sehen, an dem Abend, als Friederike Petzold ihre Party gefeiert hat. Sie sei ganz in Schwarz gewesen und das Gesicht konnte er auch nicht erkennen. Aber er meinte, diese Gestalt hätte, so wie er auch, versucht in die Wohnung zu sehen. Allerdings waren die Vorhänge zugezogen.«
»Glaubst du, da ist was dran?«
»Schwer zu sagen. Er hatte Stechapfelsamen genascht und Halluzinationen entwickelt. Es ist aber so, dass seine eingebildeten Wesen in den Erzählungen immer bunt sind, zart und zerbrechlich. Diese Gestalt beschreibt er so anders. Möglicherweise war sie eben keine Einbildung.«
»Na ja. Bis morgen!«
Nachtigall starrte sein verstummtes Handy einen Moment lang feindselig an
Dann rief er bei Michael Wiener an.
»Ja, hallo!«
»Michael, ich wollte dich nur schnell über den neuesten Stand der Dinge informieren. Bei der Beerdigung von Friederike Petzold hat Udo Wolf für Aufsehen gesorgt. Er hat rumgeschrien und ins Grab gespuckt. Mit dem Bruder habe ich auch gesprochen – er hatte aber keine wirklich neuen Informationen zu bieten. Aber er konnte es wohl mit seiner Schwester nicht mehr aushalten und ist deshalb zu seinem Vater gezogen. Und Groovi habe ich im Krankenhaus besucht. Es geht ihm langsam besser, aber seine Pupillen sind noch immer so groß wie Untertassen.«
Am Ende des Gesprächs fragte Nachtigall dann noch nach dem Flugsäugetierbaby.
»Oh, dem geht es gut. Wir habe geschtern g’trennt g’sucht und konnte die Fledermausgruppe ausfindig mache. Als wir unser Pflegekind dann in einen Ast g’hängt hatte, kam auch schon bald eine große Fledermaus und nahm es mit. Damit wär dann auch unsere Nachtruhe wieder hergestellt«, gab Michael
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