Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
meine Träume erst, Mann, das ist voll der Hammer!«
»Wo warst du eigentlich an dem Abend, als die Party bei Friederike stattfand? Bist du auch dort gewesen?«
Der Hauptkommissar nahm sich einen Stuhl und setzte sich an Groovis Bett.
»Na ja, eigentlich war ich nicht eingeladen. Friederike hatte gesagt, die Party sei nur für Erwachsene, für Kleinkinder sei da kein Platz. Sie hat mich immer so behandelt, so von oben runter eben.«
»Und? Du bist aber trotzdem hingegangen, nicht?«
»Yupp. Ich wollte mal sehen, was da so abging. Die haben laute Musik gehört und sich zugesoffen. Nichts, was sie nicht auch sonst im Park gemacht hätten.«
»Haben sie dich erwischt?«
»Erwischt ist gut! Rausgeschmissen hat sie mich. Und von draußen konnte man nichts mehr sehen, weil sie die Vorhänge zugezogen hatte wegen ihrer Scheißnachbarn. Die haben wohl nur gestresst.«
»Bist du dann allein in den Park zurück?«
»Nö. Ich habe vor dem Haus gewartet, weil ich dachte, vielleicht komm ich doch irgendwie wieder rein. Aber daraus wurde nichts. Die Friederike hatte aber noch jemanden nicht eingeladen – da schlich so einer ums Haus und versuchte durchs Fenster zu gucken. Ganz in schwarz mit so einer Gesichtsmaske. Irgendwann kam dann Marlin und wir sind zusammen zum Park zurück. Ich glaube, mir ging’s da schon nicht mehr so gut – ich hab wohl dauernd irgendwas gesehen, was nicht da war.«
»Aber an die Gestalt kannst du dich erinnern?«
»Ja, aber ich kann mich auch an bunte Fledermäuse erinnern, mit wunderschönen, transparenten Flügeln, die kopfüber vor meinem Gesicht hingen und Hits aus den Achtzigern gesungen haben. So ein Zeug nehm ich bestimmt nie wieder. Das ist so scheiße, Mann, wenn dir dein Hirn lauter Müll vorgaukelt«, Groovi hieb wütend mit der Faust auf die Bettdecke.
»Waren deine Eltern heute schon hier?«
»Nee. Ich glaub nicht. Die kommen vielleicht auch gar nicht mehr – bin ja rausgeflogen zu Hause.«
»Warte mal in Ruhe ab. Bestimmt glätten sich die Wogen noch bevor du entlassen wirst«, tröstete Nachtigall den Jungen und beschloss beim Glätten behilflich zu sein.
»Sollen wir mal in deinem Buch weiterlesen? Du kannst wohl immer noch nicht, wie?«, fragte er dann mit einem prüfenden Blick in Groovis Augen. Die Pupillen waren noch immer riesengroß.
»Echt? Das wäre voll krass.«
Als eine halbe Stunde später Groovis Eltern kamen, war der Junge mitten im Kampfgetümmel
eingeschlafen.
Nachtigall lud die beiden in die Cafeteria ein.
»Wir halten nichts von künstlichen Aufputschmitteln. Nur ein Wasser, bitte«, bestellte Groovis Vater gestelzt. Nachtigall orderte für sich einen Milchkaffee und fing sich einen missbilligenden Blick von Frau Klein ein.
»Ihr Sohn wird sicher bald entlassen. Er hat mir vorhin erzählt, er würde so etwas nie wieder ausprobieren. Und ich glaube ihm auch, wenn er sagt, er habe nicht gewusst, wie diese Samenkörner wirken.«
»Aha.«
»Er wird jedenfalls nicht wieder unter unserem Dach leben können. Das ist vollkommen ausgeschlossen«, machte Herr Klein deutlich.
»Warum denn nicht? Er hat es nicht wissentlich getan. Er hielt die Körner für harmlos. So ein Stechapfel ist eine faszinierende Pflanze, er wird die Kapsel eröffnet haben und hat dann die schönen, glänzenden Samen eingesteckt. Mein Gott! Er hat sich nichts dabei gedacht.«
»Führen Sie den Namen des Herrn nicht leichtfertig im Munde«, wurde er von Frau Klein ermahnt.
»Unser Bibelkreis ist der Meinung, Drogenkonsumenten gehörten nicht in unsere Gemeinde. Wir haben vor einigen Jahren dazu einen Beschluss gefasst. An den müssen sich alle halten.«
»Unsere Gemeinde bleibt drogenfrei!«, legte sie noch nach.
»In der Bibel steht doch auch, dass man sich des Anderen liebevoll annehmen soll – und dass, wenn der verlorene Sohn zurückkehrt, die Familie ihn glücklich wieder in ihrer Mitte aufnimmt. Wie sieht es aus dem Gebot der Nächstenliebe aus?«
»Wir handeln nach dem Gebot der Nächstenliebe, wenn wir dafür sorgen, dass solche Verführungen unsere Gemeinde nicht erreichen und auch noch andere in den Drogensumpf abgleiten!«
»Herr Klein, Ihr Sohn ist nicht in den Drogensumpf abgeglitten. Die anderen im Park essen auch Samen. Er wusste nicht, wie gefährlich das war. Das ist doch ein Unterschied, ob man bewusst etwas einnimmt oder versehentlich.«
Peter Nachtigall versuchte ruhig zu bleiben, doch seine Stimme bebte verräterisch. Wie konnten diese Eltern nur
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