Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
unterschrieben und nun würde er wirklich ernst machen mit seinen ewigen guten Vorsätzen. Den Termin für den Gesundheitscheck hatte er auch vereinbart, damit kein Verschieben auf Dauer möglich war.
»Halt, Moment – wir habe ihn gespeichert!« Wieners Gesicht war wieder zu sehen.
»Vorbestraft?«
»Ja. Und – oh, ja ganz gut sogar. Etliche Jugendstrafen wegen Übergriffen unter Alkohol- und Drogeneinfluss, dann eine wegen leichter Körperverletzung, eine wegen Tierquälerei und dann zwei Jahre ohne Bewährung wegen schwerer Körperverletzung. Wegen guter Führung früher entlassen.«
»Was hat er gemacht?«, wollte Albrecht Skorubski wissen. »Zwei Jahre sind ja ganz ordentlich.«
»Er hat einen jungen Mann auf der Straße angesprochen und ihn aufgefordert ihm seine Börse auszuhändigen. Als der sich weigerte, schnappte Wolf sich dessen Freundin und hielt ihr einen Revolver an die Schläfe. Der Typ rückte natürlich sofort sein Geld raus. Doch Wolf hatte wohl Gefallen an der Freundin gefunden und versuchte die junge Frau unter Drohungen mitzunehmen. Das hat der Freund aber nicht zugelassen. Es kam zu einer wüsten Schlägerei. Wolf hat den jungen Mann so schwer verletzt, dass dieser Mann für mehrere Wochen ins Krankenhaus musste. Im Protokoll steht, er habe mit dem Kolben der Schusswaffe so lange auf sein Opfer eingeschlagen bis es bewusstlos liegen blieb. Schädelbasisbruch. Der Freundin war es in dem Tumult gelungen zu fliehen. Sie verständigte über Handy Polizei und Rettungswagen. Der Arzt meinte wohl, das Opfer habe nur knapp überlebt.«
»Ein gefährlicher, junger Mann also«, murmelte Skorubski wenig begeistert.
»Vielleicht ist er inzwischen ein wenig abgekühlt. Der Aufenthalt im Gefängnis liegt schon drei Jahre zurück. Und wir haben keine neuen Vermerke.«
»Sieht also so aus, als sei er nicht mehr aufgefallen.«
»Oder nicht mehr erwischt worden!«, lachte Nachtigall gutmütig. »Wie alt ist er denn jetzt?«
Michael Wiener musste erst einige der Fenster auf seinem Bildschirm schließen, dann fand er die gesuchte Eintragung. »Geboren am 25. September 1980. Also fünfundzwanzig.«
»Na, dann wollen wir mal sehen, ob der junge Mann zu Hause ist«, er nickte seinem Freund zu und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter, als er dessen bekümmerten Gesichtsausdruck bemerkte.
Sachsendorf, im Süden von Cottbus gelegen, war bis vor wenigen Jahren ein typischer grauer Plattenbaubezirk. Einer der sozialen Brennpunkte der Stadt. Gruppen von Neonazis hatten das Straßenbild und die Stimmung der hier Wohnenden bestimmt. Doch nun hatte sich der Stadtteil gemausert. Einige der Hochhäuser hatte man rückgebaut, kleine Stadtvillen waren entstanden. Es gab verglaste Hauseingänge mit einem Pförtner, der niemanden unbefugt ins Haus ließ, große, sich an der Straße entlangschlängelnde Wohnblocks leuchteten bunt in der Sommersonne, ein mit einem ausladenden Zeltdach geschützter Platz war nun das neue Zentrum Sachsendorfs. Längst gab es nicht mehr so viele Prügeleien und Überfälle wie noch vor einigen Jahren.
Udo Wolf war schnell gefunden. Jeder hier schien ihn zu kennen. Er wohnte in einem blauen Teil des Hauses mit sonnengelben Balkonen. Wären seine Vorhänge nicht zugezogen gewesen, so hätte er von seinem Balkon aus auf die neu gestaltete Grünanlage vor dem Haus sehen können.
»Guten Tag, Herr Wolf. Wir kommen von der Kriminalpolizei«, Peter Nachtigall zeigte ihm seinen Ausweis.
»Und? Ich wüsste nicht ...?«
Der muskulöse Mann stellte sich drohend in den Türrahmen. Ganz eindeutig hatte er nicht vor die Polizei in seine Wohnung zu bitten. Peter Nachtigall schnupperte. Aus der Tiefe der Räume hinter Udo Wolf quoll ohne Zweifel Marihuanaduft. Kein Wunder, dass sie unerwünscht waren.
»Wir kommen nicht wegen Ihres Drogenkonsums.«
Udo Wolf sah die beiden Männer aus eisblauen Augen überheblich an und zog desinteressiert die linke Augenbraue hoch. Mit einer lässigen Bewegung fuhr er sich durch das mittelblonde, ungekämmte Haar. Dies schien Nachtigall eine Original ›Out-of-bed-Frisur‹ zu sein. Der junge Mann wirkte insgesamt ein wenig unausgeschlafen. Sein zerknautschtes T-Shirt schlabberte um seinen mageren Körper und die fleckige Jeans hing auf der Hälfte der Pobacke. Nachtigall stellte irritiert fest, dass er keinen Slip darunter trug. Auch die Füße waren nackt und schmutzig.
»Sie haben doch sicher gehört, dass Friederike Petzold ermordet wurde?«
Das
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