Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
möchte«, giftete sie Nachtigall an und der war sich sicher, dass sie eigentlich hatte Bullen sagen wollen. Bestimmt hatte sie es nur deshalb nicht getan, weil sie keinen Zeugen dafür hatte – da lohnte sich der Aufwand nicht. Klappernde Geräusche, wahrscheinlich aus der Küche, waren aus der Ferne zu hören. Sie hatte also nicht darauf hoffen können, ihre Mutter mit einer Beamtenbeleidigung zu treffen.
»Gut.« Nachtigall ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Wer käme denn Ihrer Meinung nach als Täter in Frage?«, fragte er unbeeindruckt.
»Sie meinen außer meiner Mutter?«
Peter Nachtigall schwieg. Albrecht Skorubski stand auf und betrachtete eines der Bilder an der Wand. Die unbehagliche Stille konnte das Mädchen nicht lange aushalten.
»Na ja, immerhin hat sie gesagt, dass kaum jemand trauern würde!« Mit einer wütenden Geste wischte sie die Tränen fort, die die Polizisten nicht sehen sollten.
»Ja, das ist wirklich seltsam an diesem Fall: Beinahe jeder, mit dem wir über den Tod Ihrer Freundin sprechen, sagt etwas in der Art. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, sie müsse ziemlich einsam gewesen sein.«
»Nein! Das ist nicht wahr!« Lara ruckelte sich in ihrem Sessel zurecht. »Sie hatte im Gegenteil sehr viele Freunde. Sie haben bloß die falschen Leute gefragt!«
»Nun, wir haben mit einer Gruppe junger Leute aus dem Park gesprochen. Die haben behauptet, sie seien alle Friederikes Freunde gewesen.«
»Ach die! Alles Idioten diese Parkys!«
»Diese Parkys haben bei Friederike eine Party gefeiert. Am Morgen nach diesem rauschenden Fest wurde Ihre Freundin von einem Mieter des Hauses tot aufgefunden. Erstochen. Können Sie sich vorstellen, wer Ihre Freundin so gehasst hat?«
»Was soll ich sagen – diese Parkys sind manchmal ziemlich seltsam drauf. Aber wenn Sie glauben, ich lasse jetzt hier den ein oder anderen Namen fallen – so irren Sie sich. So eine bin ich nicht!«
»Sie waren auch bei dieser Party?«
»Nein. Wenn Friederike mit den Typen feiern wollte, war das ihre Sache. Ich will mit denen nicht so viel zu tun haben.«
»Vielleicht fällt Ihnen doch noch jemand ein, mit dem wir uns mal zwanglos unterhalten sollten? Vielleicht gibt es eine Person, die uns weiterhelfen könnte.«
»Und wenn’s nun ein Einbrecher war? Die Wohnung liegt doch im Parterre – da konnte doch jeder rein!«
»Nein. Das können wir ausschließen. Es wurde nicht eingebrochen. Entweder der Täter war schon in der Wohnung – oder Friederike hat ihm geöffnet. Sie wussten von ihrer Dealerei?«
»Ja. Viele wussten davon. Es war kein Geheimnis.«
»Haben Sie auch bei ihr gekauft?«
»Gute Freunde kaufen nicht.«
Was auch immer das jetzt konkret bedeuten sollte, Nachtigall beschloss es auf sich beruhen zu lassen. Lara sagte ihnen ohnehin nur, was sie sagen wollte.
Er warf einen Blick auf seinen Kollegen, der noch immer die Bilder betrachtete. Es ging eine gewisse Unruhe von ihm aus und Laras Blick folgte ihm argwöhnisch. Nachtigall wünschte sich, er würde sich endlich wieder zu ihm auf die Couch setzen.
»Wir haben in der Wohnung Ihrer Freundin eine Menge Kondome gefunden. Benutzte. Hat sie ihre Dienste auch auf diesem Gebiet angeboten?«
Lara grinste selbstzufrieden.
»Haben Sie ein Problem damit Dinge beim Namen zu nennen? Ja, manchmal hat sich Friederike auch für Geld hingelegt, sich prostituiert. Aber nicht für jeden. Sie musste ihn schon mögen.«
Das Mädchen seufzte genervt. »Mal ehrlich – welchen Grund hätten denn wohl die Parkys Friederike umzubringen? Sie hat ihnen schöne Stunden verkauft, die Typen haben sich zugedröhnt und mit Alkohol nachgelegt. Dann waren sie gut drauf. Warum sollte einer von denen sie umbringen?«
»Vielleicht hat es auf der Party Streit gegeben.«
»Ach – Streit gab es doch dauernd. Aber deshalb bringt bei uns keiner einen um!«
»Doch«, widersprach Nachtigall energisch. »Doch. Genau so passiert es häufig.«
»Aber nicht bei uns!« Trotzig schob sie die Unterlippe vor. »Wir streiten und vertragen uns danach wieder. Das Schlimmste ist ab und an eine kleine Prügelei.«
»Sie wollen uns also nicht bei der Suche nach dem Mörder Ihrer besten Freundin unterstützen? Nein?«
Lara Meister starrte statt einer Antwort auf den Teppich und schwieg.
Dann schien sie sich zu einem Entschluss durchgerungen zu haben und stöhnte leise.
»Friederike war vor einiger Zeit schwanger. Vielleicht hat sie die Pille vergessen – jedenfalls war die Sache
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