Seelenrächer
auch schon damals in Kerry. Ich sage es euch noch einmal: Ich habe keine Ahnung, wo Eva ist. Das schwöre ich bei Gott. Ich weiß nichts über sie, und …« Er warf einen weiteren Blick auf das Bild. »Das Foto ist nicht von mir. Ich habe nicht mal gewusst, dass es in der Schachtel war.«
Plötzlich beugte Quinn sich vor und schnappte sich das Bild von Maggs’ Mutter. »Aber das hier ist von dir, oder etwa nicht?«
Ohne seinen Worten noch etwas hinzuzufügen, sah Quinn erst Doyle an, dann den Anwalt und zuletzt den hageren Mann mit dem verkniffenen Gesicht, der ihm gegenübersaß. »Lass dir einen Moment Zeit, Jimmy«, sagte er schließlich, »und denk in Ruhe darüber nach. Du steckst bis zum Hals in der Scheiße. Wir haben dich wegen Marys Ermordung am Wickel. Du hast ihr die Luft abgeschnürt, bis sie die Besinnung verlor, und dann ist dir die Idee gekommen, dass es doch lustig wäre, sie an den Tisch zu setzen und zu warten, bis dein alter Herr mit dem Weihwasser kommt.« Er schnaubte. »Mein Gott, wenn man es laut ausspricht, wird einem erst so richtig bewusst, was für ein Haufen Scheiße du bist.«
»Jetzt hör mir mal zu!« Jimmy deutete mit dem Zeigefinger auf ihn. »So etwas würde ich nie tun! Ich mag meinen alten Herrn. Immerhin bin ich der arme Trottel, der sich schon seit zwanzig Jahren um ihn kümmert.«
»Du machst das doch nur, um deine Stütze aufzustocken, Jimmy«, rief ihm Doyle ins Gedächtnis. »Mit dem Pflegegeld, das du einstreichst, kannst du es dir leisten, den ganzen Tag deine Waffen zu polieren und nachts zum Wildern zu gehen. Das heißt, wenn du nicht gerade Fotos von Frauen machst, die du vorher stranguliert hast.«
Jimmys Gesicht war knallrot angelaufen. »Glaubt ihr wirklich, ich würde meinem Dad das antun? Wo er doch die ganzen Geister nur deswegen sieht, weil er nach meiner toten Mutter Ausschau hält?«
»Und warum muss er nach ihr Ausschau halten?«, fragte Quinn. »Deinetwegen, Jimmy.«
»Nun hör aber auf, ich war doch noch ein Junge, als ich damals in das Haus der alten Schachtel eingebrochen bin. Ich wusste nicht, was ich tat. Und als ich Maggs’ Mammy gebumst habe, war ich auch noch ein halbes Kind. Meine Güte, nun überlegt doch mal: Bin ich jemals wieder in Schwierigkeiten geraten, seit meine Mam sich ertränkt hat? Bin ich verhaftet worden? Habe ich einem anderen Menschen je auch nur ein Haar gekrümmt?«
»Du hast Mary Harrington stranguliert und sie dann in dem Cottage sterben lassen, gleich bei euch gegenüber, weil du dachtest, kein Mensch würde je auf die Idee kommen, dort nach ihr zu suchen.«
»Nein, das stimmt nicht! Lieber Himmel! Sonst hätte ich doch wohl kaum zum ersten Mal in meinem Leben freiwillig mit der Polizei gesprochen. Schließlich habe ich euch den Tipp wegen Maggs gegeben. Ich habe euch erzählt, was ich gesehen hatte.«
»Klar, Jimmy.« Doyle hielt sein Gesicht ganz dicht vor das seines Gegenübers. »Weil du auf die Art und Weise perfekt von dir selbst ablenken konntest.«
»Herrgott noch mal!« Jimmy ließ sich zurücksinken und verschränkte die Arme vor der Brust. Er warf einen Seitenblick zu seinem Anwalt hinüber. »Wenn ich dieses Foto tatsächlich gemacht hätte, wäre ich dann so blöd gewesen, es zu all den anderen in die Schachtel zu legen? Wo jeder herumschnüffeln und es finden kann? Wäre ich seelenruhig zurück nach Kerry gefahren, wenn ich gewusst hätte, dass dieses idiotische Foto noch bei der Polizei liegt?« Er verdrehte die Augen zur Decke. »Natürlich nicht! Ich bin doch kein Volltrottel!« Er sah zu Maguire hinüber, der ein Stück hinter Quinn und Doyle stand. »Und wieso sollte ich gleich zwei von diesen verdammten Kameras haben? Es gibt die Dinger doch nicht mal mehr zu kaufen. Den Film zu bekommen ist schon schwierig genug.« Er wandte sich an Quinn. »Ich habe keine zwei Kameras, und dieses Foto stammt nicht von mir. Begreift ihr denn nicht? Die Made hat es gemacht.«
Doyle lachte laut auf. »Jetzt habe ich aber genug gehört. Woher willst du denn wissen, dass es Maggs war?«
»Wie kann man nur so blöd sein!« Jimmy tippte auf das Foto von Maggs’ Mutter. »Weil ich das hier gemacht habe, natürlich.«
Draußen auf dem Gang presste Quinn eine Handfläche gegen die Wand. Doyle warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Er lügt«, stellte Maguire fest, bevor Quinn etwas sagen konnte. »Wir wissen, dass er lügt. Er war in Harold’s Cross, das hat er sogar zugegeben. Von dort hat er bei dir angerufen,
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