Seelenrächer
sie eine alleinerziehende Mutter war, genau wie Janice und Karen, deren Ehemänner du ebenfalls betreut hast.«
»Und?«
»Du warst außerdem der Betreuer von Willie Moore, dem Drogendealer, der jede Gleichung – egal, ob finanzieller oder emotionaler Art – bis auf den letzten Penny genau berechnet. Erklär mir doch mal eins: Warum hast du es nicht für nötig gehalten, jemanden darüber zu informieren, dass Moore dir von Marys Schwangerschaft erzählt hat?«
»Moss«, mischte Frank sich ein, »was Mary betrifft, haben wir doch schon Jimmy Hanrahan festgenagelt.«
»Halt den Mund, Frank!«, fauchte Quinn. »Dein Bruder hat sich bereit erklärt, mit mir zu reden, also lass ihn reden, ja?«
»Mossie.« Doyle legte ihm sanft eine Handfläche auf die Schulter. »Schalt mal einen Gang zurück, Junge. Vergiss nicht, dass du den Superintendent vor dir hast.«
Quinn schüttelte seine Hand ab. »Im Moment ist mir das scheißegal! Und wenn er der Polizeipräsident wäre!« Er wandte sich wieder an Patrick. »Beantworte meine Frage, Paddy.«
»Das Gespräch war vertraulich. Ich habe es dir doch schon erklärt: berufliche Schweigepflicht.«
»Du bist weder Arzt noch Anwalt, und du bist auch kein verdammter Priester. Du bist noch nicht mal ein Mönch. Die Chance, einer zu werden, hast du dir für immer versaut, als du damals auf die heilige Jungfrau gepinkelt hast.«
Patrick wich seinem Blick nicht aus. »Ich war achtzehn und betrunken.«
»Betrunken, ja? Soll das heißen, du warst dermaßen besoffen, dass du nicht mehr gewusst hast, was du tust? Vielleicht war es ja so, Paddy, vielleicht war es wirklich so. Andererseits könnte es auch ganz anders gewesen sein: Womöglich hast du dir dabei vorgestellt, auf deine eigene tote Mutter zu pinkeln, die sich Zeit ihres Lebens einen Dreck um dich gekümmert hat.«
Patrick atmete scharf ein. »Ich habe mich bereit erklärt, mit dir zu sprechen, aber du bist wirklich ein Ausbund an Charme, das kann ich dir sagen. Du stehst doch total neben dir, Moss. Mag ja sein, dass sie mich nicht abkonnte, aber sie war trotzdem meine Mutter, und egal, was ihr alle sagt, ich bin mit ihr klargekommen.«
»Blödsinn!«, schrie Quinn. »Du hast sie gehasst! Du hast die versoffene Kuh verachtet!«
Patrick deutete mit dem Finger auf ihn. »Noch so was in der Art, und ich verpasse dir eine, dass dir Hören und Sehen vergeht.«
Frank trat vor, doch Patrick winkte erneut ab. »Halt du dich da raus, Frank!«, fuhr er ihn an. »Ich habe es dir doch gesagt, ich kann meine Kämpfe selbst ausfechten.«
Er bedachte Quinn mit einem finsteren Blick. »Hör zu, ich weiß, dass du unter Druck stehst, Moss, und mir ist auch klar, dass dir die Zeit davonläuft. Aber ich bin aus freien Stücken zu diesem Gespräch erschienen, also wenn du mit mir reden möchtest, dann benimm dich wie ein zivilisierter Mensch. Ansonsten kannst du entweder Anklage gegen mich erheben oder dir dieses Gespräch in den Hintern schieben. Das ist mir dann egal.«
»So kommen wir nicht weiter«, warf Frank ein. »Moss, du reißt dich jetzt am Riemen, oder du gehst. Es bringt überhaupt nichts, wenn du hier wie ein Wahnsinniger herumschreist.«
Quinn ging ihm fast an die Gurgel. »Ich will einen Durchsuchungsbefehl für seine Wohnung!«, stieß er hervor und spuckte dabei vor Aufregung. »Wenn du ihn mir nicht beschaffst, fahre ich runter zum Ermittlungsrichter und hole mir selbst einen.«
Patrick wühlte kurz in seiner Tasche, dann zog er seinen Haustürschlüssel heraus. »Du brauchst keinen Durchsuchungsbefehl, Inspector. Sei mein gottverdammter Gast!«
Doyle zerrte Quinn aus dem Raum, während Frank mit seinem Bruder sprach. Draußen auf dem Parkplatz ließ Quinn sich gegen die Wand sinken und zündete sich eine Zigarette an. »Tut mir leid, Doyle«, brummte er nach einem tiefen Lungenzug, »ich habe da drinnen für einen Moment die Beherrschung verloren.«
»Wer könnte es dir verdenken, Junge?«
»Ich schlage blind um mich, das ist mir schon bewusst. Ich verdächtige jeden. Benimmt sich so ein guter Polizist? Lieber Himmel, ich bin völlig am Ende!«
»Es geht um deine Frau. Da ist es schwer – nein, es ist nahezu unmöglich , objektiv zu bleiben.«
»Jimmy Hanrahan«, murmelte Quinn. Sein Blick schweifte über den Parkplatz hinweg, wo gerade eine große schwarze Katze von Motorhaube zu Motorhaube sprang. »Den kann ich mir als Marys Mörder vorstellen, kein Problem. Ich sehe richtig vor mir, wie er sie in seinen
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