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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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am Harcourt Square herrschte hektische Betriebsamkeit. Alle warteten auf Nachricht aus Kerry, aber zwischen dem Boden und dem Helikopter bestand keine Verbindung, und niemand konnte ihnen etwas Konkretes sagen.
    Maguire tigerte auf und ab wie ein zum Tode Verurteilter, der von seiner Zelle aus mit anhören muss, wie draußen sein Schafott zusammengenagelt wird.
    »Sergeant Doyle hat sofort kapiert, worum es ging«, erklärte Murphy ihm gerade. »Drei geblendete Märtyrer und drei blinde Mönche.«
    Maguire nickte. »Der alte Haudegen kennt sich in Geschichte aus, darin war er schon immer gut.« Sein Blick wanderte von der Wanduhr zurück zu Murphy und dann weiter zu seiner Armbanduhr. »Sind das die Sachen von Jimmy Hanrahan?« Er deutete auf die Schachtel, die auf ihrem Schreibtisch stand.
    Sie nickte. In dem Moment fiel ihr wieder ein, was Quinn ihr aufgetragen hatte, und sie ließ sich nieder, um die Fotos durchzusehen.
    Als das Telefon klingelte, griff sie sofort danach, hatte aber weder Quinn noch Doyle an der Strippe. Es war auch keiner von den Kollegen aus Kerry, sondern lediglich einer von unten, der wissen wollte, ob ein Detective namens Stevens oben bei ihnen sei.
    Ihres Wissens nicht. Frustriert legte sie auf und setzte ihre Suche nach dem betreffenden Foto fort. Eines der anderen Bilder erregte ihre Aufmerksamkeit: eine junge Frau, die in der Dunkelheit am Küchentisch saß. Ihre stark gebeugte Haltung hatte etwas Seltsames, ebenso die Art, wie ihr das Haar ins Gesicht fiel.
    Schließlich stieß Murphy auf den Schnappschuss, von dem Quinn ihr erzählt hatte: ein obszönes, entwürdigendes Foto, in Farbe und aus nächster Nähe aufgenommen. Die arme Frau war im Vollrausch gewesen und hatte nichts mitbekommen, und ein vierzehnjähriger Junge hatte die Gelegenheit genutzt und auf den Auslöser gedrückt. Murphy war gerade im Begriff, die Aufnahme zu zerreißen, als ihr plötzlich ein Schauder über die Kopfhaut lief. Sie legte das Foto beiseite und griff noch einmal nach dem anderen. Ein Mädchen in Jimmys Küche. Das erinnerte sie an irgendetwas, das sie gehört oder vielleicht auch nur gelesen hatte.
    Etwas, das irgendwie nicht passte.
    Durch die offene Tür sah sie, dass der Superintendent die Harrington-Akte immer noch auf seinem Schreibtisch liegen hatte, zusammen mit den fünf anderen. Auf ihre Bitte hin reichte er sie ihr. »Immer noch keine Nachricht von Quinn?«, fragte er.
    Murphy schüttelte den Kopf.
    An ihren Schreibtisch zurückgekehrt, blätterte sie die Seiten durch, ohne recht zu wissen, wonach sie eigentlich Ausschau hielt. Dabei stieß sei auf eine Randnotiz, die Doyle an dem Tag geschrieben hatte, als sie die Leiche fanden. Über eine Bemerkung des alten Mannes, er habe Marys Geist an seinem Küchentisch sitzen sehen. Natürlich hatten sie sein Gerede als Hirngespinst abgetan. Wie hätte es auch anders sein sollen, schließlich sah John Hanrahan an seinem Tisch alle möglichen Geister.
    Murphy starrte auf das Foto. Vom Gesicht war nichts zu sehen. Nur das Haar. Die Form des Haars, die Art, wie es ihr über die Schultern fiel. Sie legte die Aufnahme neben diejenige, die Marys Familie zur Verfügung gestellt hatte. Ein eisiger Finger glitt ihre Wirbelsäule hinunter.
    Sie ging zu Maguire hinüber und hielt ihm das Foto unter die Nase. Wenig erfreut über die Störung, schnalzte er mit der Zunge und zog dabei seine ohnehin schon faltige Stirn in noch mehr Falten. »Was ist, Detective? Ich versuche gerade, diesen Bericht hier zu schreiben.«
    »Werfen Sie mal einen Blick darauf«, sagte sie.
    Mit einem müden Seufzen tat Maguire, wie ihm geheißen. »Und?«, fragte er. »Was soll mir das sagen?«
    »Das ist die Küche von Jimmy Hanrahan.«
    »Murphy, bitte!«
    »Wo sein Vater Tote sieht. Wo er auch den Geist von Mary Harrington gesehen hat. Doyle hat es in der Akte vermerkt: Der alte Mann hat ihm gegenüber behauptet, sie in seiner Küche gesehen zu haben. Die Notiz stammt von dem Tag, als ihre Leiche gefunden wurde, Sir. Der Alte stand mit Pferd und Wagen am Fundort bereit.«
    »Könnten wir bitte mal zum Punkt kommen, Murphy? Worum geht es eigentlich?«
    Murphy tippte auf das Foto. »Er hat sie tatsächlich gesehen, Sir: Das ist Mary Harrington.«

Mittwoch, 3. September, 12:10 Uhr
    Quinn stolperte aus dem verfallenen Cottage ins Freie. Eisiger Regen schlug ihm ins Gesicht. Es kam ihm vor, als dränge die Kälte bis in seine Knochen. Neben der Straße stand John Hanrahan mit seinem alten

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